Zur Neugestaltung der MT-Redaktionsräume

Ein Teil der MT-Mannschaft im neuen Newsroom, in dem die tägliche Produktion der Zeitung und ihrer digitalen Kanäle gesteuert wird. Foto: Manfred Otto

Ein Teil der MT-Mannschaft im neuen Newsroom, in dem die tägliche Produktion der Zeitung und ihrer digitalen Kanäle gesteuert wird. Foto: Manfred Otto

Von: Lesername

Betr.: MT-Artikel vom 03.09.2013 – Fit für die (Zeitungs-)Zukunft

Das MT hat sich ihr schönes Gebäudeensemble umbauen lassen. Gratulation. Für 14 Mio. Euro. Schön für das MT und seine Mitarbeiter. Das gelingt in Zeiten sterbender Printmedien nicht vielen Zeitungen.  Ich habe da so meine Zweifel.
Mit einer verkauften Auflage von 33.987 Zeitungen im 4. Quartal 2012 und mit doch immerhin +15 (!) Zeitungen , die mehr  als im Vorjahresquartal verkauft worden sind,  finde ich diese Investition sehr mutig. 14 Mio. Euro Invest bei wahrscheinlich ca. 40 Mio. Umsatz des Medienhauses J.C.C Bruns.
Holzglas-Systemtrennwände,  Absorberflächen, Trennwände in Holzoptik und mit Deckensegel! Warme Holzoberflächen und ein neuer Design-Boden natürlich in Holzdielen-Optik. Und natürlich alles mit einer klaren Materialsprache. Logisch. Das räumliche Konzept spiegelt die inhaltliche Ausrichtung wider. Neue Software und eine Rotationsmaschine, alles state of  the art. Aha, deshalb nehmen die also so viel Geld in die Hand denkt der geneigte Leser, der für jede Ausgabe 1,30 Euro in der Woche und  1,80 Euro am Wochenende hinlegen muss.
Alles wunderschön und es sei allen Mitarbeitern gegönnt. Wenn dadurch die Zeitung besser wird, dann bin ich dafür. Aber was ist eigentlich aus der Umfrage im MT geworden? Will man mit diesem verstaubten Konzept in die Zukunft gehen? Ich lese keine Zeitung im Internet. Ich bin Anhänger der gedruckten Zeitung, die riecht und raschelt. Die stromlos überall zu lesen ist und mit der ich den Kamin anzünden kann.
Ich vermisse das Konzept für eine neue, moderne (meinetwegen auch crossmediale) Zeitung. Setzt den Umbau der Räumlichkeiten auch in den Köpfen der Mitarbeiter und speziell der Chefredaktion fort. Eine lebhafte Zeitung kann man nur mit einer guten Redaktion machen. Nicht mit schönen neuen Räumen und Holzoptik. Und vergessen Sie bitte in den nächsten Jahren eines: bitte erhöhen Sie nicht den Preis der Zeitung. Ohne Mehrleistung bekommen Sie von mir keinen Cent mehr. Wie Sie das realisieren wollen,  habe ich leider noch nicht im MT gelesen. Wann nehmen Sie den inhaltlichen Umbau in Angriff? Oder hat er etwa schon begonnen?

(Lesername)

Antwort des Chefredakteurs Christoph Pepper:

Sehr geehrter Herr (Lesername),

vielen Dank für Ihre E-Mail mit den Glückwünschen zu unseren gestern vorgestellten Zukunftsinvestitionen des Verlags. Und ebenso danke für Ihre konstruktiv-kritischen Anmerkungen, auf die ich gerne antworten möchte.

Sie haben Recht, dass es nicht damit getan ist, das Arbeitsumfeld der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter “state of the art” zu gestalten, um eine Lokalzeitung inhaltlich besser zu machen. Aber es ist sinnvoll,  für ein Team, in dem einige bereits am frühen Morgen den Arbeitstag beginnen, andere bis weit nach Mitternacht arbeiten – auch samstags, auch sonntags – ein gutes Arbeitsumfeld zu schaffen.

Sie haben das große Investment angesprochen. Tatsächlich ist es das größte in der bisherigen Geschichte des Unternehmens. Die neue Zeitungsdruckerei samt Versandanlage bindet dabei den Großteil der Kosten, die für den Redaktionsumbau machen nur einen mittleren einstelligen Prozentbetrag davon aus. Dass das Herzstück des Investments also in die neue Zeitungsrotation samt zugehöriger Technik wandert, sollte Sie als Zeitungsleser “alter Schule” doch eher beruhigen. Wir beim Mindener Tageblatt sind der Meinung, dass die gedruckte Zeitung kein Auslaufmodell ist. Wir investieren in die Bedürfnisse und Gewohnheiten unseres bestehenden Leserstamms und sorgen mittels neuer organisatorischer Strukturen und neuer multimedialer Technik dafür, auch jüngere Generationen dort abzuholen, wo sie lokale Nachrichten suchen. Wir tun das eine und lassen nicht das andere. Übrigens erfolgreich seit mehr als 150 Jahren – was anderen Zeitungen unserer Größenordnung leider nicht immer gelungen ist.

Sie sprechen die große Leserumfrage im Frühjahr dieses Jahres an. Ich vermute, Sie haben sich als engagierter Leser daran beteiligt. Vielen Dank dafür. Diese Umfrage ist natürlich mittlerweile statistisch ausgewertet. Auch haben wir darüber hinaus seinerzeit Gruppen-Interviews mit Leserinnen und Lesern durchgeführt und auch diese Ergebnisse erfasst. Eine Umfrage durchzuführen und auszuwerten ist das eine, die gewonnenen Erkenntnisse zu bewerten, zu interpretieren und in der Folge in Maßnahmen umzusetzen ist das andere. An dieser Stelle einen Schnellschuss zu machen, wäre falsch.

Den inhaltlichen und gestalterischen Umbau der Zeitung, werden wir, anders als den Umbau der Redaktionsräume  – wenn auch sicher auch unter Zuhilfenahme externer Fachleute – in der Hauptsache selber realisieren. Und das im Tagesgeschäft mit mehr als 300 MT-Ausgaben jährlich. Längst sind hier entsprechende Arbeitsgruppen in Redaktion und anderen Verlagsabteilungen aktiv, werden Konzepte gemacht und Pläne entworfen. Hier bitte ich Sie einfach um Geduld. Unser Projekt heißt “Projekt 2014” und ja, im Laufe des kommenden Jahres dürfen Sie ein neues Mindener Tageblatt erwarten: konzeptionell, strukturell, optisch. “State of the art” – sicherlich. Auch nach Ihren ganz subjektiven Vorstellungen – das hoffe ich zumindest in großen Teilen. So wie ich es für alle andere Leserin und Leser hoffe. Das ist zumindest unser Bemühen.

Während Räume bei uns nur gelegentlich  umgebaut werden (die der Redaktion zuletzt vor mehr als 20 Jahren), entwickeln Redaktion (und Chefredaktion) aber auch unabhängig von den in größeren Zeitabständen vorgenommenen Renovierungen der Zeitungsoptik  (Relaunch) das redaktionelle Produkt inhaltlich ständig weiter. Insofern betrübt mich Ihre Beurteilung als „verstaubt“ doch etwas. Gern würde ich detaillierter erfahren, woran Sie dies festmachen.

Lassen Sie mich ein paar abschließende Worte zum Thema Preis verlieren. Ich möchte Ihnen einen Vergleich geben und voranstellen, dass ich jetzt keinesfalls die Zunft der Bäcker oder der Fleischer angreifen möchte. Ich könnte ebenso andere Branchen nennen. Wenn Sie beim Bäcker fürs Frühstück zwei Mehrkornbrötchen kaufen, samstags vielleicht noch ein Croissant und nebenan in der Fleischerei noch 100 g Salami, dann haben Sie in diesen Fachbetrieben jeweils vermutlich mehr bezahlt, als das Mindener Tageblatt auf dem Tresen kosten würde. Als Abonnent sparen Sie nochmals rund 25 Prozent und die Zeitung wird sogar an die Haustür geliefert.

Ich möchte mit Ihnen ungern diskutieren, ob 1,30 € für eine im Schnitt mehr als 30 Seiten starke Tageszeitung zu teuer ist oder nicht. Auch, ob diese vielleicht nächstes Jahr 1,40 € oder 1,45 € kostet. Ich bin der Meinung, wir liefern (!) unseren Leserinnen und Lesern ein Qualitätsprodukt zu einem Preis, der mit anderen Produkten des täglichen Lebens preislich keinen Vergleich scheuen muss. Gern lade ich Sie ein, sich einmal vor Ort, bei uns in der Redaktion, der Medienproduktion, den Verlagsabteilungen und der Druckerei ein Bild davon zu machen, unter welchen Umständen und mit welchem technischen und personellen Aufwand eine Tageszeitung heute produziert werden muss.

Nicht zu vergessen: Das Bezugsgeld für das Mindener Tageblatt, ein Produkt eines lokal verwurzelten Familienunternehmens in sechster Generation,  sorgt für Arbeitsplätze hier vor Ort, bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenso wie bei vielen Unternehmen der Region, die wir mit Dienstleistungen betrauen. Der Verlag und die Verleger persönlich engagieren sich für das Gemeinwohl, unterstützen oft auch im Stillen. Alles Dinge, für die das Mindener Tageblatt als Lokalzeitung auch steht und die, dass wissen wir aus der Leserschaft, zusätzlich zu dem täglichen Zeitungsexemplar auf dem Frühstückstisch hinaus auch sehr geschätzt werden.

Ich hoffe, sehr geehrter Herr (Lesername), Ihnen einige Informationen, Hintergründe und neue Bezugspunkte zu unserer Arbeit geliefert zu haben. Ich finde es sehr gut, dass Sie sich von unserer Berichterstattung in eigener Sache motiviert gefühlt haben, unser Tun kritisch zu hinterfragen – das zeichnet Sie als Zeitungsleser aus. Schon deshalb hoffe ich, dass Sie uns gewogen bleiben.

PS: Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich Ihren Brief ebenso wie meine Antwort gern in unserem Redaktionsblog „MT Intern“ veröffentlichen. Können Sie mir dazu Ihr Einverständnis erteilen?

Freundliche Grüße aus Minden nach Hille

Christoph Pepper

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