Die Zeitung der Zukunft kommt auf vielen Wegen

Was ist die Zeitung – der Packen Papier oder das, was drinsteht? Der Inhalt, sagen die Macher. Und deshalb habe die Zeitung Zukunft. Aber ob gedruckt, geklickt oder gesendet – sie wird ihren Preis haben.

Guter Journalismus, ob auf Papier oder auf dem Bildschirm, hat Zukunft – da sind sich zwei Protagonisten der Zeitungsbranche einig. “Die Technologie ändert sich radikal. Aber das, was Menschen lesen wollen, was sie wirklich interessiert, das ändert sich viel langsamer, als wir glauben”, schreibt Mathias Döpfner, Chef des Axel-Springer-Verlags (“Bild”, “Welt”). Und für “Zeit”-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo ist die Frage entscheidend: “Wie kann hochklassiger, um profunde Analyse und Recherche bemühter Journalismus, wie kann die freie Berichterstattung aus aller Welt, wie die kritische Wächterfunktion künftig finanziert werden?”

Die Zeitungsvielfalt in Deutschland ist unter wirtschaftlichen Druck geraten. Foto: DPA

Das Thema ist nicht neu, aber angesichts des Schicksals von “Frankfurter Rundschau” und “Financial Times Deutschland” hat es plötzlich an Dramatik gewonnen. Seit 20 Jahren schon sinken die Auflagen der meisten Zeitungen. Allein von 2011 auf 2012 betrug der Rückgang 3,5 Prozent, auf täglich 22,8 Millionen Exemplare. Auch die Werbeerlöse gehen zurück. Früher finanzierte ein Abonnent mit dem Kaufpreis ein Drittel seiner Zeitung, der Rest kam aus Anzeigen. Heute decken Werbeeinnahmen nicht mal mehr 50 Prozent der Kosten.

Gibt es also noch ein Geschäftsmodell für guten Journalismus? Werden Profis auch künftig noch davon leben können, dass sie recherchieren, fotografieren, analysieren? Dass sie die Welt erkunden und verstehen? Werden diejenigen, die keine Zeit haben, das selbst zu tun, aber Erklärung und Orientierung suchen, diese Profis dafür bezahlen? Noch funktioniert das. Wer eine Zeitung kauft, trägt damit zum Erfolg des Verlags bei, der die Journalisten entlohnt.

Seite September 2011 ist auch das MT mit einer Lese-App auf dem iPad vertreten. Foto: Lehn

Nicht nur Döpfner und di Lorenzo sind überzeugt, dass auch künftig die Nachfrage nach Qualitätsjournalismus ein entsprechendes Angebot finanzieren wird. Aber die Arznei, die dem kränkelnden Geschäftsmodell wieder auf die Beine hilft, wird nicht nur aus einem Wirkstoff bestehen. Das Problem ist komplex, und die Lösung ist es auch – allerdings zeichnet sich schon ab, welche Zutaten in den Zaubertrank gehören könnten. Da sind einmal die Erfahrungen aus den USA, wo die Krise schon viel früher zuschlug und Opfer forderte. Da sind aber auch viele Erkenntnisse, die die Branche in Deutschland gewonnen hat.

Die wichtigste: Was man verschenkt, kann man nicht mehr verkaufen. Die Hoffnung, Inhalte kostenlos online zu stellen und durch Werbe-Klicks zu finanzieren, geht bislang für die wenigsten auf. Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, sprach in der “Zeit” von dem Fehler, dass sich eine ganze Branche geeinigt habe, dass geistige Arbeit keinen materiellen Wert habe. Das muss sich ändern, fordert auch Döpfner: “Deswegen brauchen digitale Zeitungen so wie analoge Zeitungen Bezahlmodelle.”

Zum Zeitungsangebot gehört heute ganz selbstverständlich auch der Online-Dienst. Künftig werden Inhalte allerdings auch hier kostenpflichtig werden müssen. Repro: MT

Die Zeitung ist also nicht der Packen Papier, sondern der Inhalt. Und den gibt es heute auch online zum Klicken, zum Runterladen als E-Paper und als App auf dem Tablet. Warum sollten die Millionen Menschen, die derzeit täglich Geld für Inhalte auf Papier ausgeben, nicht auch bereit sein, für die Zeitung der Zukunft zu zahlen?

In jedem Fall erwarten sie Qualität: Nicht nur Daten und Fakten, sondern auch Erklärungen und Einordnungen. Nicht bloß rückwärts blickend auf gestern, sondern vorausschauend auf heute. Nicht dröge hingeworfen, sondern optisch attraktiv dargestellt – was als App und online nicht nur in Wort, Bild und Grafik, sondern auch noch mit Ton und Video und interaktiv geht. Und das nicht allein aus der großen und weiten Welt, sondern auch aus der nahen und kleinen.

Qualität gibt es schon, nun sind Bezahlmodelle für Journalismus im Internet gefragt – und zwar solche, die es dem Nutzer leicht machen. Lösungen für Abonnenten, aber auch für elektronische Laufkundschaft.

Autor: Jürgen Hein, Deutsche Presse-Agentur

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