Page 26

20181113.PO

26 Porta Extra · November 2018 Königskrone im Pappkarton versteckt Nammen bereitet sich aufs Jubiläumsschützenfest vor, das auch zu einem Rückblick einlädt. Von Kurt Römming Nammen. Das 59. Volksschützenfest der zweiten Epoche, traditionell am ersten Juliwochenende gefeiert, gehört der Vergangenheit an. Für das 60. Jubiläumsfest im kommenden Jahr laufen bereits die Vorbereitungen, die ersten Verträge sind geschlossen. Was im Dorf kaum mehr bekannt ist: 1960 wurde in Nammen das Volksschützenfest nach fast einem halben Jahrhundert Unterbrechung wiederbelebt. Bereits seit den 1870er-Jahren war in dieser Form, die gesamte Bürgerschaft eingeschlossen, vier Jahrzehnte der Schützenkönig ausgeschossen worden. Mit dem Schießverbot als Folge des Ersten Weltkrieges ging das Volksschützenfest damals ein. Auf die alten Traditionen besinnen Es gründete sich der Schützenverein „Bergkette Nammen“, der fortan in seinen Reihen jährlich den Vereinsschützenkönig ermittelte. Vor dem Krieg befand sich der Schießstand im Nammer Berg an der Untkenbeeke. Der frühere Bürgermeister Rudi Langhorst, Sparkassenrendant Wilhelm Frederking und Ortspolizist Rudi Kamphausen besannen sich 1959 auf die alte Tradition des Volksschützenfestes und gründeten das Bürgerschützen Bataillon neu. 1960 wurde mit der Aufteilung des Dorfes in drei Kompaniebereiche mit großem Zuspruch in den Zelten am Feuerwehrgerätehaus das erste Volksschützenfest der neuen Zeit gefeiert. Letztes Relikt aus der Epoche der Volksschützenfeste vor dem Ersten Weltkrieg ist die Nammer Königskrone, die Dorfkrugswirt Heinrich Harre („de lüttke Kräuger“), in Zeitungspapier gewickelt, in einem Pappkarton auf dem Dachboden des Dorfkruges Ein Bild aus den 1930er-Jahren: Der „Bergkette“-Schützenkönig auf dem Weg vom Schießstand ins Dorf, links Timmerberg´s Steinbruch. Die Kutsche fährt Karl Hohmeier (Sachs Karl). Appell auf dem Schulhof: Der Bataillonschef nimmt auf dem „Hannoveraner“ die Front der angetretenen Schützen ab. Fotos/Repro: Kurt Römming versteckt hielt. Eine damals vorhandene Bataillonsfahne hat die Jahrzehnte auf dem Dachboden nicht unbeschadet überlebt. Sie konnte zum Neustart zum Leidwesen der Verantwortlichen nicht mehr restauriert werden. Es war in den Jahren nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71. Im Triumph des Sieges begann man landauf, landab damit, alljährlich einen Schützenkönig zu proklamieren. Auch in Nammen gründete sich ein Schützenbataillon, das sich aus zwei Kompanien zusammensetzte. Im Kohlmeier ´schen Kalksteinbruch wurde geschossen, zunächst an der Sudenburg, später im Strahn. Den Schützenkönig dekorierte man zum Zeichen seiner Würde mit der handgearbeiteten Königskrone, die alljährlich bei „Puppen-Schrader“ in Bückeburg neu aufpoliert wurde. Im Gegensatz zur heutigen Königskette erhielt die Majestät die damals obligatorische schwarz-weiß-rote Schärpe. Heinrich Müller (Breitensill), Wilhelm Hartmann (Untkenschnieder), Friedrich Kuhlmann (Weckenhans) und Karl Nordmeier (Windmöller) hießen die letzten Nammer Könige vor dem Ersten Weltkrieg, so ist es überliefert. Bevor Heinrich Harre, damals Besitzer des Dorfkrugs, an die Front kam, hatte er die Königskrone und die Fahne an sicherer Stelle versteckt. 1920 kehrte er aus der Gefangenschaft in die Heimat zurück. Doch das Schießverbot galt und auch das Wort „König“ war für Jahre aus dem deutschen Sprachschatz verbannt. Das Dorfschützenfest war gestorben, an die Krone dachte niemand mehr. Nammer Königskrone beinahe unbeschadet Umso erfreuter waren die Neubegründer, als ihnen Heinrich Harre Ende der Fünfzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts den verborgenen Schatz fast unbeschadet präsentierte. Weitere sechzig Jahre wird die Krone im nächsten Jahr die Nammer Königshäupter geziert haben. Auf das Jahr genau kann man es nicht belegen: Aber insgesamt wird das Relikt aus alter Zeit als wichtigster Bestandteil dann wohl schon bei einhundert Königsproklamationen dabei gewesen sein. 1987 auf der Kommandobrücke der 1. Kompanie: Kommandeur Heinz Lichte und Kompaniechef Fritz Schömber. Nächstes Jahr wird die alte Nammer Königskrone das Haupt des 60. Volksschützenkönigs „der Neuzeit“ zieren.


20181113.PO
To see the actual publication please follow the link above