Interview mit Kirstin Korte: “Landrätin – das kann ich nicht” (#200in365, No.32)

Kirstin Korte während einer Rede im Düsseldorfer Landtag. (© Foto: pr)

Wer ein Gemälde mit einem Sujet konservativer Prägung plant und nach jemandem sucht, der ihm Porträt sitzt, der würde in Minden eine Frau finden, auf die die optischen Anforderungen für dieses Vorhaben vollumfänglich zutreffen. Die Landtagsabgeordnete Kirstin Korte (CDU) vereint viele konservative Klischees auf sich. Optisch, aber auch inhaltlich. Sie ist keine der jungen Hippen wie Diana Kinnert, die es in der CDU auch gibt. In einer leichten Situation ist Korte (CDU) nicht. Zum zweiten Mal ist sie im vergangenen Jahr nur über die Landesliste in den Landtag eingezogen. Der Landtagswahlkreis Minden-Lübbecke II ist fest in der Hand der SPD. Freilich ist der Abstand zur SPD-Kandidatin von knapp 20 Prozentpunkten im zurückliegenden Jahr auf unter zehn Prozentpunkte zurückgegangen. Trotzdem: Die Landtagsabgeordnete mit Direktmandat ist eine SPD-Frau, der Mindener Bürgermeister ein Sozialdemokrat, der Landrat auch. Wie fühlt es sich an, in der rot geprägten Heimat als Christdemokratin Politik zu machen?

Eine Schwarze unter all den Roten – wie ist das und warum ist und bleibt die Situation relativ festgefahren?

Kirstin Korte: Das ist politisch sicherlich nicht immer ganz leicht, aber auch ein Ansporn. Die Akteure haben sich bei der SPD wie bei der CDU verändert, auf die allein kann man es nicht schieben. Die Menschen in Ostwestfalen sind allerdings sehr bodenständig, sehr traditionell, es gibt viele Stammwähler. Viele tun sich schwer mit Veränderungen, das Festungsdenken in Minden aufzuweichen ist schwierig.

Was für eine Rolle hat die CDU in der Region?

Das ist in der Stadt anders als auf Kreisebene. In der Stadt Minden geht es darum, die Interessen und Vorstellungen der CDU wahrnehmbar zu machen. Im Kreis ist die Gemengelage sehr unterschiedlich. Der Altkreis Lübbecke ist klassisch CDU-orientiert. Denn in ländlicheren Gebieten gibt es traditionell eine stärkere CDU-Affinität. Im Altkreis Minden sieht es anders aus, da dominieren die Sozialdemokraten.

Nehmen wir mal an, der ganze Kreis würde mit einem Mal schwarz – was wäre dann besser?

Die CDU würde sehr viel stärker die Entwicklung der Wirtschaft in den Blick nehmen. Auch das touristische Potenzial ist bisher nicht annähern komplett ausgeschöpft. Warum sind so viele Menschen in diesem Teil Ostwestfalens nicht in der Lage zu sehen und anzuerkennen, in was für einer wunderbaren Region wir leben? Diese Meckerei ist unerträglich. Es wäre so viel möglich, wenn das Selbstbild ein anderes würde. Dazu könnte die CDU einiges beitragen.

Wie sehr freut es sie, dass Landrat Ralf Niermann von der SPD bei der Wahl 2020 nicht mehr antreten wird?

Dass Dr. Ralf Niermann und mich nicht die ganz große Sympathie verbindet, ist bekannt. Unser Umgang miteinander ist allerdings von großer Sachlichkeit geprägt. Das finde ich gut. Der Zeitpunkt der Entscheidung hat mich überrascht, die Tatsache als solche nicht. Die Stimmung gegenüber dem Landrat innerhalb der SPD war schon vor dem Kommunikationsdesaster um den geplanten Umbau der Mühlenkreiskliniken angespannt. Die Situation hat sich durch die riesige Kommunikationspanne aber immer mehr zugespitzt und insofern kann ich die Entscheidung strategisch völlig nachvollziehen. Es bringt aber auch Probleme mit sich. Zwei Jahre lang wird niemand an das Thema Klinik mehr rangehen. Dabei wären Veränderungen dringend erforderlich, um die Kliniken dauerhaft zukunftsfähig aufzustellen. Wenn wir dieses Ziel nicht schaffen, dann bekommen wir in absehbarer Zeit echte Probleme, die am Ende auf die Qualität der medizinischen Versorgung im Kreis Minden-Lübbecke durchschlagen. Dass diese Situation entstanden ist, macht mich ein bisschen bitter.

Für die CDU kann die Kommunalwahl 2020 eine große Chance sein. Es ist schließlich etwas ganz Anderes, ob ein Herausforderer gegen einen Amtsinhaber und damit gegen ein bekanntes Gesicht antritt oder ob zwei frische Kandidaten gegeneinander antreten. Sie selbst sind ein bekanntes Gesicht in der Region.

Haben Sie mal auf mein Alter geschaut?

Joachim Gauck ist mit 72 Jahren Bundespräsident geworden.

Unabhängig vom Alter: Hauptamtliche Landrätin zu sein bedeutet ja nicht nur Repräsentieren, sondern eine große Verwaltung mit einer Vielzahl von Aufgabengebieten gut zu führen. Da bin ich selbstkritisch genug – das kann ich nicht. Das habe ich immer gesagt und mich immer dagegen gewehrt als Kandidatin ins Rennen um den Landratsposten zu gehen. Ich bin kein Mensch, der Verwaltung kann und der Verwaltungsanteil ist in der Position verflixt hoch. Im Landtag nun nicht mehr auf der Oppositionsbank zu sitzen, sondern auf der Gestalterseite mitzuwirken, darüber freue ich mich unbändig. Das will ich mindestens bis zum Ende der Legislatur 2022 machen.

Aber einer muss es ja machen und nur mit einem überzeugenden Kandidaten wird die CDU eine Chance haben.

Die Jüngeren sollen ihre Chance im Kreis bekommen. Für uns ist es natürlich sehr wichtig, einen guten Landratskandidaten zu finden. Es muss jemand sein, der sich in Verwaltungsthemen auskennt, der ein hohes intellektuelles Niveau hat, der Angriffe in der Öffentlichkeit aushalten kann, der gestalten will, der bereit ist, seine Familie ein Stück weit hintanzustellen. Gespräche gibt es schon eine ganze Zeit. Allerdings: Die Herausforderungen sind nicht von Pappe. Das macht es nicht einfach, ist aber auch faszinierend.

Werden Sie denn 2022 erneut als Landtagskandidatin antreten?

Zu meiner weiteren politischen Laufbahn äußere ich mich derzeit nicht. Dafür sehe ich keinen Handlungsbedarf.

Zur Person
Kirstin Korte machte 1975 in Minden Abitur und arbeitete als Grundschullehrerin in Dankersen. 1999 wurde die 62-Jährige Mitglied des Kreistages. Bei der Landtagswahl 2012 zog sie über den Listenplatz der CDU in den Landtag Nordrhein-Westfalens ein. Auch im Jahr 2017 kam Korte nicht über ein Direktmandat in das Düsseldorfer Parlament, sondern rücke für Andrea Milz nach, die Staatssekretärin wurde. Korte ist Kreisvorsitzende der CDU und erste stellvertretende Landrätin.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur

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