Wenn die Welt den Bach runtergeht – oder: Die Lust am Untergang

Heute wäre es dann mal wieder so weit. Die Welt geht unter. Sagt zumindest der Maya-Kalender. Wissen Leute, die sich angeblich damit auskennen. Beziehungsweise davon gehört haben.

So könnte es an der Porta Westfalica aussehen, wenn die Maya Recht behalten – malt sich jedenfalls Online-Redakteur Jan-Henning Rogge mit Hilfe der Bildbearbeitungssoftware aus. Ein schönes Titelbild für unsere Weltuntergangs-Ausgabe, fand die MT-Redaktion.

Nun tut der Mensch quasi seit Anbeginn seiner Kulturgeschichte kaum etwas liebe- und lustvoller, als sich den eigenen Untergang zu auszumalen. Davon künden große Erzählungen, Mythen und Prophezeiungen bis hin zu den Weltreligionen ebenso wie fantasievolle Eigenfabrikationen unzähliger Spinner, Esoteriker, Sektierer, Politiker oder schlicht Geschäftemacher. Meist hat das Beschwören der (a) unmittelbar, (b) demnächst oder (c) in weiterer Ferne stattfindenden Apokalypse den praktischen Grund, die damit in Furcht und Schrecken versetzten (Leicht-)Gläubigen zu irgendetwas zu bewegen: innerer Umkehr etwa, religiöser oder politischer Gefolgschaft, dem Abonnement einer Besinnungspostille oder schlicht dem Öffnen der Geldbörse.

Auch für Künstler jedweder Schaffensform bietet der Weltuntergang seit jeher dankenswerte (und gegebenenfalls lohnende) Spielwiesen, erst recht natürlich seit Einführung der 3-D-Filmtechnik samt Sensurround-Soundsystem. Nie gruselte man sich sinnenbetäubender. Aber auch die alten Sumerer konnten sich bei der Sintflut-Erzählung schon ganz schön fürchten, von der biblischen Offenbarung des Johannes wollen wir gar nicht reden. Dass die alten Gallier nur Angst davor hatten dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen würde, wissen wir aus “Asterix”. Vermutlich aber raubte schon den Neandertalern der Gedanke an den weltverschlingenden Mega-Säbelzahntiger den Schlaf, nachdem ein phantasiebegabter Stammesgenosse damit für Kurzweil beim Feuerabend in der Höhle gesorgt hatte.

Ungefähr 1 890 000 Einträge im weltweiten Internet listete Google gestern Nachmittag zum Suchwort „Mayakalender“ auf. „Weltuntergang“ brachte es zur gleichen Zeit auf 5 910 000 Fundstellen – womit schon mal geklärt wäre, dass die Maya mitnichten das Monopol darauf haben, den Laden hopsgehen zu lassen. Wir dürfen also weiter bibbern. Aktuellere Endzeitszenarien wie „Klimakatastrophe“ (575 000 Einträge) oder „Atomkrieg“ (560 000) beschäftigen die Menschen dagegen in sichtlich geringerem Umfang.

Was uns diese statistischen Vergleiche sagen sollen? Keine Ahnung. Aber das tut der Maya-Kalender auch nicht. Die MT-Redaktion jedenfalls widmet die heutige Ausgabe fröhlich dem Thema Weltuntergang – dunkel ahnend, auch am Tag danach vermutlich noch eine Zeitung machen zu müssen.

Autor: Christoph Pepper

Der Weltuntergang heute im MT:

  • Seite 1 (Titelseite): Titelfoto “Abgang Wilhelm-Denkmal”
  • Seite 2 (Politik): Kommentar  “Die Lust am Untergang”
  • Seite 8 (Lokales) : Recherche “Minden ohne Menschen” und Erinnerungen “Lieblingszenen aus Weltuntergangsfilmen”
  • Seite 20 (Querbeet) : Bericht “Weltuntergang in Mexiko: Hoffen auf zahlungskräftige Reisende” und Kinderecke: “Heute geht die Welt unter – was für ein Quatsch!”
  • Seite 23 (Politik): Zitat Putin zum Ende der Welt
  • Seite 24 (Kultur) : Interview mit Zukunftsforscher Matthias Horx zu Apokalypse-Fantasien

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