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10 Porta extra BARKHAUSEN Als die Abenteuer plötzlich endeten Geheimnisumwitterter Stollen unterm Denkmal / Erinnerungen an die Kindheit im Krieg Von Robert Kauffeld Abenteuerspiele im Wiehengebirge 109 wurde abgeschossen und stürzte bei der ehemaligen Kuhtränke in die Weser. Den Jungen wurde von Wunderwaffen berichtet. Tatsächlich konnte wir im Westen – weit entfernt – der Start einer V2 beobachten. Faszinierend der Überflug einer Me 262, des ersten Düsenjägers. Es war eine Zeit intensiver Erlebnisse, von den Jungen als Abenteuer empfunden, doch oftmals verbunden mit großer Angst. Im April 1945, vor dem Einmarsch amerikanischer und englischer Truppen, wurde das Lager im Kaiserhof aufgelöst. Kurz darauf konnten die Barkhauser wieder den bis dahin gesperrten Bereich betreten. Wegen der bevorstehenden Kriegshandlungen wurde es der Bevölkerung erlaubt, im Denkmalstollen Schutz zu suchen. So habe ich gemeinsam mit meiner Mutter – Vater war noch im Krieg – mehrere Tage und Nächte dort verbracht, wo ich noch einige Jahre vorher mit selbst gebastelten Fackeln die verlassenen Höhlen erkundet und Fledermäuse beobachtet hatte. Geschlafen wurde zwischen riesigen Drehmaschinen auf dem Betonfußboden, der auch durch eine Wolldecke kaum weicher wurde. Vor Tieffliegerangriffen, die wir durch Öffnungen in der Außenwand beobachten konnten, und dem Beschuss durch deutsche (!) Artillerie waren wir sicher. Als die alliierten Truppen die Weser überquert hatten, kehrten wir nach Hause zurück und sahen, dass inzwischen die Kettenbrücke und auch die Grüne Brücke gesprengt waren. Das frühere Hotel Kaiserhof wurde von den Besatzungstruppen beschlagnahmt, trotzdem gelang es uns Jungen, in den früheren Saal einzudringen, in dem zuvor die Häftlinge untergebracht waren. Es bot sich ein kaum zu beschreibendes Bild, verbunden mit intensiven unangenehmen Gerü- Jungen“ war, der den beinahe heldenhaften Kämpfern bis heute in Erinnerung geblieben ist, nicht zuletzt, weil er für einen von ihnen im Krankenhaus endete. Abenteuer im Stollen, das war vor 70 Jahren plötzlich vorbei, als Soldaten das Gelände absperrten. Was geschah dort? Wir Jungen – gelegentlich waren auch mal Mädchen dabei – schlichen von oben durch den Wald bis zu den steil abfallenden Wänden seitlich des Stollens und beobachteten das Geschehen. Und so sahen wir Menschen in gestreifter Kleidung: KZ-Häftlinge. Die wurden zum Bau der Anlagen eingesetzt und waren im Saal des Hotels Kaiserhof in Barkhausen untergebracht, wo sie eine unbeschreibliche Leidenszeit unter dem Leiter SS-Obersturmführer Hermann Wicklein, dem SS-Rottenführer Hermann Nau und dem berüchtigten Kapo „Schorsch“ Georg Knögel, der selbst Häftling war und später wegen seiner Misshandlungen von den Amerikanern zum Tode verurteilt wurde, erleben mussten. Als 1944 immer mehr Bomberverbände kriegswichtige Produktionsstätten angriffen, war der Denkmalstollen für die Untertageverlagerung solcher Betriebe vorgesehen worden. Am 18. März 1944 wurde das „Außenlager Barkhausen“ des KZ Neuengamme eingerichtet. „Spähtrupps“ entdeckungsfreudiger Jungen, bei denen man sich nicht erwischen lassen durfte, beobachteten den Bau der meterdicken Betonwand vor den Höhlen, aber auch das Geschehen auf dem Hof vor dem früheren Saal des Kaiserhofes. Bomberverbände mit mehreren hundert Flugzeugen überflogen zu dieser Zeit regelmäßig die Porta, oftmals Kondensstreifen ziehend. Die 10,5- cm-Eisenbahnflak bei Häverstädt schoss. Deutsche Jagdflugzeuge griffen an. Eine Me waren Höhepunkte in der Erlebniswelt der Barkhauser Jungen. Unter Lebensgefahr auf das Denkmal und die nahegelegenen Leuchttürme zu klettern erforderte erheblichen Mut. Den Moltketurm mit einem Spezialschlüssel zu öffnen und zu besteigen, das war schon einfacher. Doch da war noch der Stollen unter dem Denkmal, der – etwas geheimnisumwittert – nicht nur zur Beobachtung von Fledermäusen, sondern auch Schauplatz für Geländespiele, ja sogar für einen Kampf gegen die „feindlichen Hausberger Der Denkmalstollen unterhalb des Kaiser-Monuments. Fotos: pr Drehmaschinen im Stollen.


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