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Reportage 58 // MUT 03 Christen!“ Er rettete sich ins Haus eines Freundes, eines Muslims, und musste mit ansehen, wie der Mob sein Haus und Auto abfackelte. „Und das alles nur, weil ich Christ bin und zu einer anderen Ethnie gehöre. Aber vielleicht war es Schicksal, dass es mich getroffen hat und ich den Mut gefunden habe, etwas zu tun.“ Denn statt sich zu rächen, scharte Sodipo ein Team um sich – Christen und Muslime, ebenfalls Opfer religiöser Angriffe. Mit ihnen entwarf er ein Friedensprogramm. Schülerinnen und Schüler an muslimischen und christlichen Schulen lernen, wie Konflikte entstehen, wie sie zu erkennen und zu entschärfen sind. In Rollenspielen begreifen sie, andere Meinungen und Glauben zu respektieren. Was mit wenigen Workshops begann, hat sich zu Peace Clubs an 60 Schulen in vier Bundesstaaten Nordnigerias als Teil des Lehrplans entwickelt. Mehr als 8.000 Schülerinnen und Schüler haben bisher teilgenommen. „Mein Traum ist es, Peace Clubs in allen Schulen Nigerias einzurichten“, sagt Sodipo. Die britische Organisation Peace Direct, die sich für Friedensstifter in Konfliktregionen einsetzt, unterstützt sein Projekt. Mit Honoraren, die er als Experte für andere Stiftungen und Universitäten erhält, BOXEN GEGEN GEWALT Ob der KampfsportClub von Shehu Ubale wirklich für Frieden und Ruhe sorgen würde, da war Michael Olufemi Sodipo skeptisch. Doch er ließ sich überzeugen. Heute unterstützt seine Organisation die Boxschule und andere Sportclubs in der ganzen Stadt. zahlt er seine sieben Mitarbeiter. Ebenso Trikots und Bälle für die 32 Fußballteams seiner Organisation, in denen Muslime und Christen zusammen kicken. Auch die Boxhandschuhe und den Sandsack für Ubale und seine Jungs bestreitet er aus seinem Etat. „Denkt darüber nach, was ihr im Leben machen wollt.“ „Am Anfang war ich skeptisch, ob Boxen helfen könnte, die Gewalt in den Straßen abzubauen“, gesteht er. Doch nachdem er Shehu Ubale kennengelernt hatte, änderte er seine Meinung. Er zeigte Ubale, wie man Gruppen führt, wie man sich organisiert, und lud ihn ein, an einem der Peace Clubs teilzunehmen, die seine Organisation auch für Erwachsene gibt. „Es ist wie eine Kette. Shehu gibt die Inhalte und Techniken, die er in dem Peace Club gelernt hat, an die Boxschüler weiter, und die tragen es in den Stadtteil.“ Noch in diesem Jahr wollen die beiden in Brigade ein Ausbildungszentrum eröffnen. Boxschüler und andere Jugendliche aus dem Viertel sollen unter anderem lernen, Kleidung zu schneidern, sie zu besticken, Schuhe selbst herzustellen. Sodipos Organisation hat bereits neun solcher Zentren in Kano und Jos, Hauptstadt und Krisenherd im zentralnigerianischen Bundesstaat Plateau, eröffnet. Ubale soll die ersten Auszubildenden in seinem Viertel auswählen. „Nicht jeder von euch wird ein Box-Profi werden, also nutzt die Zeit, um nachzudenken, was ihr im Leben machen wollt.“ Shehu Ubales Samstagsansprache ist fast vorbei. „Früher habe ich viele falsche Entscheidungen getroffen. Verschwendet nicht so viel Zeit wie ich. Ist nicht leicht, alles hinter sich zu lassen, aber ihr schafft es.“ Alle klatschen, springen auf, strömen durch die Tore in die Straßen von Brigade. Jenseits der Mauer sind sie wieder auf sich gestellt – bis zum nächsten Training. „Der Mob fackelte mein Haus und mein Auto ab. Das alles nur, weil ich Christ bin.“


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