4 Porta Extra
Jede Störung kann tödlich enden
Im Winter müssen wilde Tiere mit ihren Kräften haushalten.
Von Stefan Lyrath
Porta Westfalica. Rehe, Rotwild,
Hasen: In der kalten Jahreszeit
läuft der Stoffwechsel
aller heimischen Wildtiere,
die keinen Winterschlaf halten,
auf Sparflamme, denn
energiereiches Futter ist Mangelware.
Aufschrecken kann
dazu führen, dass durch die
Flucht letzte Energiereserven
verbraucht werden – im
schlimmsten Fall mit tödlichen
Folgen.
Eckhard Bruß, Naturschutzwart
des Kreises Minden-Lübbecke
für Kleinenbremen und
Wülpke, appelliert deshalb an
Spaziergänger und Radfahrer,
die Wege nicht zu verlassen.
Hunde, so Bruß weiter, sollten
in Wald und Feld an der Leine
geführt werden. „Warmblüter
dürfen nicht auskühlen“,
warnt der Naturschutzwart.
„Wenn sie es nicht schaffen,
die Temperatur wieder auszugleichen,
können sie bei Frost
erfrieren.“
Wildvögeln drohen ähnliche
Gefahren. „Heimische Vogelarten,
die zehn bis zwölf
Gramm wiegen, können in
einer einzigen Frostnacht bis
zu zehn Prozent ihres Gewichtes
verlieren“, rechnet Bruß
vor. „Darum ist es wichtig, die
Futterhäuschen regelmäßig
zu beschicken.“ Hinzu
kommt, dass die Bestände ohnehin
schon arg dezimiert
sind. Experten wie der Ornithologe
Prof. Dr. Peter Berthold,
früher Direktor der Vogelwarte
Radolfzell am Bodensee,
tritt deshalb sogar für
ganzjähriges Zufüttern ein.
Dies sei ein wesentlicher Beitrag
zum Vogelschutz.
Zurück zum Wild: Auch
wenn in NRW keine allgemeine
Leinenpflicht herrscht (nur
innerorts), bittet Bruß alle
Hundehalter, ihre Vierbeiner
anzuleinen. „Hunde dürfen
auf den Hauptwegen frei laufen,
wenn sie diese nicht verlassen
und gehorchen. Das
Wild dürfen sie nicht hetzten,
aufstöbern und verfolgen“, erklärt
er.
Hunde sollten auch nicht in
Hecken oder bepflanzten Böschungen
stöbern, denn dort
fänden viele Tiere Schutz.
„Hecken sind schützenswerte
Landschaftsteile“, betont der
Naturschutzwart. „Kaum ein
Lebensraum weist eine so
umfangreiche Artenvielfalt
auf.“
An Autofahrer appelliert
Bruß, auf die Schilder zu achten.
Von Spaziergängern
wünscht er sich, dass sie auf
den Wegen bleiben. Bei kleinen
Hasen betrage die Sterblichkeitsrate
ohnehin schon
80 Prozent. Neben natürlichen
Faktoren wie nasskalter
Witterung oder Beutegreifern
setzt der Wandel der Kulturlandschaft
den Junghasen zu.
Landwirtschaft wird intensiv
betrieben, der Straßenverkehr
nimmt zu, Erholungssuchende
zieht es in die Natur. Im
März kommen die ersten
Junghasen des Jahres zur
Welt.
In den Gärten wird die Nahrungssuche
für Wildvögel im
Winter ebenfalls schwierig.
Holger Hansing vom Verein
Naturschutz und Heimatpflege
Porta (NHP) plädiert deshalb
für eine Zufütterung und
rät zu einem käuflichen Silo,
in dem das Futter nachfällt.
Dies hat den Vorteil, dass die
Futterstelle nicht durch Vogelkot
verschmutzt, was zu
tödlichen Infektionen führen
kann. Silos sollten aber an
einer Stelle stehen, wo sich
keine Katzen unbemerkt anschleichen
können.
Abwechslung ist ebenfalls
wichtig. Körner allein reichen
nicht. „Amseln oder Rotkehlchen
sind zum Beispiel
Weichfutterfresser“, erklärt
Hansing. Obstscheiben auf
Spießen, Rosinen, Haferflocken
oder Kleie werden von
ihnen gern genommen.
Vögel steuern den Futterplatz
regelmäßig an und richten
sich darauf ein, dort etwas
zu finden. „Wenn man anfängt,
muss man es durchziehen“,
betont Hansing. Er empfiehlt,
mit der Fütterung erst
aufzuhören, wenn der Winter
vorbei ist.
„Mit einem naturnahen
Garten hilft man Tieren am
besten“, weiß der Biologielehrer
Holger Hansing. Pflanzen,
Sträucher, Stauden, Totholz
und Laubhaufen bieten Verstecke,
in denen Insekten,
Igel, Kröten oder Eidechsen
Unterschlupf finden. Hansing
plädiert dafür, Pflanzenstängel
erst nach dem Winter
abzuschneiden. Ideal sind
heimische Bäume und Sträucher,
weil deren Beeren und
Samen etwa von Vögeln seit
Jahrhunderten gefressen werden.
Naturschutzwart Eckhard Bruß
ist in Kleinenbremen und Wülpke
unterwegs.
Ganzjähriges Füttern als
Beitrag zum Vogelschutz
Hunde dürfen auf den Wegen frei laufen, sollten aber im Winter aus Rücksicht auf das Wild an der Leine
bleiben. Fotos: Stefan Lyrath