Page 37

20180703.KAISER_WILHELM

Dienstag, 3. Juli 2018 Der Kaiser Mindener Tageblatt 37 Glamouröse Kaiserin Kaiserin Auguste Viktoria trug olivgrünen Cordplüsch mit Zobelbesatz Von Anja Peper Porta Westfalica (ani) Ob in Hollywood, New York oder Berlin: Auf den Roten Teppichen dieser Welt zeigt sich die Prominenz in traumhaften Kleidern. Den Hang zur Selbstinszenierung bei wichtigen Anlässen gibt es natürlich schon deutlich länger. Auch Kaiserin Auguste Viktoria zeigte ein Faible für standesgemäßen Glamour: Zur Einweihung des Kaiser-Wilhelm Denkmals trug sie ein kostbares Kostüm. „Olivgrüner Cordplüsch Standesgemäß mit Wespentaille und Sanduhr-Silhouette mit Zobelbesatz“, notierten die Geschichtsschreiber. Ihr Kleid dokumentierte den hohen Stand des Paares. Unter den 20.000 Besuchern war die Kaiserin die Frau der Stunde – nicht nur wegen des kostbaren Zobels. Das Fell war über Jahrhunderte ein beliebtes Geschenk unter Würdenträgern. Bis heute ist er der am höchsten bewertete Pelz. Kleidung ist nicht nur eine Frage von Stil. Mode bestimmt die Außenwirkung und gilt als Seismograph sozialer Macht. Die Macht der Mode: Dem Thema widmete das LWL-Industriemuseum (Textilfabrik Cromford) eine Sonderausstellung auf drei Etagen. Einen besonders radikalen Wandel in der Mode gab es zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik, heißt es in dem Begleitheft: „So radikal, wie dies weder vorher noch nachher je wieder zu beobachten war.“ Vor dem Krieg trugen die Frauen lange Kleider aus schweren Stoffen, darunter Unterröcke und ein eng geschnürtes Korsett. Nach dem Krieg setzten sich kurze Kleider durch und bestimmten – samt Bubikopf – die Zwanziger. Zur Einweihung des Denkmals 1896 war an solche Frisuren noch nicht zu denken. „Damals dominierte das etablierte Bekleidungsschema, wie es das Bürgertum im Laufe des Jahrhunderts entwickelt hatte“, schreibt Claudia Gottfried in dem Begleitheft zur Ausstellung „Die Macht der Mode“. Angesagt waren schmale Wespentaillen. In Kombination mit dem trichterförmigen Rock wurde die Silhouette oft mit einer Sanduhr verglichen. Auguste Viktoria konnte offenbar aus einem großen Fundus an Kleidungsstücken wählen. Zur ihrer Hochzeit mit Wilhelm (1881) soll sie von ihrem Bräutigam einen Seehund Fellmantel als Geschenk bekommen haben. Historiker beschreiben ihre Aussteuer so: 146 Kleider, darunter 15 Morgenkleider, 17 Hüte, sechs Dutzend Nachtkleider und 34 feine Taschentücher mit Spitze. Große Hüte, üppige Schleifen, jede Menge Spitzen und Volants: Die Kleidung der Kaiserzeit war weder praktisch noch bequem. Claudia Gottfried: „Sie sollte in der traditionellen Ständegesellschaft die gesellschaftliche Stellung ihrer Trägerin dokumentieren und sie von anderen, tiefer stehenden abgrenzen.“ Bild aus dem Imperial War Museum: Kaiserin Auguste Viktoria. Foto: pr Die Bückeburger Tracht gehört zu den auffälligsten der Region. Foto: Stefan Lyrath/ Archiv Festliches Volk Das Kaiserpaar hatte ein Faible für die Traditionskleidung seiner ländlichen Untertanen. Von Wilhelm Gerntrup Porta Westfalica (gp). Für politische Gespräche und Beratungen blieb keine Zeit. Der Abstecher von Wilhelm II. an die Porta zwecks Einweihung des Denkmals zu Ehren seines Großvaters und Vorgängers am 18. Oktober 1896 ging im Sauseschritt über die Bühne. Nur knapp eineinhalb Stunden nach dem Eintreffen auf dem Wittekindsberg eilten Kaiser und Kaiserin samt Gefolge wieder von dannen. Zwischen Ankunft und Abfahrt des Sonderzugs imMindener Bahnhof waren gerade mal drei Stunden vergangen. Als offizieller Grund für die Eile wurde ein dringliches, kurzfristig verabredetes Treffen mit Zar Nikolaus II. genannt. Hinter vorgehaltener Hand war eine andere Erklärung zu hören. Danach war der amtierende Hohenzollernspross von den ständigen Weihezeremonien genervt. In der Tat hatte Wilhelm II. seit Jahresbeginn bereits sechs Einsätze dieser Art absolvieren müssen – in Frankfurt/Main, auf dem Kyffhäusergebirge sowie in Wesel, Breslau, Koblenz und Düsseldorf. Eine weitere Prozedur zu Ehren von Wilhelm I. stand ihm noch in Kiel bevor. Kein Wunder, dass sich Seiner Majestät Bedürfnis, immer wieder Hände schütteln und sich mit kommunalen Repräsentanten über deren Anliegen unterhalten zu müssen, in Grenzen hielt. Das war beim Porta-Abstecher anders. Wilhelm und Gattin Auguste Viktoria wirkten entspannt und zeitweise gut gelaunt. Grund war die Begegnung mit jeder Menge dörflich ländlicher Folklore. Schon während der Anfahrt hatte die herrschaftliche Kutsche zahlreiche musizierende, winkende und Fahnen schwenkende Gruppen passiert. Besonders angetan zeigten sich die hohen Gäste von den bunten, aufwendig herausgeputzten Trachtenträgern. Diese Form der Brauchtumspflege müsse unbedingt erhalten und gefördert werden, ließ man die Gastgeber wissen. Dass das Kaiserpaar ein besonderes Faible für die Traditionskleidung seiner ländlichen Untertanen rund um die Porta hatte, Die schwärmerische Begeisterung kam bei der Landbevölkerung gut an. war bekannt. Kennen und schätzen gelernt hatte man die zumeist farbenfrohen Röcke, die auffälligen Hauben und das reichhaltige Schmuckzubehör bei vorherigen Besuchen im benachbarten Fürstentum Schaumburg-Lippe. Die zum Teil schwärmerische Begeisterung der höheren Kreise kam in der ländlichen Bevölkerung gut an. Die zuvor schlichten, hauptsächlich bei der Arbeit getragenen Röcke, Tücher, Schürzen und Mützen wurden zu Standes- und Statussymbolen aufgepeppt. Heimatkundlich interessierte Lehrer begannen Herkunft, Entstehungsgeschichte, Tragegewohnheiten und regionale Abweichungen zu erforschen. Allein in der hiesigen Gegend stellte man an die 30 Sonderformen fest. Das Spektakel während der Denkmaleinweihung und die wohlwollenden Kommentare und Anregungen des Kaiserpaares gaben der Entwicklung zusätzlichen Auftrieb. Die anwesenden politischen Entscheidungsträger beeilten sich, den von höchster Stelle geäußerten Wunsch nach Erhaltung und Förderung traditioneller Bekleidungs- und Lebensformen in die Tat umzusetzen. Heute sieht man die Begeisterung für Trachten und Heimat während der wilhelminischen Ära distanzierter. Das Ganze sei nicht zuletzt als rückwärtsgewandte Reaktion auf die revolutionären, als Bedrohung empfundenen industriellen Veränderungen jener Zeit zu sehen, ist in neueren Betrachtungen zu lesen. Für zusätzliche Verunsicherung auf dem Lande habe auch das Erstarken der sozialistischen Bewegung gesorgt. „Der entscheidende Grund, weshalb die feudalherrschaftlichen Obrigkeiten die Tracht liebten und förderten, war, dass Tracht in jener Zeit beginnender grundlegender gesellschaftlicher und damit politischer Veränderungen einen stabilen Faktor damaliger Machtverhältnisse darstellte“, heißt es in einem 1998 veröffentlichten Forschungsbeitrag der Volkskundlerin Birgit Nowicki. „Tracht stand für Treue zu Fürsten und Kaiser“. DER WEG FÜHRT AUCH ZU UNS... SEIT 40JAHREN Für jeden Fall die sichere Lösung… X Alarmanlagen X Brandmeldetechnik X mech. Einbruchschutz X Entrauchungsanlagen X Zutrittskontrolle X Video-Überwachung X Fluchtwegsicherung X Schließanlagen elektro/mechanisch X Tresore, Daten- und Waffenschränke X Tore/Torantriebe, Industrie- und Feuerschutztore vom Verband der Schadenversicherer anerkannt Ringstraße 83 · 32427 Minden Tel. 05 71-2 64 66 und 8 43 00 Fax 05 71-8 44 85 www.barduhn-minden.de info@barduhn-minden.de HILLKOM Entsorgungs-GmbH MINIMULDEN · CONTAINER · MULDEN ANNAHME MÜLL, GRÜN, HOLZ Am Hillpark 5 · 32584 Löhne · q 05732 - 68 32-110


20180703.KAISER_WILHELM
To see the actual publication please follow the link above