Monthly Archives: März 2018

KTG-Projektkurs Medien zu Besuch in der MT-Redaktion

Nadine Conti (stehend) diskutierte mit Schülerinnen und Schülern der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule über das Thema seriöse Nachrichten und “Fake News”. Foto: chp

Junge Gäste in der MT-Redaktion: Zwölf Schüler der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule Minden waren zu Besuch beim MT. Die Neuntklässler beschäftigen sich gerade in einem Projektkurs mit dem Thema Medien. Beim MT ging es vor allem darum, wie man Informationen auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft. Was ist eine seriöse Quelle? Was unterscheidet eine professionelle Redaktion von anderen Nachrichtenverbreitern zum Beispiel in sozialen Netzwerken? Wie geht man mit Fake News um? MT-Redakteurin Nadine Conti klärte auf und berichtete unter anderem von den Erfahrungen während der sogenannten „Flüchtlingskrise“.

“Man merkt der Zeitung an, dass sie nicht vom Schreibtisch aus gemacht wird”

Die Blattkritik in der Frühkonferenz kam am Donnerstagmorgen von Johanna Steinlen und Sophie Richter. Die Teilnehmerinnen der Jona-Basisakademie, die derzeit beim Mindener Tageblatt stattfindet (siehe Text), hatten eine lange Liste von Anmerkungen mitgebracht. Foto: Rogge

“Die Überschrift auf der Titelseite ist ohne Hintergrundwissen unverständlich, zumindest aber unklar. Auch die Unterzeile hilft da nicht weiter”. Für die Redaktion des Mindener Tageblatts ist sie Routine, für Johanna Steinlen und Sophie Richter war sie das nicht: Die morgendliche Blattkritik in der Frühkonferenz  übernimmt in der Regel die Chefredaktion. Am Donnerstag trugen die beiden Nachwuchsjournalistinnen vor, was ihnen in der Print-Ausgabe vom Tag gefallen hatte – und was nicht. Dabei übermittelten sie auch Anmerkungen der anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der aktuell im Verlagsgebäude stattfindenden Basisakademie der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Schon beim Frühstück hatten die 15 Nachwuchsjournalisten wie schon täglich seit der vor vier Wochen angelaufenen Seminarvorbereitung die Zeitung intensiv studiert, und waren dementsprechend mit einer langen Liste an Anmerkungen und Kritik angetreten. Lob und Anerkennung gab es aber auch. Mit den Vertretern der Redaktionen diskutierten die jungen Kolleginnen über Überschriften, Bildunterzeilen, Formulierungen und Fehler, aber auch über die Gestaltung von Artikeln und Seiten. Über ein Lob freuten sich die anwesenden Redaktionsangehörigen besonders: Man merke der Zeitung an, dass sie nicht vom Schreibtisch aus gemacht werde, gaben die Gast-Kritikerinnen ihren Eindruck wieder.

Alle Teilnehmer der Basisakademie werden im Zuge der Print-Ausbildung (es gibt auch noch eine Hörfunk-Woche) selbst jeweils einen Bericht und eine Reportage verfassen. Die Themen wurden am Sonntagabend auf einer gemeinsamen Konferenz mit der MT-Redaktion vereinbart. Die ersten Artikel der Stipendiaten werden in den nächsten Tagen ihren Weg in die Zeitung finden – dann werden sie sich selbst der Blattkritik stellen müssen.

Übrigens: Wie es dazu kam, dass die von der Redaktion spätnachts im Zuge der zahlreichen Aktualisierungen rund um die Hille-Berichterstattung tatsächlich geänderte Überschrift (Von Dritte Leiche gefunden” zu “”Zwei weitere Leichen”) nur noch ihren Weg in die Digitalausgabe fand, aber nicht ,mehr in die Printausgabe – das konnte in der Frühkonferenz noch nicht geklärt werden.

Von Jan Henning Rogge, Digital-Redaktion und Ausbildungsredakteur

“Pulse of Europe” ausgezeichnet: Der “Bürgerpreis der deutschen Zeitungen” geht auch ein bisschen nach Minden

So sah es bei der Premiere der “Pulse of Europe”-Bewegung auf dem Markt in Minden aus. Archiv-Foto: Langenkämper

Zu einem kleinen Teil geht der “Bürgerpreis der deutschen Zeitungen” in diesem Jahr auch nach Minden. Die Chefredakteurs-Jury stimmte für Sabine und Dr. Daniel Röder, deren Idee „Pulse of Europe“ im vergangenen Jahr zu einer Bewegung in mehr als 100 Städten – darunter Minden – in 20 europäischen Ländern wurde. Damit folgte die Jury einem Vorschlag der „Frankfurter Neuen Presse“ und des „Kölner Stadt-Anzeigers“. Der Preis wurde gestern in Berlin an das Ehepaar aus Frankfurt übergeben.

Das Engagement der Juristen Sabine und Daniel Röder begann mit einem doppelten Schock: Die Briten hatten sich für den Brexit entschieden, die US-Amerikaner Monate später Donald Trump zum Präsidenten gewählt. Und in einem Haus in Frankfurt saß damals, in der Nacht vom 8. auf den 9. November 2016, das Ehepaar Röder und verstand die Welt nicht mehr. „Wir waren ernsthaft besorgt“, sagt Sabine Röder. „Wir mussten etwas machen“, ergänzt Daniel Röder. Noch während die Welt sich einen Reim auf Donald Trump zu machen suchte, setzte er sich an seinen Laptop und schrieb Mails an Freunde und Bekannte. Die Röders sahen Europa in Gefahr. Das war der Anfang von „Pulse of Europe“.

Heute sind die Röders bekannt im ganzen Land. Was im Dezember 2016 mit Freunden und Bekannten auf dem Goetheplatz als Happening begann, entwickelte sich wie ein Schneeballsystem. Bereits im Frühjahr 2017 besuchten gut 6000 Teilnehmer die Kundgebungen der proeuropäischen Bewegung in der Frankfurter Innenstadt, immer wieder sonntags. „Wir demonstrieren für etwas, wir protestieren nicht gegen etwas“, sagt Daniel Röder, als es um die zehn Grundthesen geht, denen sich die „Pulse“-Demonstranten verschrieben haben. Freiheit ist darin das Schlüsselwort, Reformen werden darin allgemein gefordert, jeder ist darin aufgerufen mitzumachen. „Wir überlassen die konkreten Reformen denen, die dafür zuständig sind“, sagt Sabine Röder. Öffentliche Stellungnahmen dienen einzig dazu, der „Politik ein bisschen mehr auf die Finger zu klopfen“, ergänzt ihr Mann. „Aber dabei bleiben wir unabhängig und überparteilich.“

Daniel Röder ist Vorsitzender des für „Pulse“ gegründeten Vereins, zwei Hauptamtliche sind für ihn mittlerweile tätig, finanziert durch Spenden. Sabine Röder arbeitet zurzeit auf Sparflamme, die Familie verzichtet fast auf ein komplettes Gehalt. Die Wertekoordinaten haben sich verschoben, seit sie an sich diese neue Seite kennengelernt haben. „Pulse gibt uns unheimlich viel zurück“, sagt Sabine Röder.

Aber es gibt auch bösen Gegenwind: Die Röders erhalten Hassmails, als „Vaterlandsverräter“ werden sie beschimpft. „Am nächsten Laternenpfahl sollte man euch aufhängen.“ Solche Sachen stehen da geschrieben. „Ich versuche, das gar nicht mehr wahrzunehmen“, sagt Sabine Röder.

Im April 2017 schlug der Puls Europas zum ersten Mal in Minden, zwei Veranstaltungen folgten. Mehrere Akteure hatten sich zu einem Netzwerk zusammengefunden. Jochen Klostermeyer, Gottfried Kasel und Matthias Lehmann stießen auf einer Feier auf das Thema, Hans-Georg Stremlau machte seinen Sorgen um Europa in einem Leserbrief an das MT Luft und die Journalistin Tara Schuch stieß auf ihrer Suche nach Mitstreitern auf die Menschen, die später die Pulse of Europe-Bewegung nach Minden brachten.

Von Henning Wandel, stv. Leiter Lokalredaktion, mit Material vom BDZV

 

Siehe auch “Eine Bewegung aus der Mitte der Gesellschaft: Bericht von der Verleihung” des Bürgerpreises”