Page 26

mut_kw42

war mir klar, dass wir denen helfen müssen, die es sich nicht leisten können.“ Er brauchte Verbündete und fand die Großmütter: Rückgrat, Herz und Verstand vieler simbabwischer Familien. „Für mich sind sie die Hüterinnen von Weisheit und Erfahrung“, sagt Chibanda. „Sie sind empathisch, die besten Zuhörerinnen, Geschichtenerzählerinnen und Trösterinnen.“ Sie sind in den Dörfern, wo sie gebraucht werden, und sie haben Zeit. Chibanda konnte auf ein vorhandenes System aufbauen: Seine Helferinnen haben bereits seit vielen Jahren fürs Gesundheitsamt gearbeitet. Manche ziehen seit 40 Jahren durch ihre Viertel, erklären, wie Händewaschen den Ausbruch von Cholera verhindern kann, klopfen an Türen und fordern Familien zu HIV-Tests auf. Die Menschen nennen sie „Gemeinde-Großmütter“. Zwölf Jahre sind vergangen, seitdem Chibanda die ersten Großmütter ausgebildet hat. An einem Donnerstagmorgen 26 // MUT 03 im Juni fährt er in seinem blauen Landrover zu ihnen nach Mbare, dem ältesten, größten Vorort Harares – und dem ärmsten. „Vergiss nicht durchzuatmen“, mahnt ein Sticker auf seinem Kofferraum. Minibusse mit mehr Passagieren als Sitzen brettern über staubige Straßen, in die sich unzählige Schlaglöcher gefressen haben. „Gott will das Beste für uns. Gott ist unser Versorger“, prangt auf einem der Vans, auf einem anderen: „Bete, bis sich etwas ändert.“ Im Innenhof der kleinen Poliklinik parkt Chibanda. Seine „Golden Ladies“, die trösten und helfen, statt auf höhere Mächte zu hoffen, erwarten ihn bereits. Einmal pro Woche sprechen sie mit ihm über ihre Probleme. Sie haben die Bänke zusammengerückt, sitzen Tee trinkend in der schwachen Morgensonne. „Viele Patienten nehmen ihre Medikamente gegen das HI-Virus nicht mehr, weil Priester und Scharlatane sagen, sie sollen lieber auf Gott vertrauen“, sagt Großmutter Constance Makokowa, 68 Jahre alt, die selbstgestrickte Wollmütze tief über den Lockenkopf gezogen. „Was können wir tun, um mehr Leute zu erreichen?“, fragt Chibanda. „Wir brauchen mehr Anzeigen in unseren Zeitungen“, sagt Makokowa. „Wir müssen mehr junge Menschen erreichen, SEELENRETTER Der Psychiater Dixon Chibanda ist 51 Jahre alt, ein durchtrainierter Mann, der den schwarzen Gürtel in Karate hat. Die Arbeit mit seinen Privatpatienten ist ihm nicht genug. Er möchte den Ärmsten der Armen helfen. „WILLKOMMEN MEIN KIND“ Auf ihrer „Freundschaftsbank“ in Glen Norah empfängt Melenia Motokari eine junge Frau, die ihr gleich zu Anfang gesteht, „ich traue mich nicht, meiner Familie zu sagen, dass ich HIVpositiv bin“. Die alte Frau tröstet sie: „Es gibt keinen Grund, dich schuldig zu fühlen.“ Reportage vielleicht werben wir für die Parkbank an den Minibussen.“ Doch die Fahrer stehen oft unter Drogen, sind aggressiv und verursachen Unfälle. Die größte Aufgabe ist es, den Menschen die Angst zu nehmen. Erst hießen die hölzernen Therapieplätze „Bank für psychische Gesundheit“. Kaum einer kam. Es klang nach Verrücktheit, Schwäche, Scham. Dann machten die Großmütter von Mbare „Freundschaftsbank“ daraus. Mittlerweile gibt es mehr als 100 von ihnen, verteilt auf 72 Krankenstationen in Harare, der Nachbarstadt Chitungwiza und in Gweru, vier Autostunden entfernt von der Hauptstadt. Die Großmütter sind zu einer kleinen Armee von mehr als 300 Seelsorgerinnen gewachsen im Kampf gegen Kufungisisa. Sorgen in Maisbier ertränken Vom Markt weht der Duft gebackener Maiskolben herüber, Rufe fliegender Händler, die Bananen und unter der Hand Cannabis verkaufen. Am Klinikeingang wirbt ein Schild für Vorhautbeschneidungen. Im Schatten des Vordachs warten Mütter mit Neugeborenen auf die Schluckimpfung gegen Kinderlähmung. Wenn früher Patienten über Kopfschmerzen klagten, wurden sie mit ein paar Pillen abgespeist. Heute erkennen die Krankenschwestern, wenn die Frauen nach der Entbindung unter Depressionen leiden. Großmütter laden sie


mut_kw42
To see the actual publication please follow the link above