Die Schlammbowle wollte keiner machen

Führte beim MT bis gestern ein Mauerblümchendasein: Nina Könemann erwärmte sich der Schlammbowle dann aber doch – und googelte sie. | MT-Foto: Jan Henning Rogge

Vom Mauerblümchen und einem Getränk, das die Redaktion für einen Abend vereinte

Ehrlichkeit ist eine Tugend – sagt zumindest meine Mutter und auf die soll frau ja bekanntlich hören. Also bin ich ehrlich: Meine Beziehung zur Schlammbowle ist kurz und flüchtig. Es ist weniger eine Beziehung als ein redaktioneller Seitensprung. Immerhin bereue ich ihn nicht.

Trotzdem falle ich heute aus der Reihe oder eher aus der Serie: Ich verbinde Schlammbowle nicht mit Kindheitserinnerungen oder einem Schwank aus meiner Jugend. Das liegt auch daran, dass ich noch im Schaufenster lag, als der Erheiterungstrank “in” war. Die 70er und 80er sind nicht meine Zeit: Erstere habe ich nicht miterlebt, zweitere nicht mit Verstand.

Nein, meine Liaison war kurz, ich wusste damals nicht, dass ich Schlammbowle trinke, und das hier angegebene Rezept ist gegoogelt. Als ich kam, war die Feuerzangenbowle nämlich schon vergeben. Meine einseitige alkoholische Vorbildung soll aber nicht gegen die Schlammbowle sprechen: Die schmeckt tatsächlich erstaunlich gut.

Aber zurück zur Geschichte: Ich war neu beim MT. Für die meisten Kollegen bin ich das nach knapp sechs Jahren immer noch, aber der Zauber von einst ist vergangen. Es war abends, der Laden brummte, die letzten Lokalseiten mussten fertig werden. Zeitung war für mich wie eine Wundertüte: jeden Tag etwas Neues, alles irgendwie spannend. Es wurde getippt, zwischendurch getratscht, die Stimmung war gut, aber nicht ausgelassen.

Bis meine Kollegin eine Stunde später hereinstürmte und von ihrem neuen Job erzählte. Nach zehn Jahren freier Mitarbeit beim MT hatte sie endlich das Volontariat in der Tasche – ein Grund zum Feiern. Auch für die Kollegen.

Was wir nicht wussten: Einer – er ist weit länger beim MT als sechs Jahre – war bereits vorbereitet. In der Redaktionsküche stand eine riesige Bowleschüssel. Wir hatten sie den ganzen Tag von Ecke zu Ecke geschoben. Die Küche ist klein, die Zeit meistens knapp – große Gegenstände fallen beim MT entweder irgendwann runter oder jemand nimmt sie mit nach Hause. Das Schicksal der Bowleschüssel war besiegelt.

Aber jetzt füllte sich die Schüssel mit Dingen, bei denen sich mir zunächst der Magen umdrehte. Sekt, Vanilleeis und Orangensaft – alles zusammen in einem Magen, ich war unschlüssig. Heute weiß ich: Immerhin wurde auf den Wodka verzichtet. Das war in der Küche dann doch zu viel des Guten. Der Kollege füllte jedem ein Glas ein, ich nippte tapfer.

Wer jetzt denkt: Da waren am Tag danach doch garantiert wieder Fehler im MT, muss sich übrigens eine andere Begründung suchen als unsere Arbeitsmoral. Wir hatten sie Zeitung nämlich mittlerweile fertig.

Bei mir kam es dann, wie es kommen musste: Nach zwei Glas Schlammbowle in der engen Küche, netten Kollegengesprächen und dem Gefühl, als Neuling auch dazuzugehören, ging ich beschwipst nach Hause. Mir war warm und blümerant und ich dachte damals: Es kann keinen schöneren Beruf geben als diesen.

Ich bin in vielerlei Hinsicht nüchterner geworden. Den Beruf liebe ich meistens immer noch, Schlammbowle hat es in der Redaktion seitdem aber nie wieder gegeben. Ich glaube ich werde bald welche mitbringen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu steigern.

Nina Könemann, Online Redaktion

Schlammbowle

Zutaten:

Eine Flasche Wodka Eine Flasche Sekt 2 Liter Orangensaft Eine Packung Eis 2 Gläser Kirschen

Zubereitung:

Kirschen einen Tag vorm Anbrechen der Bowle in Wodka einlegen.

Am nächsten Tag Kirschen, Wodka, Sekt und Orangensaft in eine große Bowleschüssel geben.

Zum Schluss das Eis oben auf die Bowle geben.

Dazu schmeckt alles.

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