20 Mindener Tageblatt Eine Stadt für alle Nr. 212 · Donnerstag, 12. September 2019
Restaurant&Eventlocation mit kaiserlichen Aussichten
Reservieren
Sie jetzt
Ihre Feier oder
Firmenevent!
Kaiser-Kaiser Wi
Wilhelm-Denkmal | Porta Westfalica
0571.77989684 | info@wilhelm1896.de
www.Wilhelm1896.de
„Pflücken erlaubt“
statt „Betreten verboten“
Das „Essbare Minden“ nimmt sich New York als Beispiel.
Von Anne Kilzer
Minden (bms). Gärten mitten
in der Stadt mit Gemüse, Obst
und Kräutern, offen und essbar
für alle. Die weltweite und
immer stärker wachsende
„Urban Gardening“-Bewegung
hat seit 2013 durch den
Verein „Essbare
Stadt Minden e. V.“
auch in der Kreisstadt
Fuß gefasst.
„Urban Gardening“
– oder auch
städtischer Gartenbau
– ist vor allem
deshalb so beliebt geworden,
da durch den lokalen
Nahrungsmittelanbau Transportwege
wegfallen. Das spart
Kosten, hält Lebensmittel
frisch und vitaminreich und
schont die Umwelt. „Uns ist es
auch wichtig, dass Erwachsene
und Kinder wieder lernen,
wie etwas angepflanzt oder geerntet
wird. Kinder sollen wieder
wissen, dass Rote Beete
zum Beispiel nicht aus dem
Supermarkt kommt, sondern
aus der Erde. Erwachsene können
wieder lernen, wie man
einen Salatkopf richtig abschneidet“,
sagt Andrea Sperr,
Mitbegründerin der Mindener
Initiative und verantwortlich
für den Bereich Landschaftsund
Pfanzplanung sowie Schüler
AGs.
Die Idee „Urban Gardening“
auch nach Minden zu holen,
kam Bettina Fuhg, als sie die
Der „Speiseraum Obermarktstraße“ wurde bei einer gemeinsamen Pflanzaktion mit Schülern und Lehrkräften der Hauptschule
Todtenhausen bestückt. Fotos: Essbare Stadt Minden
Hochtrasse „Green Mile“ in
New York sah. „Wenn die das
in so einer Großstadt hinkriegen,
können wir auch Minden
damit grüner machen“, dachte
sich die zweite Mitbegründerin
des Vereins und machte
sich zusammen mit Andrea
Sperr und Stefan Schröder
daran, die Idee umzusetzen.
Aus der damaligen Initiative
wurde ein Verein, der
aktuell zehn aktive Mitglieder
zählt.
Unter dem Motto „Die Stadt
ist unser Garten“ schlossen sie
sich dem Münchener Manifest
Urban-Gardening an, das
unter anderem zur Bedeutung
von Gemeinschaftsgärten
und Stadtnatur als
Gemeingüter beitragen soll. So
entstanden zum Beispiel zahlreiche
mobile „Speiseräume“
in der Mindener Innenstadt, an
denen sich jeder kostenlos für
den Eigenbedarf mit Kräutern
eindecken kann – frei nach dem
„Pflücken erlaubt“-Prinzip. Damit
wurde das Modell der „Essbaren
Stadt“ – eine Sonderform
des städtischen Gärtnerns,
das als weltweite
„Urban-Gardening-Bewegung“
immer mehr von sich reden
macht – in Minden als erste
Stadt in Nordrhein-Westfalen
(NRW) verwirklicht. „Die Kästen
sind auch Kommunikationsräume“,
erklärt Stefan
Schröder. Hier kann man sich
über die Nahrung austauschen
und etwas über das Essen
lernen.
Dabei stellen die Vereinsmitglieder
die Kräuter-Pflanzkästen
nicht ausschließlich in der
Innenstadt auf. So wurden zum
Beispiel auch mobile Pflanzkästen,
die mit Schnittlauch,
Petersilie, Oregano und Pfefferminze
bestückt waren, an
Eröffnung Sprachgarten: Andrea Sperr, Bettina Fuhg, Marcel Chourani (v.l.) mit Stadtverordnetem
der Grundschule Hohenstaufenschule
aufgestellt. Die Kästen
werden in Patenschaft mit
den Schülerinnen und Schülern
durch diese gehegt und gepflegt.
Auch am Café Klee in
der Oberen Altstadt Mindens
ist ein Kasten mit Kräutern aufgestellt
worden, der von Menschen
mit Handicap betreut
wird.
Weil sich die Kooperation
mit dem Café Klee so gut entwickelt
habe, konnten die Aktiven
sogar eine rund 300
Quadratmeter große Kleingartenparzelle
anmieten, die
seit März 2017 unter dem Namen
„Wesergarten“ bewirtschaftet
wird. Seitdem wird
hier gemeinschaftlich Obst
und Gemüse angebaut. Im
„Wesergarten“ können sich
interessierte Mitbürger auch
eigene Parzellen mieten oder
aber sich an der Gemeinschaftsparzelle
beteiligen.
„Die Gemeinschaftsparzelle
bietet vor allem Vorteile für
Menschen, die wenig Zeit für
einen eigenen Garten haben,
aber trotzdem ab und an Freude
am Gärtnern haben“, so
Schröder. Außerdem bietet
sie eine Möglichkeit zum sozialen
Austausch.
„Ich hatte eigentlich schon
immer die Idee einer Sozialgärtnerei“,
sagt Andrea Sperr.
„Das Projekt ,Essbare Stadt‘
hat sie abgelöst und doch mit
aufgenommen. In diesem Jahr
haben wir für den Bereich Bildung
nun auch einen Sprachgarten
eröffnet.“ Ihr Augenmerk
liegt darauf, noch mehr
Projekte mit Schulen und Kindern
ins Leben zu rufen. Die
Kleinen sollen dabei lernen,
dass aus vermeintlichem
Dreck nutzbarer Boden wird
und die Nahrung, die wir täglich
zu uns nehmen, genau
aus diesem erwächst. „Uns ist
die Wertschätzung von Lebensmitteln
sehr wichtig“, ergänzt
Bettina Fuhg.
Für die Zukunft wünscht
sich der Verein tatkräftige
Unterstützung, aber auch Fördermitglieder
oder Spender
können viel bewirken.
Zudem stehen schon wieder
neue Planungen an: So
gibt es im Winter erneut Kurse
im Café Klee und die Zusammenarbeit
mit Schulen
soll weiterhin kräftig vorangetrieben
werden. „Dabei
freuen wir uns immer über interessierte
und offene Lehrer,
die sich jederzeit an uns
wenden können“, bekräftigt
Andrea Sperr.
Peter Kock (l.).
Hier wird gepflückt
Aktuelle „Speiseräume“
im Innenstadtbezirk stehen
am Scharn, Friedensplatz,
Weserspucker, Ende
Martinitreppe, ZOB,
Kaak an der Obermarktstrasse,
der Brüderstraße,
der Schwedenschänke
und der St. Simeoniskirche.
Gärtnern und
sich dabei austauschen
Kinder sollen lernen, wo
Gemüse und Obst herkommen.
POST
VON PIEL
Der wöchentliche
Newsletter von
MT-Chefredakteur
Benjamin Piel
JETZT AUF MT.DE
ZUM NEWSLETTER
ANMELDEN!