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Petershagen extra 27
Der Vater des „jiddischen Liedes“
Erste deutschsprachige Biografie über Mordechai Gebirtig wurde
in der Alten Synagoge vorgestellt.
Von Ulrich Westermann
Petershagen. Bei der Arbeitsgemeinschaft
Alte Synagoge
Petershagen war der Publizist
und Dokumentarfilmer Uwe
von Seltmann zu Gast. Im voll
besetzten Alten Amtsgericht
stellte er die von ihm verfasste
erste deutschsprachige Biografie
über Mordechai Gebirtig,
den „Vater des jiddischen
Liedes“, vor.
Der Dichter und Liedermacher
wurde am 4. Juni 1942
im Krakauer Ghetto von den
Nationalsozialisten ermordet.
170 seiner Werke haben die
Schoah überlebt. Heute wie
damals sind diese Texte ein
bedeutendes Zeugnis jüdischeuropäischer
Kulturgeschichte.
Weltweit werden sie von
namhaften Künstlern gesungen
und interpretiert. Gebirtigs
bekanntestes Lied
„S`brent“ („Es brennt“), das zu
jedem Holocaust-Gedenktag
angestimmt wird, war während
der NS-Zeit die inoffizielle
Hymne jüdischer Widerstandskämpfer.
Zahlreiche Arbeiten des jiddischen
Dichters hat Uwe von
Seltmann in seinem gleichnamigen
Buch ins Deutsche
übertragen. Bei seiner Recherche
ist es ihm gelungen, aus
Archiven in Europa, Israel
und den USA Neues zum Leben
und Werk des Krakauer
Poeten zusammenzutragen.
Mit Liederbeispielen, Zeitdokumenten,
Fotos und Faksimiles
bietet sein Buch auf
400 Seiten eine faszinierende
Reise ins Jiddischland.
Von Seltmann, Jahrgang
1964, ist seit 2007 als freier
Publizist und Dokumentarfilmer
tätig. In neun Büchern,
die er verfasst oder herausgegeben
hat, geht es in erster Linie
um die familiären, gesellschaftlichen
und politischen
Auswirkungen der NS-Zeit auf
die Gegenwart.
In ihrer Begrüßung wies die
erste Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft
Alte Synagoge
Petershagen, Marianne
Schmitz-Neuland, darauf hin,
dass es schon eine herausragende
Sache sei, den Schriftsteller
Uwe von Seltmann im
Alten Amtsgericht als Gast zu
haben. Mit seinem Buch habe
er Pionierarbeit geleistet und
große Anerkennung erfahren.
In einem Zitat ging sie auf
den italienischen Künstler Rudi
Assuntino ein. Er habe gesagt:
„Wenn die Geschichte
einen anderen Verlauf genommen
hätte und nicht Millionen
Juden vernichtet worden
wären, wäre der jiddische
Dichter Mordechai Gebirtig
heute so populär wie die
Gershwin-Brüder“.
Von Seltmann berichtete,
dass Gebirtig in Krakau mit
Österreich-Ungarn bis 1918,
der polnischen Republik von
1918 bis 1939 und der deutschen
Besatzung bis 1945 drei
politische Zeitabschnitte erlebt
habe. „Gebirtig lebte in
ärmlichen Verhältnissen. Er
war ein aufmerksamer Zeitgenosse
und hat alles festgehalten,
was um ihn herum passierte.
Er sah sich als Sänger
der Not. Jiddisch ist vor etwa
1000 Jahren im Rheinland
entstanden. Es war die Zeit
von Pest und Cholera, verantwortlich
gemacht wurden die
Juden. Die Folge war, dass sie
in den Osten gezogen sind
und dort mit offenen Armen
empfangen wurden“, wusste
der Buchautor.
Der Wortschatz des Jiddischen
bestehe zu 70 Prozent
aus dem Altmittelhochdeutschen.
Dazu kämen 20 Prozent
aus dem Slawischen. Die
Sprache der Bibel sei mit zehn
Prozent vertreten. Jiddischland
kenne keine Grenzen. Als
Beispiel nannte er die Ausdrücke
dufte (gut), malochen
(arbeiten), meschugge (verrückt),
Mischpoke (Familie),
Reibach (Gewinn) und Zoff
(Streit). Gebirtig habe immer
Sehnsucht nach dem „goldenen
Land“ gehabt. „Das konnten
die USA, aber auch Palästina
oder Jerusalem sein. Seine
Melodien und Texte erzählen
von dem Leben in Krakau
und Osteuropa.“
Marianne Schmitz-Neuland und Wolfgang Battermann (Mitte) von
der Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen begrüßten
Uwe von Seltmann. Der Publizist und Dokumentarfilmer signierte
im Alten Amtsgericht sein Buch über den jiddischen Dichter Mordechai
Gebirtig. Foto: Ulrich Westermann
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