E-Mail an Tabea Rößner MdB (Die Grünen)

Sehr geehrte Frau Rößner,

danke, dass Sie in Ihrer heutigen Plenarrede Notiz vom Schicksal des “Vlothoer Anzeigers” genommen haben. Ein wenig betrübt bin ich allerdings, dass Sie – immerhin eine Journalistenkollegin – uns als “pleite” bezeichnet haben.

Tabea Roeßner MDB (Grüne). Foto: © Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen / Stefan Kaminski

Das sind wir ganz und gar nicht. Wir haben auch weder unsere journalistischen noch unsere wirtschaftlichen Aktivitäten eingestellt. Im Gegenteil, der “Vlothoer Anzeiger” ist quicklebendig. Täglich erscheinen auf unserer Website www.vlothoer-anzeiger.de neue lokal recherchierte Artikel, täglich informieren wir über unsere Kanäle auf Facebook und Twitter, jeden Samstag gibt es zudem eine umfangreiche gedruckte Zeitung mit einem hohen redaktionellen Anteil.

Als Beispiel für das “Zeitungssterben” taugen wir also nicht wirklich. Ich würde mich freuen, wenn wir Ihren diesbezüglichen Kenntnisstand (beziehungsweise den Ihrer Mitarbeiter) insofern korrigieren könnten.

Mit herzlichen kollegialen Grüßen

Christoph Pepper
Chefredakteur VLOTHOER ANZEIGER / MINDENER TAGEBLATT

Plenarrede von Tabea Roeßner (GRÜNE) am 21.11.2012

3 thoughts on “E-Mail an Tabea Rößner MdB (Die Grünen)

  1. Jürgen Schnake

    Ein Anruf im Büro von Frau Rößner macht einiges klarer. Imho wurde dort journalistisch sauber gearbeitet. Zwei Quellen, eine davon das Formatt-Institut, weisen aus, dass der VA seine “Hauptredaktion geschlossen” habe – genau das, was Frau Rößner in ihrem Vortrag auch sagt. Über die Definition einer Tageszeitung kann man allerdings trefflich streiten – und die Entwicklung des VA in den letzten Monaten riecht nicht grad’ nach Gipfelstürmerei…

  2. Tabea Rößner

    Sehr geehrter Herr Pepper,

    zunächst: Ich freue mich tatsächlich sehr, dass meine Rede auch außerhalb des Bundestags Zuhörer gefunden hat. Das ist am Ende einer Generaldebatte nicht selbstverständlich, bei diesem Thema aber so bitter nötig.

    Von (ehemaliger) Journalistin zum amtierenden Journalisten aber einen Hinweis: Ist es nicht auch journalistische Pflicht vollständig zu zitieren? Der Originalwortlaut meiner Rede war: “Vlothoer Anzeiger. Deister-Leine-Zeitung. Abendzeitung Nürnberg. Das sind nur drei der elf Zeitungen, die seit 2009 pleite gegangen sind oder ihre Hauptredaktionen geschlossen haben.” Ich habe den “Vlothoer Anzeiger” nicht als pleite bezeichnet, sondern gesagt, dass hier die Hauptredaktion geschlossen wurde, so wie es sich von Außen darstellt. Ich beziehe mich dabei nicht nur auf die Webpräsenz des Anzeigers im Vergleich zum Mindener Tageblatts, sondern auch auf eine Studie des renommierten formatt-Instituts sowie einen Artikel aus dem DJV-Fachmagazin “Der Journalist”. Demnach wurde die Tageszeitung “Der Vlothoer Anzeiger” eingestellt. Die Redaktion ging im Mindener Tageblatt auf, das nun auch die lokalen Artikel recherchiert.

    Ob nun die Sonntagsausgabe eine “umfangreich gedruckte Zeitung mit einem hohen redaktionellen Anteil” (Ihr Zitat) oder ein “wertiges Anzeigenblatt” ist (Zitat des ehemaligen Redaktionsleiter des Vlothoer Anzeigers, Oliver Plöger im “Journalist”), entzieht sich aufgrund der regionalen Distanz meiner Kenntnis. Gerne können Sie uns eine Ausgabe zukommen lassen, damit gegebenenfalls mein Wissensstand bzw. der meiner MitarbeiterInnen aktualisiert wird.

    Wenn wir damit die Interpretation des Status-Quo beim Vlothoer Anzeiger geklärt haben, würde mich Ihre Meinung zum Rest meiner Rede interessieren, die vor allem Ihre Branche, also die lokalen und regionalen Zeitungen im Fokus hatte. Wie sehen Sie denn die Zukunft des Qualitätsjournalismus im Lokalen?

    Mit freundlichen Grüßen
    Tabea Rößner

  3. Christoph Pepper (MT)

    Liebe Frau Rößner,

    danke für Ihre freundliche Antwort. Auch wenn ich keine Wortklauberei betreiben will (was zugegebenermaßen nicht nur unter Journalisten ein beliebtes Spiel ist): auch das vollständige Zitat gibt die Situation beim Vlothoer Anzeiger nicht richtig wieder.

    Geschlossen wurde das örtliche Redaktionsbürogebäude, keine „Hauptredaktion“ – ich wüsste nicht, was das beim Vlothoer Anzeiger gewesen sein sollte . Vermutlich weiß es das Formatt-Institut. Die komplette Redaktion, also alle beim Vlothoer Anzeiger tätigen Journalisten, ist von dort aus in die Räume unserer Mindener Hauptredaktion (insofern, als es unsere einzige ist) gewechselt, von wo aus sie den täglich mehrfach lokal aktualisierten Online-Auftritt, unsere Netzwerk-Kanäle wie Facebook und Twitter sowie die samstags erscheinende Print-Ausgabe (morgen 32 Seiten, davon 14 Seiten Lokales) betreut.

    Ob der von Ihnen zitierte Kollege Plöger, der auch heute noch die Vlotho-Berichterstattung betreut, diese Ausgabe immer noch als „wertiges Anzeigenblatt“ bezeichnen würde wie in einer ersten Reaktion gegenüber dem „Journalist“ unmittelbar nach Bekanntgabe der Verlagsentscheidung, müssen Sie ihn selber fragen. Ich persönlich habe den Eindruck, dass er mit seiner anspruchsvollen journalistischen Aufgabe ganz zufrieden ist.

    Damit Sie sich einen eigenen Eindruck verschaffen können, lasse ich Ihnen gern ein paar Exemplare zugehen. Selbstverständlich sind Sie auch jederzeit bei http://www.vlothoer-anzeiger.de willkommen, wo es übrigens die jeweilige Print-Ausgabe zusätzlich als E-Magazin gibt; wenn Sie wollen, auch in einer für Smartphones optimierten Mobil-Fassung.

    Die Zukunft des Qualitätsjournalismus im Lokalen sehe ich übrigens optimistisch und positiv. Wenn Sie sich hier im Blog ein wenig umsehen, werden Sie verschiedene Beiträge dazu finden. Unter anderem den, in dem ich über die geplanten Investitionen in unser „Projekt 2014“ berichte, mit dem sich die gedruckte Zeitung wie ihre digitalen Aktivitäten den Herausforderungen des Medienwandels stellt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Christoph Pepper

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