EINSICHTEN – ODER: Nur auf Druck

Wie den regelmäßigen Lesern dieser Kolumne bekannt ist, hatte meine Familie im September einen Leitungswasserschaden. Der ist längst behoben und überwunden, aber jetzt wurde ich an eine Situation nach dem familiären Großschadensereignis erinnert.

Es ging damals darum, die gefluteten Räume nach den Sanierungsarbeiten wieder zu möblieren. So was nutzt man ja gern, um Möbel umzustellen, mal einen anderen Blick ins traute Heim zu bekommen oder eine Unbequemlichkeit zu beseitigen, für deren Abstellung man bisher nur zu bequem war.

„Wenn der Schrank an die andere Wand kommt, haben wir gleich noch Platz für das Langeoog-Bild“, war damals mein Verbesserungsvorschlag. „Aber dann kommt man nicht mehr vorbei, wenn jemand die Schranktür aufhat“, entgegnete meine Frau zu meiner Überraschung. Opposition? Mein Vorschlag ist doch klasse und durchdacht. Wie kann man dagegen sein?

„Der Schrank stand immer da, hat niemanden gestört und ich brauche ihn da, wo er jetzt steht. Das Bild kann woanders hin“, warf meine Frau ein, um in ihrer unwiderstehlich weiblichen Art noch das Hammerargument nachzuschieben: „Das finden übrigens auch die Kinder.“

So leicht gebe ich nicht auf, obwohl jetzt auch bei mir direkt vor Ort leichte Zweifel aufkamen: „Die Kinder waren früher für meinen Vorschlag,“ war mein letzter, trotziger Beitrag. Meine Frau hörte das nicht mehr. Mit „Mach doch, was du willst“, war sie in die Küche entschwunden.

Warum ich mich jetzt daran erinnere? Weil die Parteien im Landtag sich jetzt in der Frage der Dichtheitsprüfung für private Abwasserkanäle angenähert haben. In Richtung einer Lösung, die interessenausgewogen, praktikabel und akzeptabel sein kann. Und vernünftig.

Dazu haben sie Jahre gebraucht, viel Ärger verursacht, manche haben je nach Rolle ihre Meinung gewechselt. „Siehste“, werden sie jetzt alle verkünden, „das habe ich eigentlich ja schon immer gewollt, nur die anderen nicht.“ Und wenn es zu einer vernünftigen Lösung kommt, bei der ökologischer Nutzen gegen ökonomischen Aufwand gut abgewogen ist, werden sie sich das auf die Fahne heften. Natürlich jede Partei nur auf ihre eigene. Dabei hat allein der massive Druck der Bürger für die späte Einsicht gesorgt.

Ach, übrigens: Unser Schrank steht jetzt da, wo er vorher stand. Und das Langeoog-Bild hat einen viel schöneren Platz in einem anderen Raum gefunden. Das war doch schon immer meine Idee. Aber wer hört schon auf mich.

In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!

Hartmut Nolte, Lokalredaktion

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