Meike Messal mag es brutal. Als Krimi-Autorin denkt sie sich die grausamsten Mord-Methoden aus. Eigentlich hat sie aber einen ganz bürgerlichen Beruf (#200in365, No.70)

Meike Messal arbeitet im Hauptberuf als Lehrerin für Deutsch und Englisch am Herder-Gymnasium.
Foto: pr

Ein Mann bindet seine Opfer an Bäume und rast mit dem Auto gegen sie, bis sie qualvoll sterben. Die Frau, die sich diese Perversität ausgedacht hat, heißt Meike Messal. Brutal muss es in ihren Krimis immer sein. Für ihren ersten Roman hatte sie sich zum Ziel gesetzt, eine neue Mord-Art zu erfinden. Heraus kam ein Buch mit dem Titel „Nachtfahrt ins Grauen“.

Ein „absoluter Krimi-Fan“ sei sie schon immer gewesen und ein Buch habe sie auch immer schreiben wollen. 2011 dachte sie sich: „Jetzt mache ich es einfach.“ Und fing an.

Doch schnell merkte sie, dass das mit dem Bücherschreiben weniger mit Genie zu tun hat, als sie dachte. Sich an den Schreibtisch setzen und ein Buch runterschreiben, getrieben von Geistesblitzen, so funktionierte es bei ihr nicht.

Vier Jahre Schreibzeit brauchte sie für ihr Debüt. Erst als sie ihre ersten Versuche vernichtet, Schreibratgeber gelesen und einen dezidierten Plan mit Story, falschen Fährten, Figuren und Szenen entwickelt hatte, ging es endlich voran. Ihr Fazit nach den ersten zwei Romanen und zwei Kurzgeschichten-Bänden: „20 Prozent sind gute Ideen, 80 Konzeption.“

Auch den Buchmarkt hatte sie sich anders vorgestellt. Sie wusste nicht, dass Verlage hunderte Manuskripte am Tag bekommen, dass die Konkurrenz riesig ist, dass es so gut wie nichts für Autoren zu verdienen gibt, die fünf bis zehn Prozent des Buchpreises bekommen, dass ihrer Schätzung nach nur zehn Autoren so richtig gut allein vom Schreiben leben können. „Das Bild des armen Autors ist richtig“, sagt sie nach ein paar Jahren im Geschäft.

Dabei hatte sie noch richtig viel Glück, der Verlag Prolibris aus Kassel verlegt ihre Bücher. Es ist keiner der ganz Großen auf dem Markt, aber eben auch nicht der Kleinste. Wie viele Bücher die zweifache Mutter verkauft, will sie zwar nicht verraten, aber ein paar tausend sind es schon. Das ist ein ansehnlicher Erfolg, doch würde es nicht ansatzweise reichen, um davon auskömmlich zu leben.

Das ist für die Häverstädterin auch deshalb kein Problem, weil sie ihren Beruf als Lehrerin für Deutsch und Englisch am Herder-Gymnasium in etwa genauso liebt wie das Schreiben. Und gar nicht selten mischen sich die beiden Leidenschaften, wenn sie ihre Begeisterung in der AG Kreatives Schreiben an die Schüler weitergibt oder besonders motiviert ist, ihre Leidenschaft für die Literatur weiterzugeben. Dann geht auch gerne mal hinaus über den bloßen Buchstaben des Lehrplans.

Im vergangenen Jahr ist ihr zweiter Roman „Atemlose Stille“ erschienen, im kommenden Jahr soll eigentlich der dritte kommen. Noch ist Messal nicht sicher, ob sie das schaffen kann. Denn obwohl sie für das Schreiben so gut wie alle Hobbys drangegeben hat, ist und bleibt die Zeit eine Herausforderung.

Keine Anstrengung bereitet ihr dagegen die Frage danach, warum die Deutschen so gerne Krimis mögen. Weil sie blutrünstig sind? Weil sie sich gerne mit dem Grausamen beschäftigen? Beides daneben, findet die Autorin. Ihre überraschende Antwort: „Weil Krimis eigentlich immer eine heile Welt sind.“ Es gebe zwar einen schrecklichen Moment, doch Logik und Ratio besiegen das Böse am Ende unter Garantie. „Das gibt Sicherheit“, glaubt Messal. Je wohlhabender und sicherer ein Land sei, desto mehr Krimis würden gelesen, zitiert sie eine Studie.

Sie selbst findet Krimis schlicht spannend und unterhaltsam. Einer ihrer Lieblingsautoren ist der Norweger Jo Nesbo, der es auch nach elf Romanen noch verstehe, seine Leser hinters Licht zu führen. Damit überrascht er selbst Meike Messal, die beim Tatort im Fernsehen so gut wie immer wisse, wer der Mörder ist: „Wer sich mit der Krimi-Konzeption beschäftigt, erkennt schnell die Muster.“

Bleibt noch die Frage nach der Brutalität. Warum lässt eine so fröhlich wirkende Frau wie sie an Stämme gefesselte Menschen von Autos zerfetzen? So richtig spannend werde es nur, wenn auch Brutalität ins Spiel komme. Es gehe nicht darum, viel Blut spritzen zu lassen, aber eine beängstigende Situation steigere den Kitzel.

Ihr Publikum darf gespannt sein, welche entsetzlichen Mordsgedanken sich Messal dieser Tage macht. Dass es ein Buch für Schwachbesaitete wird, kann als ausgeschlossen gelten.

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