Fest der Auferstehung ist in Nammen
gleich mehrfach bedeutsam
Der „dritte Feiertag“ besteht seit dem Mittelalter und evangelisch ist der Ort seit Ostern 1604.
Die Kapellenchronik gibt auch spannende Einblicke in die kuriosen Folgen der Umpfarrungen.
Kurt Römming
Nammen. 1520, und somit vor
genau 500 Jahren und drei
Jahre nach Martin Luthers
Thesenanschlag, predigt der
Geistliche Albert Nisius in der
Mindener Marienkirche erstmals
die protestantische
Glaubenslehre. Nikolaus Krage,
der später zum wichtigsten
Reformator in Minden
wird, ist erst zwanzig Jahre
jung. Er ist es vor allem, der
die neue Glaubenslehre in
und um Minden unters Volk
bringt.
Das Protestantische verbreitet
sich bald im gesamten Bistum
und wird zu einer Massenbewegung.
Unklar ist,
wann genau diese Entwicklung
auf die westfälischen
Dörfer nördlich des Wesergebirges
Einfluss genommen
hat. Als abgeschlossen gilt die
Reformation in der Region
erst 1625, mehr als ein Jahrhundert
danach.
Relativ spät, am ersten Ostertag
1604, wird Nammen,
das damals zum Kirchspiel
Kleinenbremen gehört, evangelisch.
Ohne Jahreszahlangabe
berichtet dazu die Kapellenchronik:
„Ein halbes Jahrhundert
nach dem Übertritt
zum Protestantismus wurde
die zur Kirche Kleinenbremen
gehörende Kapellengemeinde
zum schaumburg-lippischen
Petzen umgepfarrt.“ Diese
Umpfarrung auf Wunsch der
Luhdener erfolgte um 1660.
In der „Mindischen Kirchengeschichte
von 1749 bis 1755“
liefert A. G. Schlichthaber näheren
Aufschluss und bestätigt
die These. Er überliefert:
„Pastor Johannes Delius ist im
Ostersonntagsgottesdienst
1604 in der Kleinenbremer
Kirche mit der gesamten Gemeinde
vom katholischen
zum evangelischen Glauben
übergetreten. Zur Pfarre
Kleinenbremen gehörten damals
auch die Bauernschaften
Schermbeck, Barksen, Selliendorf,
Knatensen, Wülpke und
Nammen“ – Luhden war zu
der Zeit noch dem Kirchspiel
Petzen zugehörig.
„Im Jahre 1660 oder 1663
wurde mit hoher Genehmigung
Nammen nach Petzen
eingepfarrt, das früher Gräflich
Schaumburgische, jetzo
Fürstlich Schaumburg-Lippische
Luhden dagegen, welches
zur Petzer Kirche gehörte,
kam nach Kleinenbremen.
Die Nammer Gemeindemitglieder
tauschten mit den
Luhdenern ihre Kirchensitze
und Begräbnisplätze um und
entrichteten fortan der Geistlichkeit
Petzens ihre Abgaben.
Die St. Laurentius-Kapelle in
Nammen erhielt zu der fürstlichen
Zeit einige Schenkungen
an Zinskorn.“ So heißt es
an anderer Stelle der Kapellenchronik.
Archivmaterial im
Stift Obernkirchen und private
Aufzeichnungen lassen
vermuten, dass die Umpfarrung
vielleicht schon einige
Jahre vorher erfolgt sein
könnte.
In den Kleinenbremer Kirchenbüchern
findet man zu
dem Vorgang die nicht datierte
Begründung: „Wegen des
weiten und unbequemen Weges
ist in gemeinschaftlicher
Übereinkunft beider Regierungen
das Kleinenbremen
zugehörige Nammen mit der
bis dahin in Petzen eingepfarrten
Bauernschaft Luhden
getauscht worden.“ Verhandelnde
waren die seit dem
Westfälischen Frieden von
1648 über das ehemals selbstständige
Fürstentum Minden
regierende preußische Regierung
unter dem „Großen Kurfürsten“
und das als selbstständiger
Staat nach dem Ende
des Dreißigjährigen Krieges
in kleineren Grenzen fortbestehende
Fürstentum
Schaumburg-Lippe.
Ein „Pferdefuß“ wurde die
„Umpfarrung“ für die Nammer
im Jahre 1668, als Preußen
vor den angrenzenden
„Nachbarstaaten“ den Gregorianischen
Kalender einführte.
Damit stimmte der Sonntag
im preußischen Nammen
nicht mehr mit dem Sonntag
in Petzen überein. Um zehn
Tage differierte die Zeitrechnung.
Mitten in der Woche
gingen die Nammer jetzt zum
„Sonntagsgottesdienst“ in die
Petzer Kirche. Der Gottesdienstbesuch
war zu damaliger
Zeit für alle Einwohner
selbstverständlich. Erst im
Jahre 1700 wurde in Schaumburg
Lippe der Wechsel von
der Julianischen zur seit 1582
gültigen Gregorianischen
Zeitrechnung vollzogen . Das
„Durcheinander“ im Kirchspiel
Petzen hatte damit ein
Ende.
Außer der 1523 erbauten St.
Laurentius-Kapelle, die heute
Deutschlands älteste Fachwerkkapelle
in Reinfachwerk
ist, stellt der gotische Abendmahlskelch
das einzige Requisit
aus der damaligen Zeit dar.
Der Kleinenbremer, später der
Petzer Pfarrer im Wechsel mit
dem hiesigen Dorfschullehrer
und Küster, hielt in Nammen
Die 1523 erbaute St. Laurentius-Kapelle – hier im einem von G. Wehlisch gemalten
Bild aus dem Jahr 1915 – ist Zeitzeugin der katholischen Zeit in Nammen.
Der ursprüngliche Name blieb. Repros: Kurt Römming
Das „Durcheinander“ hat
schließlich ein Ende.
Blick zurück in die Vergangenheit:
Grabsteine an der Petzer
Kirche erinnern an 250 Jahre
Nammer Zugehörigkeit zum
schaumburg-lippischen Kirchspiel.
6 Porta extra