OLYMPIA – ODER: Unterjubeln

So ein Pech. Für unsere Politiker. Da sitzt in den kommenden drei Wochen die ganze Welt vor der Flimmerkiste und zieht sich einen Olympia-Wettbewerb nach dem anderen rein. Die Fernseh-Onkels senden 24 Stunden aus London die mehr oder meist weniger wichtigen Erkenntnisse, die sie auch aus dem letzten Athleten oder Funktionär noch herausgepresst haben.

Und die Politik macht Ferien! Olympia ist doch d i e Gelegenheit, uns eine Erweiterung des Rettungsschirms oder die Zustimmung zu Eurobonds oder eine Erhöhung der Ökosteuer unterzujubeln. Bei der Fußball-EM hat das doch fast hingehauen mit dem Meldegesetz.

Bei medialer Event-Überschwemmung braucht man zur Ablenkung nicht mal den Sommerloch-Hit des expromovierten Plagiators Jorgo Chatzimarkakis, Europaabgeordneter der FDP. Er will jedem Griechenland-Urlauber zehn Euro Prämie zahlen. Aus der Staatskasse. Wer hat den Mann bloß gewählt?

Zurück zu Olympia und der zu erwartenden Medaillenschwemme. 302 Wettbewerbe gibt es, steht im MT-Olympia-Magazin. 906 mal Gold, Silber, Bronze. Was haben die Geldschöpfer beim IOC bloß aus den Olympischen Spielen gemacht? In der Antike reichten fünf Tage für Laufen, Ringen, Boxen, Wettreiten, Wagenrennen und Fünfkampf aus Diskuswurf, Weitsprung, Speerwerfen, Stadionlauf und Ringkampf. Und nur der Erste bekam einen Lorbeerkranz. Nur der Sieg, nicht das Dabeisein zählte. Heute wird in 40 Sportarten gekämpft, von Badminton bis Wasserspringen und überall gibt es Unterklassen, am meisten bei den Leichtathleten mit 45 und Schwimmern mit 34. Im Gewichtheben gibt es fast pro Kilogramm Körpergewichts-Unterschied einen Wettbewerb.

Andere Sportarten sind da noch ausbaufähig: Warum sollen sich BMX-Radsportler mit zwei Goldmedaillen zufriedengeben? Man könnte die Strecken unterschiedlich lang oder die Räder verschieden groß machen, die Fahrer in Gewichtsklassen einteilen, Mannschaftswertung einführen und schon hat man mindestens acht weitere Goldmedaillengewinner im BMX. Und das Fernsehen hätte neue Interviewpartner. Auch Dressurreiten ist unterbewertet. Unterteilung nach Pferdefarben und Herkunft, nach Stuten, Wallachen, Hengsten bringt mehr Wettbewerbe, mehr Medaillen, mehr Fernsehzeit, mehr olympische Spiele und mehr Zeit für die Politiker, die abgelenkte Aufmerksamkeit des Publikums für unpopuläre politische Entscheidungen zu nutzen. Dann wäre der Urlaubsprämienvorschlag aus der FDP nicht mal eine Sommerloch-Zeile wert.

In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!

Hartmut Nolte, Lokalredaktion

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