Das Bürger-Bündnis Minden (BBM) möchte die Stadtpolitik verändern, hat aber nur einen Sitz. Was motiviert Claudia Herzinger-Möhlmann? (#200in365, No.58)

Stadträtin Claudia Herzinger-Möhlmann und Vorsitzender Anton Dschida wollen Minden mit
intensiver kommunalpolitischer Arbeit nach vorne bringen. Mit nur einem Sitz im Stadtrat ist
das allerdings ein schwieriges Unterfangen.MT-Foto: Benjamin Piel

Den Finger in die Wunden von Stadtrat und Verwaltung legen: Das will das Bürger-Bündnis Minden (BBM). Wenn Vorsitzender Anton Dschida etwas kann, dann mit den Wunden anderer so umgehen, dass sie die Schmerzpunkte nicht vergessen. Wenn sich Krusten bilden, fährt Dschida die Nägel aus und kratzt los. Er meint, die Stadt so voranbringen zu können.

Dschida ist ein streitbarer Mann. Gibt es Meinungsverschiedenheiten, dann schweigt er nicht. Er benennt seinen Ärger, wenn ihn welcher drückt. Nicht jeder dürfte das lustig finden, aber zumindest ist es nicht langweilig. Das war schon so, als der Versicherungsunternehmer mit anderen für die Wiedereröffnung des Sommerbads kämpfte. Er war Geschäftsführer des Vereins, der das Bad damals pachtete und seitdem betreibt.

2009 hat BBM zum ersten Mal an der Kommunalwahl teilgenommen und zwei Plätze errungen. „Bürgernahe Politik in der Mitte des politischen Spektrums“, so beschreibt Dschida die Position seiner Gruppe. Er sieht sie als unabhängig von den beiden großen Fraktionen der SPD und der CDU an. Bei der jüngsten Kommunalwahl hat das BBM einen Sitz im Rat verloren. Seitdem sitzt nur noch Claudia Herzinger-Möhlmann im Rat. Ihr ist es wichtig, sich tief in die anliegenden Themen einzuarbeiten. „Mitschwimmen und Wackeldackel ist nicht unsere Sache“, sagt sie. Sie will nachhaken, auch gegen den Widerstand

Den Kurs, Themen möglichst zügig durchbringen zu wollen, kann sie nicht verstehen. Sie hat den Eindruck, dass einige Ratskollegen genervt sind, wenn sie mal wieder alles ganz genau wissen will. Die studierte Biotechnologin bemängelt, dass ihrer Wahrnehmung nach nicht mehr als zehn Ratsleute einen Haushalt tatsächlich lesen können: „Ich würde mir wünschen, dass alle wissen, was sie da eigentlich entscheiden.“ Weil es nicht so sei, entstehe für sie der Eindruck, dass die Mehrheit des Rates Schwierigkeiten habe, seiner Verantwortung nachzukommen, die Verwaltung angemessen zu kontrollieren.

Woher kommt der Ehrgeiz, die Aufgabe so zeitaufwendig zu betreiben, obwohl das Bündnis keine Durchschlagskraft hat? „Ich finde Politik spannend, liebe Zahlen und so arbeite ich in meiner Freizeit den Haushalt durch“, antwortet Herzinger-Möhlmann, die sich für mehr Frauen in der Kommunalpolitik einsetzt. Ihr Kollege Dschida hält Fundamentalkritik für notwendig. Parteibücher seien „Gift für die Kommunalpolitik“, weil der Fraktionszwang Mehrheiten schaffe, die gar nicht zustande kämen, würden die Ratsmitglieder allein gemäß ihrem Gewissen entscheiden. Eine Einschätzung, die einige Vertreter von SPD und CDU nerven dürfte. Und genau das ist das Ziel.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur

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