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Alles aus einer Hand Mai 2017 · Porta extra 21 - Kompetente Beratung - Sorgfältige Planung - Bäder aus einer Hand - Heizanlagen - Kundenfreundlicher Service Kleinenbremer Straße 8 32457 Porta Westfalica Telefon 0 57 22 / 89 38 86 Telefax 0 57 22 / 89 38 87 E-Mail info@hsf-fortunato.de www.hsf-fortunato.de beim Austragen der Zeitungen in das frühere Hotel. Über die Hinrichtungen wurde nicht offiziell berichtet, doch es sprach sich herum, und vielen Leuten sei bei dem Gedanken daran ein Schauder über den Rücken gelaufen, sogar mancher Parteigenosse sei sehr nachdenklich geworden, so Karl Mettin, der auch bemerkt hatte, dass es manche Menschen gab, die sich einredeten: „Wenn das der Führer wüsste, der täte so etwas nicht dulden.“ Trennung von Eltern und Freunden, besonders belastende Erlebnisse, das musste Karl in der neuen Umgebung verkraften, aber es gab auch viele interessante neue Eindrücke, die für einen Jungen aus der Stadt zu einem Abenteuer wurden. Wecken um sechs Uhr und noch vor dem Frühstück auf den Heuboden, um Heu und Stroh für Rinder und Pferde durch die Luke zu werfen, das sei für ihn schon eine gehörige Aufgabe gewesen, während Stani oder Serge unten auf der Deele die Mengen verteilten. Dann ging es flott zum Waschen und Zähneputzen, anschließend Schulzeug anziehen, um sich danach zum Frühstück in der Küche einzufinden. Dort habe es warme Milch, Brot mit Butter, Wurst, Marmelade oder auch „Zapp“, also Rübensaft, gegeben. Dann war es nicht weit zur Barkhauser Volksschule, später ging es mit der Straßenbahn zur Realschule nach Minden. Karl interessierte sich sehr für Tiere. Besonders die Pferde liebte er. „Stremmings hatten drei Pferde: Zwei wunderschöne Hannoveraner Stuten, Lore und Delie, und Grete, die starke Kaltblutstute. „Ich habe sie als starkes, vorsichtiges und kluges Rückepferd in unserem Wald unter dem Porta-Denkmal erlebt“, so berichtet er und beschreibt anschaulich, wie sich der Holzeinschlag, das Zutalziehen der Stämme und die Abfuhr mit dem Langholzwagen gestalteten. Und Karl berichtet über den nächtlichen Ritt zur Apotheke nach Minden, über den Besuch der Deckstation, über die seltene Geburt von Zwillingsfohlen. Und auch Lieschen, ein junges Rind, hatte Karl in sein ten damals einen großen Einfluss auch auf Kinder und Jugendliche aus, und es war für junge Menschen nicht leicht, mit eigenen Zweifeln zurechtzukommen. So war ein besonderes Ereignis auch für Karls Gefühlswelt eine schwere Belastung. Wohl alle Barkhauser kannten Lotti, eine schlichte, einfache Frau, die „ihr Herz auf dem rechten Fleck“ trug, immer freundlich und hilfsbereit war, die man einfach gern haben musste. Nicht nur durch die von ihr ausgetragenen Zeitungen erfuhren die Bürger, was es Neues gab, Lotti kam im Dorf herum, erfuhr vieles und Für einen kurzen Moment zur Augenzeugin geworden konnte so – und das erfuhr man gern – manch Interessantes zusätzlich berichten. Lotti besuchte regelmäßig auch die Bäckerei Rabeneick, die an der Ecke Portastraße/Lannert gelegen war. Karl Mettin berichtet: „Doch eines Nachmittags kam sie ganz verstört und hemmungslos weinend in den Laden. Nachdem man sie behutsam auf einen Stuhl gesetzt und etwas beruhigt hatte, brach es aus ihr heraus. „Man hat sie aufgehängt und die anderen mussten dabei mittagessen!“ Lotti war, durch welchen Zufall auch immer, für einen kurzen Augenblick Augenzeugin geworden. Sie wohnte in unmittelbarer Nähe des KZLagers und kam wohl auch Auf dem Hof Stremming an der Alten Poststraße wird heute ein Abschleppunternehmen betrieben. Foto: Robert Kauffeld Herz geschlossen. Kühe hüten auf der Koppel, begleitet vom Hofhund Tell, das zählte zu den Erlebnissen des Jungen, der auch die Schwalben auf der Deele bewunderte. Neben den vielen schönen Erlebnissen auf dem Bauernhof, über die Karl berichtet, beschreibt er auch die Angst vor Bombenangriffen beim Besuch der Schule in Minden und insbesondere einen selbst erlebten Tieffliegerangriff in der Nähe der nach Häverstädt führenden Eisenbahnlinie. Bielefeld, Karls Heimatstadt, war bisher weitgehend von Bombenangriffen verschont geblieben. Die Ferien im Sommer 1944 verlebten er und seine Schwester zu Hause. Karl berichtet: „Als meine Schwester und ich gegen Ende August unsere Quartiere in Barkhausen wieder beziehen wollten, bekamen wir die Nachricht, dass diese für Spezialarbeiter, die im Jakobsberg eingesetzt werden sollten, beschlagnahmt worden seien. Wir holten also unsere restlichen Sachen und nun waren wir, als es wirklich in Bielefeld brenzlig wurde, wieder zu Hause. Und bereits am 30. September folgte der erste Großangriff.“ Karl und seine Schwester haben den Krieg heil überlebt. Was sie erst später über die Stremmings in Barkhausen erfuhren, beschreibt Karl wie folgt: „Nach dem Zusammenbruch Hitlerdeutschlands zogen die von den Alliierten befreiten Ostarbeiter zum Teil plündernd und randalierend durchs Land und übten Vergeltung an Leuten, die sie schlecht behandelt hatten. Bei Stremmings aber haben Stani und Serge Wache gehalten und ihren Landsleuten gesagt: ‘Hier darf niemand Böses tun, denn wir haben es gut gehabt‘.“ Die Geschwister Elfriede und Karl Mettin mit Wilfried, dem Sohn des Barkhauser Bäckermeisters Rabeneick.


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