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18 Porta Extra · Februar 2018 Thomas Hartmann (l.) vom Gedenkstättenverein zeigt Katarzyna Recht und Bert de Raaf im Mai 2014 eine Gedenktafel in Hausberge. Die Opfer sind nicht vergessen Lange hat’s gedauert, bis Porta Westfalica sich dem wohl dunkelsten Teil seiner Geschichte öffentlich stellte. Umso gründlicher wird die NS-Vergangenheit jetzt aufgearbeitet. Geffert darin den Beginn einer „öffentlich sichtbaren ortsbezogenen Erinnerungskultur gegen das Vergessen, Verschweigen und Verdrängen der Untaten der nationalsozialistischen Diktatur“. Bis 1936 lebte in dem Haus an der Hauptstraße 21 die jüdische Familie Michelsohn. Otto Michelsohn ist als Retter vieler Juden während der Nazizeit von 1933 bis 1945 bekannt geworden. Oktober 1992: Bürgermeister Heinrich Schäfer weiht am Grünen Marktplatz in Hausberge ein Mahnmal ein, das der heimische Künstler Dietmar Lehmann geschaffen hat. Zu sehen sind darauf ausgemergelte KZ-Häftlinge. Zitiert wird ein Satz des Franzosen Pierre Bleton, der im „Kaiserhof“ inhaftiert war: „Nicht wissen wollen, ist die bedingungslose Kapitulation.“ 1994: Wilhelm Gerntrup, damals Ortsheimatpfleger in Kleinenbremen, veröffentlicht seine Dokumentation „Nachbarn in Not“ über die Schicksale der Kleinenbremer Juden. Die darin enthaltene Auflistung aller jüdischen Bürger im Amt Hausberge liefert dem Gedenkstättenverein später wichtige Grundlagen für eigene Recherchen. Bereits 1984 hat Reinhold Blanke-Bohne eine Diplomarbeit über die unterirdische Verlagerung von Rüstungsbetrieben und die drei Außenlager des KZ Neuengamme (Hamburg) in Porta geschrieben, 2006 beendet Thomas Lange seine Magisterarbeit „Die Konzentrationslager an der Porta Westfalica“. Der Historiker Lange gehört heute dem Gedenkstättenverein an. 2009: Der Verein KZ-Gedenk und Dokumentationsstätte Porta Westfalica gründet sich. Vorsitzender wird Bürgermeister Stephan Böhme. Eine der wichtigsten Aufgaben besteht darin, eine Erinnerungskultur zu etablieren. Fünf Jahre später geht aus dem Verein die Arbeitsgemeinschaft „Jüdisches Leben an der Porta Westfalica“ hervor. Ein Jahr vor der offiziellen Eröffnung nehmen Angehörige früherer KZHäftlinge im März 2015 an einer Führung durch den Jakobsstollen teil. 1988: Die Arbeitsgruppe erhält dafür die Kulturplakette der Stadt Porta Westfalica. 1989: Auf Initiative des Bezirksausschusses wird am Gebäude der alten Amtssparkasse an der Hausberger Hauptstraße eine Gedenktafel angebracht Eine öffentlich sichtbare ortsbezogene Erinnerungskultur – zur Erinnerung an alle Hausberger Einwohner jüdischen Glaubens, die der NSGewaltherrschaft zum Opfer gefallen sind. Aus heutiger Sicht erkennt Noelle Bleton (zu erkennen am roten Schal), Witwe Pierre Bletons, und andere Angehörige von KZ-Häftlingen besuchen Porta im Mai 2015 anlässlich einer Tagung. Fotos: Stefan Lyrath Von Stefan Lyrath Porta Westfalica. Niemand kann den Portanern heute noch vorwerfen, ihre NS-Vergangenheit zu verdrängen. Früher ging es – wenn überhaupt – eher schleppend voran, heute in größeren Schritten. Großen Anteil daran hat der 2009 gegründete Gedenkstättenverein. Eine Chronik ohne Anspruch auf Vollständigkeit. April 1945: Die drei Portaner Konzentrationslager werden aufgelöst. Mehr als 3000 Menschen waren im Saal des Hotels „Kaiserhof“, am Pfahlweg an der Grenze zwischen Neesen und Lerbeck sowie im Frauenlager am Hausberger Frettholzweg eingepfercht. Bis zu 500 Todesopfer sind zu beklagen. Danach wird das Thema in der Bevölkerung erst einmal lange Zeit „nach Kräften verdrängt“, so Reinhard Geffert, Vorsitzender des Bezirksausschusses für Hausberge und Holzhausen, kürzlich in einer Rede zum bundesweiten Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. 1984: Im Rahmen eines Geschichtswettbewerbs der Bundeszentrale für politische Bildung befasst sich eine Schüler AG des Gymnasiums näher mit Verbrechen in den Portaner Lagern.


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