Mats, 5 Jahre
Mama und Papa haben
sich nicht gekannt, als
sie klein waren. Später
haben sie sich getroffen
und geheiratet und uns
geboren. Zuerst Mila und dann mich.
Letztes Jahr war Mila noch mit mir im
Kindergarten. Wenn ich geweint habe,
hat sie mich getröstet und umarmt.
Jetzt ist sie in der Schule, da geht sie
gerne hin. Nächstes Jahr komm ich
auch in die Schule, aber ich würde
gern noch ganz, ganz, ganz lange ein
Kind bleiben und spielen. Erwachsene
trinken Wein und schwätzen. Ins Bett
von Mama und Papa passen wir zu viert.
Mila und ich gehen nachts immer rüber
zum Kuscheln. Wenn wir bei Oma Ruby
übernachten, geht das nicht so gut.
Dafür machen wir dort eine Übernachtungsparty
und essen vor dem Schlafengehen
viel Süßes. Oma Ruby macht
mit mir auch Wettrennen. Ich gewinne
immer. Omas und Opas laufen langsamer,
weil sie alt sind. So wird es mir
auch mal gehen.
48 ENKEL
Maja, 7 Jahre
Oma sein ist ziemlich
cool, man kann seine
Kinder herumkommandieren
und zu den Enkeln
nett sein. Oma Rose
wohnt bei uns im Haus. Wenn ich bei ihr
schlafe, erzählt sie mir Geschichten, die
sie sich ausdenkt. Das kann sie gut, weil
sie schon so viel erlebt hat. Wenn ich
im Garten spiele, sitzt sie im Schatten
und liest Kochrezepte und Krimis. Sie
besucht auch Leute, die allein und krank
sind. Manchmal kann sie aber auch stinkig
werden. Dann kneift sie die Augen
zu und hat noch mehr Falten im Gesicht.
Ich sag dann kein Wort mehr. Ich kann
vieles besser als sie: turnen und rennen.
Auch radfahren, das hat sie nie gelernt.
Aber jetzt ist sie zu alt dafür, sagt sie.
Oma Rose hat immer so Schlabberhosen
an und komische Schuhe. Aber das gefällt
mir. Meine andere Oma heißt Tanja
und kommt aus Russland. Sie hat mir
ein paar Wörter Russisch beigebracht.
Ich weiß noch zwei: Spasibo und Trusy,
das heißt Danke und Unterhose.
Malik, 7 Jahre, und
Kiyan, 10 Jahre
Unser Papa erzählt
manchmal von seiner
Kindheit in Kenia. Da
gab es Löwen, Geparde
und Paviane. Er ist erst mit neun in
die Schule gekommen, davor hat
er Kamele gehütet. Sein Bruder kann
bis heute nicht gut lesen und schreiben.
Deshalb ist es wichtig, zur Schule zu
gehen, sagt Papa. Am Kind sein stört
uns am meisten, dass wir nicht die
Filme schauen dürfen, die wir wollen.
Wir wissen doch, dass alles nur im Film
passiert, und haben keine Angst. Die Regeln
sind aber okay, denn einige Szenen
sind vielleicht wirklich gruselig.
Wir haben eine Uroma, die wird bald
100. Wenn wir sie besuchen, fahren wir
auf ihrem Rollator, hüpfen mit ihren
Krücken und sie guckt uns dabei zu. Sie
ist sehr klein geworden. Bald sind wir
beide größer als sie. Wenn wir so alt
werden wie sie, sollen uns die Kinder,
Enkel und Urenkel besuchen, damit wir
nicht allein sind.
Luzie, 10 Jahre
Ich hab eine bessere
Kindheit als meine
Großeltern. Die mussten
viel zuhause helfen und
hatten nicht viel Geld.
Als Oma klein war, gab’s zum Geburtstag
nur Kakao und ein Nachthemd. Geburtstag
haben ist schön, älter werden
nicht. Natürlich ist es toll, wenn ich
alles machen darf. Aber was ist, wenn
ich was Falsches tu, weil niemand auf
mich aufpasst? Zum Beispiel zu viel
Schokolade esse. Andersrum find ich es
cool, Oma zu helfen. Seit ihrer Kindheit
hat sie Angst vor Pferden, aber neulich
hat sie sich doch getraut, ein Pony zu
streicheln, weil ich sie überredet habe.
Sie joggt noch, fährt Rad und hat bis
vor kurzem noch Handstand gemacht.
Nicht alle alten Menschen sind so beweglich.
Meine andere Oma macht sich
Sorgen um meinen Opa, der sich beim
Treppensteigen das Bein gebrochen hat.
Wenn sie traurig ist, streichle ich ihr
über den Rücken, damit sie spürt, dass
ich sie lieb habe.
Gabriel, 12 Jahre
Wenn ich mich mit
meinen Eltern und
meiner Oma vergleiche,
hat Oma das beste
Leben von uns allen.
Ich muss zur Schule gehen, Mama und
Papa müssen arbeiten. Und Oma
trifft sich mit Freundinnen und macht,
was sie will. Das ist so, als wär’ man
nach 60 Jahren im Gefängnis
endlich frei. Ein perfektes Alter für
mich wäre 22. Da muss ich nicht mehr
zur Schule, hab Geld, ein Auto und
kann so lange wach bleiben, wie ich
will. Vor allem sagt mir keiner, ich soll
mein Zimmer aufräumen. Aber es
ist auch schön, wenn sich Kinder um
ihre Großeltern kümmern. Wie bei
meiner Uroma, die fast 100 ist.
Als wir bei ihr in Mexiko waren, saß
ich oft bei ihr. Leider hab ich sie
kaum verstanden, weil sie nuschelte.
Wenn wir uns unterhielten, lächelte
sie, weil sie froh war, dabei zu sein.
Ich möchte in Deutschland alt werden,
da ist es sicherer.
Daphnée, 5 Jahre
Wenn ich mal alt bin,
färb’ ich meine Haare
pink, das ist viel cooler
als weiß. Ich möchte mal
vier Kinder und sechs
Enkel, so haben alle jemand zum Spielen.
Ich bin Einzelkind, das ist ein bisschen
blöd. Dafür hab’ ich zwei Omas,
die gar nicht meine Omas sind. Die eine
liest mir vor, bis ich einschlafe, wenn
meine Eltern mal weg sind. Am liebsten
bin ich bei der Tante von meiner Mama.
Sie heißt Anne. Bei ihr darf ich Milch
mit ganz viel Kaba trinken. Im Kindergarten
bin ich die Älteste und helf bei
den Kleinen, binde ihnen den Latz um
oder bring sie zu Martina, wenn sie weinen.
Aber wenn ich was nicht darf, weil
ich zu klein bin, werde ich böse, knall’
die Tür zu, schrei laut, schmeiß mich
ins Bett und weine. Letztens ist meine
Uroma gestorben. Sie wurde verbrannt,
weil sie nicht in eine Box wollte. Es hat
lang’ gedauert, bis Papa nicht mehr
traurig war. Irgendwann muss jeder sterben.
Sonst gäb’s ja zu viele Menschen.