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Zeichen des Aufbruchs „Ich löse die Probleme selber“ Wenn Erik Hersman erzählt, 42 // MUT 03 wie er sich jeden Morgen mit seinem Motorrad durch das Verkehrsgewühl zum Büro im Herzen Nairobis quälen muss, steigert sich seine Lautstärke. „Das nervt!“, schimpft er. „Und alles nur, weil das Geld nicht dort ankommt, wo es hin soll.“ Überbordende Bürokratie und Korruption lähmten den Staat, keiner kümmere sich um Schlaglöcher und ewig andauernde Baustellen. „Aber als jemand, der in Afrika aufgewachsen ist, habe ich eh kein großes Vertrauen darin, dass der Staat seinen Job macht.“ Bei der digitalen Infrastruktur sah es lange Zeit genauso aus: lückenhaftes Netz, brüchige Verbindungen, unbezahlbare Tarife. Während Europa Datenautobahnen plante, rumpelte Kenia über Wellblechpisten in die digitale Zukunft. „Ich kann Frustration nur bis zu einem gewissen Grad aushalten“, sagt Hersman. „Dann muss ich die Probleme selbst lösen.“ Heute genießt Nairobi den Ruf, eine Technologie Hauptstadt Afrikas zu sein. In den vergangenen zehn Jahren hat es sich zum „Silicon Savannah“ entwickelt. Längst ist das Land über ein superschnelles Glasfaserkabel auf dem Meeresgrund an den internationalen Datenverkehr angebunden. Kenianer bestellen ihr Taxi per App von internationalen Transportvermittlungsunternehmen, kaufen und verkaufen Gebrauchtes in der Nachbarschaft mit dem Online-Marktplatz OLX und zahlen selbst den Obsthändler an der Ecke mit dem bargeldlosen System der Mobilfunkfirma „M-Pesa“. Ein Gründervater dieses digitalen Kenias ist Erik Hersman. Der „iHub“, den er 2010 eröffnet hat, ist ein Platz zum gemeinsamen Arbeiten und Denken für Erfinder, Hacker, Unternehmer und Investoren in Nairobi, damals der erste Tech-Hub in ganz Afrika, heute gibt es allein in Nairobi mehr als drei Dutzend ähnlicher Inkubatoren. Hersman hat inzwischen die Leitung des IHubs abgegeben. „Wenn es ums tägliche Geschäft geht, sind andere besser als ich.“ Er mag die frühe Phase: mit Gedanken spielen, Ideen skizzieren, Mitstreiter und Investoren finden. Fotos zeigen ihn auf Vorträgen, TED-Talks oder im Gespräch mit Internetunternehmern wie Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Mit seiner hellen Haut, den grünen Augen und dem flammendroten Bart ähnelt er Der Unternehmer Erik Hersman war einer der ersten, der Internet-Startups in die kenianische Hauptstadt geholt hat. Nun will er seine Technik auch aufs Land bringen – dorthin, wo Strom und Telefonleitungen noch nicht zum Alltag gehören. HEIMAT KENIA Will die Jugend seines Landes in eine digitale Zukunft führen: Unternehmer Erik Hersman. Text Christoph Borgans // Fotos BRCK


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