Zeitung im Wandel – Ein Kommentar zum 160. Geburtstag des Mindener Tageblatts

Von Christoph Pepper, Chefredakteur 

Die Zeiten sind schwieriger geworden für die gute alte Tageszeitung. Überall in den westlichen Nationen befinden sich die Auflagen der gedruckten Ausgaben seit geraumer Zeit im Sinkflug. Auch in Deutschland, das noch einen der stabilsten Pressemärkte der Welt aufweisen kann. Die Gründe sind vielfältig und das Internet, von Branchenvertretern gern als Hauptschuldiger ausgemacht, ist nur einer unter mehreren.

Sechs Verlegergenerationen, sechs Titelseiten ihrer Zeit: Illlustration aus unserem Zeitungsartikel zum 160. geburtstag. Repro: MT

Sechs Verlegergenerationen, sechs Titelseiten ihrer Zeit, eingerahmt in Kopf und Fuß unseres Internetauftritts MT.de: Illlustration aus unserem Zeitungsartikel zum 160. Geburtstag. Repro: MT

In Wahrheit hat der Rückgang klassischer Zeitungslektüre bereits vor dem Siegeszug des neuen Mediums eingesetzt, langsam und schleichend, aber dauerhaft. Mindestens genauso folgenreich sind andere Langfrist-Entwicklungen: Demografischer Wandel in Altersaufbau, Siedlungsstruktur und ethnischer Zusammensetzung der Gesellschaft; neue Medienangebote; Wandel im Mediennutzungsverhalten; neue Freizeitformen; abnehmende Organisationsbereitschaft (Vereine, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Großorganisationen können ein Lied davon singen); eine Verschiebung weg von der Schrift- hin zu einer Bildkultur.

Das alles und noch viel mehr hat Einfluss auf das Bedürfnis der Menschen, sich über die Welt im Allgemeinen und die Nachbarschaft im Besonderen in einem gedruckten Periodikum zu informieren. Weshalb sich die Zeitung darauf einstellen muss. Mit ihrem journalistischen Angebot und ihrer Themenwahl. Aber auch in ihren Vertriebskanälen, Gestaltungsformen und nicht zuletzt in ihrer redaktionellen und technischen Organisation.

Wir beim MT versuchen, unsere Hausaufgaben zu machen, gedruckt und online. Wir suchen das Gespräch mit der Region, mit unseren Leserinnen und Lesern. Wir entwickeln unsere Angebote weiter. Bei all dem bleiben wir – altmodisch und doch ganz modern – Journalisten, die ihren Auftrag erfüllen: Unseren Leserinnen und Lesern zu berichten. Zu recherchieren, Hintergründe zu erläutern, Standpunkte zu beziehen. Gern liefern wir denen, die das auf Papier lesen und sehen wollen, täglich eine gute gedruckte Zeitung ins Haus. Dass wir inzwischen fast 3000 zahlende Leser auch mit digitalen Produkten versorgen dürfen, stimmt uns optimistisch.

Dass es für Minden und seine Nachbarn Porta Westfalica, Petershagen und Hille eine eigenständige, publizistisch wie wirtschaftlich und produktionstechnisch vollkommen unabhängige Zeitung gibt, ist nicht selbstverständlich. Nur noch eine Handvoll Traditionsverlage dieses Schlages und dieser Größenordnung existieren in Deutschland. Für die Region ist ein eigenes Medium, hier gemacht von Menschen von hier für die Menschen von hier, ein Standortvorteil, dessen Bedeutung sie sich nicht immer bewusst ist. Wir jedenfalls sind bei aller gebotenen Bescheidenheit stolz darauf, unseren Teil zum Funktionieren der Bürgergesellschaft beitragen zu dürfen. Wir können das nur, weil unsere Leserinnen und Leser uns vertrauen. Dieses Vertrauen wollen wir uns, täglich aufs Neue, mit einer guten Zeitung verdienen. Kritik hilft uns dabei. Ab und zu ein wenig Anerkennung auch.

Artikel zum Jubiläum: Die Zeitung von hier: 160 Jahre Mindener Tageblatt

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