Interview: Leidenschaft fürs Lokale – Benjamin Piel als neuer Chefredakteur des Mindener Tageblatts gestartet

„#200in365“: Piel (m.) im Gespräch mit Stefan Grabowsky (l.), zweiter Vorsitzender des Sportvereins SVKT 07 und Vereinsmitglied Heinz-Dieter Böttger (r.). Ehrenamtliche der SVKT 07 errichten einen Anbau mit Umkleiden und Duschen. Foto: Uwe Schulze

Seit dem 1. Juni ist Benjamin Piel neuer Chefredakteur des Mindener Tageblatts. Piel, Jahrgang 1984, tritt die Nachfolge von Christoph Pepper an, der nach fast 27 Jahren an der Spitze der Redaktion die operative Verantwortung an seinen Nachfolger übergibt und sich künftig auf die gemeinsame Herausgebertätigkeit mit den Verlegern Sven und Rainer Thomas konzentrieren wird.

Pepper bedankte sich bei der Redaktion, den Mitarbeitern der anderen Abteilungen sowie ausdrücklich auch bei den Verlegern für die langjährig gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Sven Thomas begrüßte Benjamin Piel als künftigen Mitgaranten der publizistischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit des Traditionstitels Mindener Tageblatt (seit 1856) und seines Verlagshauses J.C.C. Bruns (gegründet 1834). Piel, selbst mehrfach preisgekrönter Journalist und einer der Vordenker der aktuellen Orientierungsdebatte im deutschen Lokaljournalismus, solle die ebenfalls gerade erst wieder ausgezeichnete MT-Redaktion mit journalistischer Qualität und Leidenschaft fürs Lokale in die Zukunft führen, unterstrich Thomas gegenüber der Redaktion.

In Minden und beim MT angekommen: Piel (m.) bei der täglichen Redaktionskonferenz. Mit im Bild: Nachrichtenredakteur Ulrich Geisler (links) und Fotograf Alex Lehn. Foto: Monika Jäger

Im Interview mit dem johann! spricht Benjamin Piel über seine ersten Eindrücke von Minden, das Projekt„#200in365“ und das MT im Jahr 2044.

Herzlich willkommen in der Unternehmensgruppe J.C.C. Bruns und in Minden. Kannten Sie Minden bereits vorher oder war die Stadt für Sie Neuland?

Ich hatte bisher mit Minden keinerlei Berührungspunkte. Insofern ist der Neustart für meine Familie und mich auch ein kleines Abenteuer. Da der Vorlauf bis zum 1. Juni relativ lang war, hatte ich genügend Zeit, um zu recherchieren und mich auf Minden einzustimmen. Dazu zählte natürlich auch die tägliche intensive Lektüre des MT auf allen seinen Kanälen.

Welchen ersten Eindruck haben Sie von Minden und den Menschen in der Region?

Verglichen mit dem ländlich geprägten Landkreis Lüchow-Dannenberg, ist Minden städtisch. Vor den Ostwestfalen hatte man mich gewarnt. „Die gehen zum Lachen in den Keller“ – dieser Satz kam eigentlich immer. Aber das trifft nicht zu. Ich habe die Menschen hier bisher sehr aufgeschlossen und freundlich erlebt.

Schon als Schüler sammelten Sie Ihre ersten journalistischen Erfahrungen bei Lokalzeitungen. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen, das auch heute noch für Ihre Arbeit relevant ist?

Die Erkenntnis, wie wichtig die Nähe zu den Menschen vor Ort ist. Ein Lokalmedium muss offen für die Menschen sein. Wir dürfen uns nicht in den Elfenbeinturm zurückziehen.

Was lieben Sie an Ihrem Beruf besonders, was weniger?

Zu den Vorzügen zählt sicherlich, dass man analysiert, kommentiert und gemeinsam im Team an einem guten Produkt arbeitet. An die Tatsache, dass ein Lokaljournalist eine Art öffentliche Person ist, musste ich mich erst gewöhnen. Ungestört über ein Stadtfest schlendern, das ist nicht drin.

Welche Projekte stehen in den nächsten Monaten ganz oben auf Ihrer Agenda?

Um die Region und ihre Menschen kennenzulernen, starte ich das Projekt #200in365. Innerhalb meines ersten Jahres beim MT möchte ich 200 Gespräche mit Menschen in unserem Verbreitungsgebiet führen. Per Interview landen diese Gespräche in der gedruckten Zeitung, außerdem auf digitalen Kanälen wie mt.de, Facebook, Instagram oder Twitter.

Werfen wir einen Blick in die Glaskugel: Wie stellen Sie sich das MT im Jahr 2044 vor?

Lokale Inhalte werden auch im Jahr 2044 wichtig sein – weil lokale Themen die Menschen auch in Zukunft bewegen werden. Wer könnte dieses Bedürfnis besser abdecken als ein Lokalmedium wie das MT?
In 2044 wird – so meine optimistische Einschätzung – ein grundlegendes Verständnis dafür herrschen, dass digitale Inhalte Geld kosten. Außerdem wird es irgendeine Art von gedruckten Produkten auch 2044 noch geben.

Bitte vervollständigen Sie die folgenden Sätze:
Das Mindener Tageblatt ist…

…ein breit aufgestelltes Lokalmedium in einer lebenswerten Region.

Lokale journalistische Inhalte sind…

…unverzichtbar, um sich in seinem Lebensumfeld zu orientieren.

Ein guter Lokaljournalist sollte…

…neugierig auf die Menschen sein und sich nicht hinter seinem Schreibtisch verkriechen.

Die digitale Transformation ist…

…zentral wichtig, vor allem im Hinblick auf die mobile Nutzung journalistischer Inhalte.

Heimat ist…

…dort, wo ich arbeite, mich wohlfühle und wo meine Familie ist.

Journalistenpreise sind…

…ganz nett, aber nicht besonders wichtig – das Ziel darf nicht die Auszeichnung, sondern muss die gute Geschichte sein, die möglichst viele Menschen spannend finden.

Zur Person

Benjamin Piel wurde 1984 in Hagen geboren. Seit 2015 leitete er gemeinsam mit einem Kollegen die Redaktion der Elbe-Jeetzel-Zeitung im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Studium der Neueren deutschen Literatur, Neueren und neuesten Geschichte und Vergleichenden Religionswissenschaft an der Universität Tübingen volontierte er bei der Schweriner Volkszeitung, war danach dort Redakteur und wechselte 2012 zur Elbe-Jeetzel-Zeitung. Immer wieder schreibt Benjamin Piel auch für überregionale Medien wie die Zeit oder Spiegel Online. Für seine Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Theodor-Wolff-Preis.

Von Stephanie Klusmann, Brunsmedienservice

Dieser Artikel ist zuerst im Magazin johann! – Aktuelles aus der Unternehmensgruppe J.C.C. Bruns erschienen.

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