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Zeichen des Aufbruchs Auf heißen Sohlen in die Zukunft In Äthiopien sollen bald 350.000 Menschen im Textilsektor Arbeit finden. Startups wie die kleine Schuhmanufaktur „Msgana Shoes“ denken weiter. Es reicht ihnen nicht, dass ihr Land zur Nähstube der großen Modeketten werden soll. Sie ziehen es vor, die Fäden selbst in der Hand zu halten. 38 // MUT 03 Text Mathias Becker // Fotos Rainer Kwiotek Die Fenster der Werkstatt sind aufgerissen, so kann der Geruch des Industrieklebers abziehen. Dafür dringt Straßenlärm herein. In der Werkstatt mischen sich Hupkonzerte mit Pop aus dem Radio und dem Rattern von Nähmaschinen. Zwei Mitarbeiterinnen nähen Schildchen an die hufeisenförmigen Wildlederformen, aus denen Mokassins werden sollen. Auf der einen Seite steht „Msgana Shoes“, auf der anderen die Telefonnummer. „Wer mit seinen Schuhen nicht zufrieden ist, kann mich anrufen und erhält Ersatz“, sagt Msgana Gebregziabeher, 30. Sie hat mit ihrem Bruder und ihrer Schwester vor acht Jahren „Msgana Shoes“ gegründet. „Zum Glück bedanken sich die meisten Anrufer nur für die bequemen Schuhe.“ 100 Quadratmeter Werkstatt in einem Gewerbepark: Hier produzieren zwölf Frauen und Männer täglich 50 Paar Lederschuhe. „Sandalen gehen schneller, von denen schaffen wir 100 Paar am Tag“, sagt Gebregziabeher, setzt die Klinge an ein Stück Wildleder „Wer mit seinen Schuhen nicht zufrieden ist, kann mich anrufen und erhält Ersatz.“ und zieht einen sauberen Schnitt entlang der Naht. Auch ihre beiden Geschwister packen täglich mit an. Schneiden Leder, ziehen es auf Schusterleisten, verkleben es mit Sohlen. „Wir verwenden nur einheimische Materialien“, erklärt Msgana Gebregziabeher. „Und die Sohlen unserer Sandalen sind aus dem Gummi alter Autoreifen.“ Junges Design, frische Farben und professionelle Verarbeitung haben dem Startup eine kleine Fangemeinde beschert. In Addis Abeba verkaufen 15 Läden jeden Monat etwa 1.200 Paar Schuhe von Msgana. 20 bis 40 Euro kostet ein Paar – ein Preis, den die wachsende Mittelschicht der Hauptstadt offenbar gern für ein Produkt zahlt, das für Fairness steht. „Während Arbeiter in den großen Schuhfabriken umgerechnet einen Euro am Tag verdienen, zahlen wir unseren Leuten bis zu fünf Euro“, sagt Msgana Gebregziabeher. „Und während man dort immer den gleichen Handgriff erledigt, wechseln unsere Mitarbeiter regelmäßig die Werkbank und lernen so jeden Schritt auf dem Weg zum fertigen Schuh.“


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