Daily Archives: 18. Oktober 2018

In Deutschland lesen 62,7 Millionen Menschen regelmäßig Zeitung: Reichweite steigt auf 89 Prozent

Die Gesamtreichweite der Zeitungen steigt weiter an: Neun von zehn Deutschen über 14 Jahren (89 Prozent) nutzen regelmäßig die gedruckten und digitalen Angebote der Zeitungen. Während die Printtitel von 59,7 Prozent beziehungsweise 42 Millionen Menschen gelesen werden, nutzen 67,1 Prozent (47,2 Millionen) das Digitalangebot.

Zusammen erreichen die Zeitungsmarken mit ihren gedruckten Blättern (Leser pro Ausgabe, LpA) und Digitalauftritten (Nutzer pro Monat, NpM) 89 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren. Das zeigt eine Sonderauswertung der ZMG Zeitungsmarktforschung Gesellschaft aus der Markt-Media-Studie best for planning (b4p 2018 I).

„Der Blick auf die Gesamtnutzung der Zeitungen unterstreicht einmal mehr ihre starke Stellung. Die enorme Reichweite bestätigt, dass die Zeitungsmarken auf allen Kanälen als verlässliche Informationsquelle gefragt und etabliert sind. Gerade die steigende Zeitungsnutzung über Desktop, Mobile und Apps zeigt, wie gut die Zeitungen mit ihrer breiten Angebotspalette auch neue Nutzungsgewohnheiten bedienen“, kommentiert Katrin Tischer, Geschäftsführerin Märkte beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), die Ergebnisse.

Für die Berechnung der Netto-Reichweite zählt die ZMG jeden Leser nur einmal, egal wie oft oder über welchen Kanal er die Zeitung genutzt hat. Tatsächlich kombiniert die Mehrzahl der Leser inzwischen die gedruckte mit der digitalen Lektüre: Bundesweit haben die ausgewerteten Zeitungen 43 Prozent Nutzer, die sowohl eine gedruckte als auch eine Digitalausgabe lesen. 33 Prozent lesen ausschließlich digital, 24 Prozent nur gedruckt.

88,7 Prozent Reichweite bei den jungen Lesern

Mit der Nettoreichweite aus Print und Digital gewinnen die Zeitungen gegenüber der reinen Printreichweite 29,3 Prozentpunkte. Das sind 20,7 Millionen zusätzliche Nutzer pro Monat. Dieses Reichweiten-Plus gilt für alle Zielgruppen, ist aber besonders signifikant bei den Jugendlichen. 88,7 Prozent der 14- bis 29-Jährigen sind Zeitungsleser – und zwar bevorzugt via Smartphone. Bei der jüngsten Zielgruppe gewinnen die Zeitungen mit ihren Digitalauftritten monatlich 7,9 Millionen Nutzer. Das entspricht einer Zunahme um 153 Prozent gegenüber der Printreichweite.

Quelle: BDZV

Die Gewinner des Fotowettbewerbs „Blende 2018“ stehen fest. Überzeugt haben dieses Jahr vor allem Hobbyfotografen, die einen Blick fürs Außergewöhnliche haben

“Glühende Pilze”: Mit diesem Foto landet Karsten Simon auf Platz 1 der Blende. (© Foto: Karsten Simon)

Für ein gutes Foto quält sich Karsten Simon auch mal vor Sonnenaufgang aus dem Bett. Dann fährt er hoch zum Kaiser-Wilhelm-Denkmal oder auch zum Hermannsdenkmal nach Detmold. Für das Gewinnerbild (Seite 1) des diesjährigen Fotowettbewerbs „Blende 2018“ musste der 46-Jährige jedoch nicht schon im Dunkeln los. Es entstand direkt in seinem Garten.

Die „Glühenden Pilze“ – so der selbstgewählte Titel des Fotos – stachen ihm direkt ins Auge. Sein Smartphone hielt er extra tief und fing so den Moment stimmungsvoll ein. Das Licht, der Bildaufbau und die interessanter Perspektive überzeugte die MT-Jury, bestehend aus Herausgeber Christoph Pepper, den Fotografen Alex Lehn (MT) und Boris Roessler (Deutsche Presse-Agentur) sowie Digital-Redakteurin Nadine Schwan.

Der Farn hat es ihm angetan: Hobbyfotograf André Eichhoff erinnert er an Neuseeland. (© Foto: André Eichloff)

415 Bilder wurden der Redaktion dieses Jahr für den Fotowettbewerb „Blende“, den das MT mit Prophoto (Gesellschaft zur Förderung von Fotografie und Videografie) ausgeschrieben hat, eingereicht. Dabei gab es zwei Kategorien: „Welt der kleinen Dinge“ und „Das bewegt mich“ für Hobbyfotografen bis 18 Jahre.

Den zweiten Platz in der Kategorie „Welt der kleinen Dinge“ belegt André Eichloff aus Minden. Der 50-Jährige ist leidenschaftlicher Hobbyfotograf und hat den Sieg seiner Ehefrau Tanja zu verdanken. „Sie hat mich überredet mitzumachen“, sagt er. Eigentlich seien sogenannte HDR-Fotos (Bilder mit hohen Kontrasten) seine Spezialität mit seinem Foto „Farn Lebt!“ beweist Eichloff, dass er aber auch anders kann. Der Blick fürs Außergewöhnliche hat der Jury hier besonders gefallen. „Der Farn hat es mir einfach angetan, er erinnert mich an Neuseeland. Dort war der Farn riesig“, sagt der 50-Jährige. Entstanden ist das Foto aber nicht auf der Insel, sondern bei einem Besuch in einem Botanischen Garten in Dortmund.

Klare Linien: „Unterwegs in Hamburg“ landet auf dem ersten Platz im Jugendwettbewerb. (© Foto: Levin Sackhoff)

Anja Gallathe hat die Jury mit ihrem Maikäfer-Bild überzeugt und landet auf Platz drei. Den kleinen Kerl hat sie gut in Szene gesetzt und sich dabei aufs Wesentliche konzentriert. „Der Maikäfer saß ganz lange in unserem Garten auf dem Zaun und ließ sich die Flügel von der Sonne trocknen“, sagt die 47-jährige Mindenerin, die besonders gerne Fotos von Tieren, Landschaften und ihren vier Kindern macht.

Das Foto „Fokus auf das Ziel…“ entstand in Oschersleben. Foto: Gina Maria Tarrach (© Copyright: www.motor-sport-fotos.com)

Im Jugendwettbewerb mit dem Motto „Das bewegt mich“ hat Levin Sackhoff die Nase vorn. Mit seinem Foto „Unterwegs in Hamburg“ belegt er den ersten Platz. Vor allem technisch ist das Bild gut umgesetzt, aber auchder Blickwinkel stimmt, so das Urteil der Jury. Aufgenommen hat es der 15-jährige Petershäger bei einer Städtetour in Hamburg. „Wir sind viel U-Bahn gefahren und ich habe mir beim Warten die Zeit mit fotografieren vertrieben“, sagt er. Levin Sackhoff ist in der Region übrigens kein Unbekannter. Das MT berichtete schon mehrfach über den Nachwuchsfotografen und auch der WDR besuchte den Schüler bereits.

Die ungewöhnliche Kombination hat überzeugt: Hochwasser bei Nacht. (© Foto: Linus Böttjer)

Auf Platz zwei landet dieses Jahr Linus Böttjer aus Minden mit seinem Foto „Hochwasser an der Weser“. Der 18-Jährige nahm das Bild in einer kalten Januar-Nacht auf. Er war gerade mit einem Freund unterwegs und hatte seine Kamera dabei. Seit vier Jahren fotografiert der angehende Landschaftsgärtner schon – besonders gerne Stillleben und Natur.

Gina Maria Tarrach belegt mit ihrem Foto „Fokus auf das Ziel…“ Platz drei. Ihr Foto entstand bei einem Rennen der Formel 4 in Oschersleben. „Mein Vater macht auch Motorsportfotos und ich bin von klein auf dabei“, sagt die 17-Jährige. Mit ihrem Foto will sie den Moment der Anspannung zeigen, die Aufregung vor dem Start. „Der Blick in den Augen des Fahrers passt zur Stimmung“, sagt sie. Das, und auch der Bildschnitt haben der Jury gefallen.

Schau mir in die Augen: Der Maikäfer hat sich beim Sonnenbad fotografieren lassen. (© Foto: Anja Gallathe)

Übrigens: Auch wenn das MT jetzt die Gewinner bekannt gegeben hat, ganz vorbei ist der Wettbewerb noch nicht: Die besten drei Bilder aus der Kategorie „Welt der kleinen Dinge“ und alle Fotos aus dem Jugendwettbewerb gehen in die bundesweite Endausscheidung und haben die Chance, dort erneut prämiert zu werden.

Die Gewinner

Thema: Welt der kleinen Dinge

1. Karsten Simon (46) aus Minden mit „Glühende Pilze“

2. André Eichloff (50) aus Minden mit „Farn Lebt!“

3. Anja Gallathe (47) aus Minden mit „Endlich Mai!“

Thema: Das bewegt mich

1. Levin Sackhoff (15) aus Petershagen mit „Unterwegs in Hamburg“

2. Linus Böttjer (18) aus Minden mit „Hochwasser an der Weser“

3. Gina Maria Tarrach (17) aus Petershagen mit „Fokus auf das Ziel…“

Mehr zum Thema Fotowettbewerb Blende finden Sie auf MT.de

Von Nadine Schwan, Ressort Digitale Inhalte

Brunhildes Rückkehr: Mit 18 Jahren hatte Ralf Bednarzik Polio. Nun kehrt die Lähmung schleichend zurück. Für Impfgegner hat der Mindener kein Verständnis (#200in365, No. 65)

Das Sitzen funktioniert ganz gut, stehen kann Ralf Bednarzik ohne Gehhilfen inzwischen gar
nicht mehr. Als Kind hatte er Kinderlähmung vom Typ Brunhilde. MT-Foto: Benjamin Piel

Plötzlich war sie wieder da. Ralf Bednarziks Beine knickten ein, er fiel zu Boden. Erst dachte er sich nicht viel dabei. Doch es passierte immer öfter. Die Ärzte fanden nichts. Bis der 80-Jährige sich daran erinnerte, dass er als Jugendlicher an Kinderlähmung gelitten hatte. Ein Arzt in Bielefeld stellte schließlich die richtige Diagnose: Polio-Spätfolgen – die Lähmung kehrt schleichend zurück.

Dass kaum jemand mehr die Kinderlähmung kennt, daran will der Mindener etwas ändern. Was niemand kennt, was niemand sieht, das findet niemand gefährlich. Doch auch wenn es seit 1992 keinen Polio-Fall in Deutschland mehr gegeben hat: Die Gefahr bleibt real, gerade in Zeiten von Globalisierung und Fluchtbewegungen. Zuletzt hatte es Fälle von Kinderlähmung in Syrien und Afghanistan gegeben. Ausgerechnet in Ländern, aus denen Menschen unter anderem nach Deutschland ziehen. Das Tückische: Nur wenige der Infizierten erkranken, alle anderen Infizierten merken zwar nichts davon, verbreiten das hochansteckende Virus aber weiter. Auch deshalb hält es Bednarzik für unverantwortlich, dass es zunehmend Eltern gibt, die Impfungen für ihre Kinder ablehnen. Er erinnert daran, dass es 1961 noch an die 6.000 Polio-Fälle in Deutschland gegeben habe, fünf Jahre später fast keine mehr – allein aufgrund der flächendeckenden Impfungen.

Poliomyelitisviren treten in drei Typen auf und befallen die Nerven im Rückenmark. „Meine heißt Brunhilde“, sagt Bednarzik, „dieser Stamm geht über den ganzen Körper.“ Er sitzt im Wohnzimmer auf dem Sofa und schaut hinunter zu dem steifen Fuß, der in einem dicken Stützschuh steckt. Mit dem kann er wenigstens ein paar Meter gehen. „100 Meter schaffe ich mit den Gehhilfen“, sagt er. – „Aber dann bist du völlig fertig“, sagt seine Frau Ute. Das Bein tut immer weh. „Es ist ein brennender Schmerz, aber da gewöhnt man sich dran“, erzählt Ralf Bednarzik, lacht und winkt ab.

Er gehört nicht zu den Leuten, die sich in ihrem Schicksal wälzen wie in einer Schlammkuhle: „Man muss das Beste daraus machen, es gibt keinen Grund, Trübsal zu blasen.“ Das sagt der Rentner, obwohl er angesichts seiner ungewissen Zukunft sehr wohl Grund hätte, sich zu grämen. Denn weder er noch sein Arzt wissen, wie die Spätfolgen weiter verlaufen werden. Vielleicht bleibt es bei der Lähmung des Fußes, vielleicht versagen mit der Zeit immer mehr Nerven den Dienst und Bednarzik sitzt irgendwann im Rollstuhl. „Dass ich eines Tages die Treppen im Haus nicht mehr schaffe, davor habe ich Manschetten“, sagt er.

Das liegt auch daran, dass er unvorsichtig war. Er und seine Frau sind selbstständig gewesen im Zoo- und Gartenbereich. Schwere Säcke hat er jahrelang geschleppt. Das ist genau das, was Menschen, die an der Kinderlähmung gelitten haben, nicht tun sollten. Er hätte haushalten sollen mit seiner Kraft, um die Nerven zu schonen. Das wusste Bednarzik nicht und arbeitete sein Leben lang auch körperlich hart. Das rächt sich nun. Kraft gibt ihm die Arbeit in der Regionalgruppe Herford/Ostwestfalen-Lippe des Bundesverbandes Poliomyelitis, die er seit zwölf Jahren leitet. Durch eine Fernsehsendung hatte er von der Arbeit des Verbands erfahren. Für die zwölf Mitglieder der Gruppe sei es eine gute Sache, über das Post-Polio-Syndrom reden zu können. Oft geht es um zähe Verhandlungen mit Krankenkassen über Anträge auf E-Rollstühle und andere Hilfsmittel: „Jeder hat dieselben Spielchen.“

Rund 60.000 Menschen, die als Kinder oder Jugendliche Polio hatten, leben in Deutschland. 35 Prozent von ihnen leiden an den Spätfolgen. Viele haben wie Bednarzik eine Mission: „Wir wollen die Bevölkerung aufrütteln, dass sie bloß ihre Kinder impfen lassen.“

Von Benjamin Piel, Chefredakteur