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20 Porta extra · August 2016 Über eine neue Ära der Astronomie Vortrag von Professor Dr. Guido Müller zum Thema Gravitationswellen Eine Reise durch 350 Jahre Wissenschaftsgeschichte Diese Computersimulation zeigt die Ausbreitung von Gravitationswellen. So jedenfalls würden sie aussehen – wenn man sie denn sehen könnte. Der Nachweis von Gravitationswellen ist eine der größten wissenschaftlichen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte. Foto: Michael Hanschke/dpa ständlich vermittelte er sein Wissen. Wie sich Gravitation und Masse verhalten, demonstrierte der Physikprofessor an zwei Veranstaltungsbesuchern, die mit ausgestreckten Armen vor allen Stuhlreihen kreisten. Das gesamte Publikum kam in Bewegung, als es aufstehen und sich immer wieder vorbeugen musste, um die wellenförmige Ausbreitung von Gravitationswellen vorzuspielen. Der Astrophysiker hat einen wichtigen Bestandteil für das sogenannte Laser-Interferometer Gravitationswellen- Observatorium (LIGO) mitentwickelt. Der 49-Jährige gehört zur Forschergruppe, die mit extrem präzisen Technologien und dem spektakulären erfolgreichen Nachweis von Gravitationswellen einen Meilenstein in der zukünftigen Ausrichtung von Physik und Kosmologie setzten. Seit über 20 Jahren arbeitet er an Laserinterferometern zur Messung von Gravitationswellen und hat die Advancced Von Gisela Schwarze Minden/Porta Westfalica (G.S.). „Ich fühle mich hier zu Hause“, beteuerte Professor Dr. Guido Müller von der Universität Florida (University of Florida) sichtlich zufrieden in der voll besetzten Aula des Mindener Herder-Gymnasiums an der Brüningstraße. Während seines Vortrags „Gravitationswellen: der Beginn einer neuen Ära in der Astronomie“ waren seine Ehefrau, seine Tochter, die in Porta Westfalica-Holzhausen wohnenden Eltern und weitere Verwandte dabei. Zu Hause fühlte sich der Professor für experimentelle Astrophysik in der Aula auch, weil er im Jahr 1986 am Herder Gymnasium seine Reifeprüfung abgelegt hatte. Die Kant-Gesellschaft Minden hatte den in Florida lehrenden und forschenden Professor eingeladen, um Gravitationswellen auf unterhaltsame Weise das Mysteriöse zu nehmen und auch dem Laien deren Eigenschaften sowie die Funktionsweise neuer physikalischer Observation zu erläutern. Auch aus den Nachbarstädten Bad Oeynhausen und Vlotho waren zahlreiche Interessierte der Einladung der Kant-Gesellschaft gefolgt. Die geäußerte Vermutung, er sei ein Anwärter auf den Nobelpreis, wies der Astrophysiker weit von sich: „Da arbeiten andere Wissenschaftler erheblich länger an dem Projekt als ich.“ Eine bildlich illustrierte Reise durch die über 350 Jahre Wissenschaftsgeschichte seit Newtons Gravitationsgesetz bis zur Gegenwart ließ das Publikum durch eine locker humorvolle Präsentation an Entdeckung und Forschung teilhaben. Unterhaltsam und für jedermann verde“, hörten die Veranstaltungsbesucher. Nach der Beschreibung der Gravitation durch Sir Isaac Newton und der Formulierung der Allgemeinen Relativitätstheorie durch Albert Einstein ist der erfolgreiche Nachweis von Gravitationswellen eine der größten wissenschaftlichen Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte. Diese sensationelle Messung ist der Beginn einer neuen wissenschaftlichen Ära und hat nicht nur die Existenz der Gravitationswellen, eine der Kernvorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie, bestätigt, sondern auch die Verschmelzung Schwarzer Löcher durch die von ihnen ausgehenden Gravitationswellen dokumentiert. Einen ganz aktuellen Bezug zu Raumforschungserfolgen stellte einer der jüngsten Veranstaltungsbesucher des Vortragsabends her. Als der Professor sich den Planeten unseres Sonnensystems widmete, rief der Schüler begeistert: „Jupiter ist toll“ und war offensichtlich beeindruckt von der gelungenen Reise der Raumsonde „Juno“ zum größten Planeten unseres Sonnensystems. Schmunzelnd bestätigte Müller dem jungen Schüler: „Ja, Jupiter ist wirklich toll.“ LIGO Detektoren mit aus der Taufe gehoben. „Unser hochempfindliches Laserinterferometer unterdrückt außer Gravitationswellen alle Geräusche, filtert mechanisch“, beschrieb der Wissenschaftler das präzise Messinstrument. Der Forschergruppe, der Prof. Guido Müller angehört, ist die Leistungsfähigkeit einer neuen Art der Astronomie zu verdanken, die der Menschheit ein Echo aus dem Universum sandte. Als unser Planet Erde am 14. September 2015 von Gravitationswellen „erschüttert“ wurde, war das ein bahnbrechendes Signal und außerdem die Botschaft über die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher vor etwa 1,3 Milliarden Jahren mit einem Ausstoß von unvorstellbarer Energie (drei Sonnenmassen). Die Gravitationswellen konnten am „Advanced- LIGO-Experiment“ in Livingston /Lousiana und Hanford/ Washington nahezu gleichzeitig gemessen werden. „Die Verschmelzung von beiden Schwarzen Löchern, Ursache für die Gravitationswellen, ist das energiereichste Ereignis, das jemals von der Menschheit ausfindig gemacht wur- Humorvoller Vortrag: Professor Dr. Guido Müller nahm mit seinen Ausführungen Gravitationswellen ihren mysteriösen Charakter. Foto: Gisela Schwarze


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