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Dienstag, 3. Juli 2018 Der Kaiser Mindener Tageblatt 11 „Das Informationszentrum ist das Fundament“ MT-Interview: Dr. Volker Rodekamp plädiert leidenschaftlich dafür, ein zeitgemäßes Verhältnis zu historischen Denkmälern zu entwickeln. Von Ursula Koch Minden (mt). Mit der baulichen Sanierung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals ist es nicht getan. Das weiß Dr. Volker Rodekamp, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig und auch zuständig für das Völkerschlachtdenkmal, das seit 2003 ebenfalls saniert wird. Die 28 Millionen Euro haben zur Hälfte die Stadt Leipzig, zu 40 Prozent das Land Sachsen bezahlt, dazu kam Unterstützung aus Bundesmitteln, und der Förderverein hat etwa 1,8 Millionen Euro an Spenden eingesammelt. Es bildet zusammen mit dem Kaiser-Wilhelm und sechs weiteren Denkmälern die von Rodekamp initiierte „Straße der Monumente“. Warum wurden Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland so gewaltige Denkmäler wie das Deutsche Eck in Koblenz oder auch das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig in die Landschaft gestellt? Beide hat ja ebenso wie das Denkmal in Porta Westfalica der Architekt Bruno Schmitz entworfen. Das hat sicher etwas mit dem hypertrophen Nationalismus zu tun, der sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in ganz Europa herausbildet hatte. Jede Nation wollte ihre Bedeutsamkeit symbolisch zum Ausdruck bringen. Meistens handelt es sich bei diesen Denkmalen um Standbilder herausragender Potentaten oder um Erinnerungsorte an identitätsstiftende, nationale Ereignisse, wie zum Beispiel siegreiche Schlachten. Das alles passt zur geistigen Verfasstheit der europäischen Gesellschaften am Ausgang des 19. Jahrhunderts und ist meines Erachtens der wesentliche Grund dafür, warum wir nicht nur in Deutschland, sondern in zahlreichen Ländern Europas diesen nationalen Großbauwerken heute noch begegnen. Für Deutschland existiert aber auch eine weitere Begründung: Die Deutschen sind in dieser Zeit gerade erst auf dem Weg, ihren Nationalstaat zu formen. Man sucht nach Legitimation und definiert historische Kontinuitätslinien, man schafft symbolische Orte, die diesen Weg zur nationalen Einheit der Deutschen sinnstiftend markieren. Welche Funktion hatten diese Denkmäler zu ihrer Entstehungszeit? Ihre eigentliche Funktion lag darin, die Vielfalt der Deutschen symbolisch zu vereinen. Ihrem Wesen nach waren es zumeist „preußische“ Denkmale. Nach den Befreiungskriegen ist eine „Verpreußung“ der deutschen Geschichte zu erkennen. Die preußischen Könige stehen so verstanden an der Spitze dieser Bewegung, an deren Ende der geeinte deutsche Nationalstaat steht. Gerade Kaiser Wilhelm I. steht als Symbolfigur für das lang ersehnte und endlich durch Krieg erstrittene, neue deutsche Kaiserreich. Wie ist das politische Wirken Kaiser Wilhelm I. aus heutiger Sicht zu bewerten? Sicher ambivalent. Auf der einen Seite war seine Persönlichkeit geprägt als konservativer Vertreter des preußischen Königtums, der stets zuerst König von Preußen bleiben wollte. In den Unruhen der bürgerlichen Revolution von 1848/49 hatte er wegen seiner Rolle bei der Niederschlagung des Aufstandes beim Volke den unrühmlichen Titel „Kartätschenprinz“ erhalten. Schließlich wurde ihm 1871 die Kaiserwürde angedient, die er eher gedrängt und mit Unwohlsein angenommen hat – für ihn wohl eher eine Pflicht und Bürde. So gesehen kommt ihm natürlich das späte Verdienst zu, als höchster Repräsentant das zweite deutsche Kaiserreich mit geschaffen zu haben. Von vielen seiner Landeskinder wurde er in dieser Rolle sehr geschätzt und erlangte später große Popularität – als „Reichseiniger“ und „guter“ Kaiser. Ist es darum notwendig, Denkmäler wie das in Porta Westfalica für Millionensummen zu sanieren? Ja, ich bin der Überzeugung, dass wir uns mit unserer Geschichte ganzheitlich auseinandersetzen müssen. Natürlich repräsentiert dieses Denkmal heute weithin sichtbar eine vergangene Zeit mit einer anderen sozialen und kulturellen Ordnung. Wir dürfen uns aber diesen überkommenden Orten nicht verschließen. Mein Credo: Wir müssen uns unserer Geschichte in ihrem ganzen Umfang stellen. Das können wir heute selbstbewusst, aufgeklärt, demokratisch gefestigt und somit auch in Vielstimmigkeit tun. Deswegen unterstütze ich jene Bestrebungen, die sich zum Ziel setzen, ein zeitgemäßes Verhältnis zu historischen Denkmalen zu entwickeln. Mit der Sanierung bekommt das Denkmal erstmals auch ein Informationszentrum. Warum ist das notwendig? Das ist geradezu das Fundament, auf dem eine Inwertsetzungs-Strategie aufzubauen ist. Das Denkmal alleine wirkt auf heutige Betrachter eher fremd. Die historischen Hintergründe sind kaum noch bekannt. Mit Kaiser Wilhelm I. wissen nur Wenige etwas anzufangen. Deshalb halte ich es für richtig, ein Informationszentrum am Denkmal zu entwickeln. Heute ist es wichtig Kontexte herzustellen und Verstehensangebote zu entwickeln. Schließlich sollten wir begründen können, warum wir es für richtig halten, viele Millionen Euro in die Hand zu nehmen, um ein Denkmal aus vergangener Zeit heute wieder in Wert zu setzen. Unsere Botschaft sollte heute sein: Wir nehmen die Auseinandersetzung mit unserer eigenen Geschichte ernst. Das unterscheidet unser Tun übrigens von den national emotionalen Identifikationsaufrufen, die mit der Errichtung des Kaiser Wilhelm-Denkmals vor gut 120 Jahren verbunden waren. Wenige Kilometer vom Denkmal entfernt gibt es das Preußenmuseum. Wäre dort nicht der geeignetere Informationsort gewesen? Ich denke, dass es gut wäre, wenn sich beide Einrichtungen eng miteinander vernetzen und ich bin überzeugt, dass der LWL als Träger dies auch anstrebt. Allerdings sind es zwei unterschiedliche Einrichtungen. Das Preußenmuseum hat den Auftrag sich mit der Gesamtheit der preußischen Geschichte in Westfalen zu beschäftigen. Das ist ein umfangreicher Zeit- und Themenhorizont. Das Denkmal hingegen ist ein Solitär, Repräsentant und Symbol einer Zeit, ein emotional aufgeladener Ort. Erscheinung und Botschaft sollten vor Ort entschlüsselbar sein. Dr. Volker Rodekamp ist Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig und Beiratsmitglied für das Infozentrum in Porta. Foto: pr TEXTILE RAUMGESTALTUNG TEXTILE Mindener Straße 456 · 32479 Hille-Hartum Telefon 0571 / 97592-0 www.espey-espey.de info@espey-espey.de RAUMGESTALTUNG VON UNSER ANGEBOT im Juli Reisetabletten-ratiopharm® 50 mg - 20 Tabletten Zur Vorbeugung und Behandlung von Reisekrankheit, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen (nicht bei Chemotherapie). E 3,95** Ihr Preis: 2,79* Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Nicht in Verbindung mit anderen Rabattsystemen *Preis inkl. MwSt. gem. Arzneimittelpreisverordnung nach SGB. **Das Angebot gilt bis zum 31.7.2018. 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