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Zeichen des Aufbruchs MUT 03 // 43 eher einem Wikinger als einem Afrikaner. „Meine Frau, unsere drei Töchter und ich sehen das so: Kenia ist unsere Heimat, auch wenn wir amerikanische Pässe haben." Barfuß durch den Busch Seine amerikanische Frau ist in Nairobi aufgewachsen, er im Südsudan beim Volk der Toposa, das in Schilfhütten lebt. Seine Eltern waren amerikanische Missionare und Linguisten, die man in den Sudan geschickt hatte. Bis zum sechsten Lebensjahr rannte er barfuß durch den Busch. Dann zog die Familie nach Nairobi, wo er die Grundschule besuchte, danach die Highschool in Khartum und schließlich Internat und Universität in Kenia. Immer hin und her zwischen Busch, der sehr dörflichen Hauptstadt Khartum und der Metropole Nairobi. „Das hat mir geholfen, das Leben auf dem Land wie auch in der Stadt zu verstehen.“ Er lernte, sich in Arabisch, Kisuaheli und Toposa zu verständigen – und dass alle Menschen die gleichen Bedürfnisse haben, „egal ob Busch oder Stadt“. Nicht zuletzt deswegen beschäftigt er sich mit der Frage, wie man Menschen einen Zugang zum Internet ermöglichen kann, an Orten, wo Strom und Telefonleitung nicht zum Alltag gehören. 2014 gründete er die Firma BRCK, die den SupaBRCK herstellt. Die Box, so groß wie ein Ziegelstein, ist ein WLAN-Router, der afrikanischen Bedingungen angepasst ist. Seine Batterie kann zehn Stunden Stromausfall überbrücken und lässt sich über eine Solarzelle laden. Er ist gegen Sandsturm und Tropenregen geschützt und so gut gepolstert, dass er auch in einem Bus funktioniert, der über Wellblechpisten brettert. Er kann ans Telefonnetz angeschlossen werden, hat aber auch Steckplätze für mehrere SIM-Karten, die für ein durchgehend gutes Netz sorgen. Der Markt ist größer als in Europa und wächst schneller „Das ist alles keine neue Technologie, wir haben sie bloß neu zusammengesetzt“, sagt Hersman. Was dabei herauskommt, lässt sich verkaufen. „Was in Afrika funktioniert, funktioniert überall“, sagt Hersman. Die Märkte vieler Länder Lateinamerikas und Asiens haben ähnliche Bedürfnisse. „Zusammen ist das ein Markt, der größer ist als Europa – und er wächst schneller.“ Auch Hersman sieht sich als Geschäftsmann: „Wir sind ein Unternehmen, keine Charity.“ Ein globales Unternehmen, das Afrika links liegen lasse, mache seinen Job nicht richtig. Er sagt es wie jemand, der davon überzeugt ist, dass Afrika nur so geholfen werden kann: Investment als Entwicklungshilfe. Bis jetzt hat er seinen SupaBRCK an rund 600 Orten aufgestellt, „im sehr ländlichen Kenia und sehr ländlichen Ruanda”. Mit der Software Moja bietet er kostenlosen Internetzugang, finanziert über Videos, die im Router gespeichert werden. Das kann Werbung, können aber auch Filme zur Gesundheitserziehung sein – je nachdem, wer den Service bucht. Wie sehr sich Menschen auf dem Land einen Internetzugang wünschen, habe er in Ruanda gesehen. In einem Dorf, in dem sie den Service installierten, gab es nur ein Smartphone. Nach einem Monat waren es 30. Die Bewohner können jetzt online Zeitungen lesen, Nachrichten empfangen, Sprachen lernen oder viele Apps nutzen, die speziell auf Afrika zugeschnitten sind. Darunter eine App, mit der sich Medikamente auf ihre Echtheit überprüfen lassen, oder eine, mit der man geringe Geldsummen anlegen kann. Zum Beispiel mit anderen gemeinsam in die Kuh eines Bauern am anderen Ende des Landes investieren. Nach dem Schlachten wird die Verkaufssumme geteilt. „Es ist vieles besser geworden in Afrika“, sagt Hersman. „Wir müssen selbst rausfinden, wie wir Probleme lösen. Irgendwann kommt dann auch der Staat mit ins Boot.“ Kenia 5 70 Prozent der Menschen haben keinen Stromanschluss, aber fast überallhin reicht das Mobilfunknetz. Das Land gilt als das Zentrum der digitalen Entwicklung in Afrika. Schon 2009 erreichte das erste UnterseeGlasfaserkabel Kenias Küste, in rasantem Tempo wurde das Breitbandnetz ausgebaut. Das digitale Bezahlsystem MPesa ist weit verbreitet, bezahlen mit Handy ist Alltag.


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