20130516.BRUNS.PO.19

Mindener Tageblatt Porta extra Mai 2013

18 Porta extra HOLZHAUSEN Bastlerstolz: Heinz Böhme hat mehrere Dutzend Modelle gebaut, einen Teil präsentiert er hier auf einem Tisch in seinem Garten. Rechts ist der Scotte-Dampfbus zu sehen, an dem Böhme mehrere Jahre gearbeitet hat. MT-Foto: Dirk Haunhorst Ein Bastler braucht keine Reisen Modellbau im Blaumann: Heinz Böhme ist Spezialist für Dampfmaschinen / „Das waren Genies“ Heinz Böhme kann noch ren kann ich nicht“. Besonders fasziniert ihn die Vielseitigkeit seines Hobbys. Da wird gelötet (mal hart, mal weich), gedreht, gefeilt, genietet und gefräst. Materialkunde gibt es bei der Arbeit gewissermaßen inklusive. „Da lernt man schnell, dass Messing nicht gleich Messing ist.“ Heinz Böhme bedauert, dass die Bastler-Szene mit Schwerpunkt Dampfmaschine recht überschaubar ist. Es sei schwierig, in der Nähe Gleichgesinnte zu finden. Dabei betreibt derjenige, der sich mit Dampftechnik auseinandersetzt, sozusagen Grundlagenforschung. Diese Maschinen hätten die weitere technische Entwicklung erst möglich gemacht, betont der 84-Jährige. „Ohne Dampfmaschine gäbe es heute keine Computer.“ Landarbeiter malochen und war als Lkw-Fahrer ständig auf Achse. Als er Anfang der neunziger Jahre in Rente ging, hatte er endlich Zeit für filigrane Handarbeit. Seine Frau dachte eigentlich eher an gemeinsame Reisen. „Ich glaubte, wir hätten nun endlich Zeit dafür“, erinnert sich Erika Böhme mit einem Lächeln. „Aber Reisen interessieren ihn nicht. Das hatte er mir vorher gar nicht gesagt.“ Und so unternahm sie mit dem Kneippverein Touren, während ihr Mann zu Hause blieb, auf den Hund aufpasste und im Blaumann in einer Werkstatt an Modellen schraubte. Heinz Böhme arbeitet nach Zeichnung, „selber konstruie- staunen, selbst mit beinahe 85 Jahren. „Diese Technik aus dem 19. Jahrhundert ist faszinierend“, sagt er. „Das waren damals richtige Genies.“ Und dann versucht er den Besucher in die Geheimnisse der Dampfmaschine einzuführen, erzählt von Zylinder, Kurbelwelle, Ventilen, Einund Auslasszeiten und feinfühliger Steuerung mithilfe eines Balancierers. Wer von Technik wenig Ahnung hat, begreift zumindest eines schnell: Heinz Böhme muss ein Dampfmaschinen-Experte sein. Der Holzhauser hat seiner beachtlichen Modellpalette ein neues Stück hinzugefügt: den Scotte-Dampfbus, der anfangs in Frankreich mit Pferdestärken Passagiere beförderte und Ende des 19. Jahrhunderts umgebaut wurde, um Platz für eine Dampfmaschine zu schaffen. Der Bus ist ein Gemeinschaftswerk. Böhme hat daran mit zwei weiteren Modellbauern gewerkelt und bereits vor dreieinhalb Jahren ein erstes Ergebnis präsentiert. „Damals war aber lediglich der Rohbau fertig.“ Nun sind auch Armaturen, Gasheizung und Servos installiert. Das Bastlertrio ging arbeitsteilig vor, Talent und Leidenschaft bildeten die Kriterien. Für die Dampfmaschine war selbstverständlich Böhme zuständig. Jeder der Männer hat jetzt einen Scotte-Dampfbus. Heinz Böhme ist ein Spätberufener. Gerne wäre er Feinmechaniker geworden, aber die Zeiten damals ließen wenig Spielraum für Ausbildungswünsche, Böhme musste als Auf den Hund achten und in der Werkstatt schrauben Von Dirk Haunhorst


Mindener Tageblatt Porta extra Mai 2013
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