46 Mindener Tageblatt 100 Jahre MT Nr. 144 · Dienstag, 25. Juni 2019
H A P P Y
B I RT H DAY
Wir gratulieren dem Mindener Tageblatt
ganz herzlich zum 100-jährigen Jubiläum.
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PRO
Eine Marke muss erkennbar sein
Der Verlagsleiter setzt auf Tradition
V o n C a r s t e n L o h m a n n
Eine Marke muss erkennbar sein – auf
einen Blick, im Bruchteil einer Sekunde.
Um nichts anderes geht es. Der Blick auf
das Vertraute löst beim Betrachter aus,
wofür eine Marke wie das Mindener Tageblatt
steht: Vertrauenswürdigkeit, Beständigkeit,
Verlässlichkeit, Gründlichkeit,
Wahrhaftigkeit. Ein Blick auf den seit einem
Jahrhundert vertrauten Schriftzug genügt,
um sich zu Hause zu fühlen. Aufgehoben
durch ein Produkt, das Orientierung bietet
und dafür mit seinem Namen steht. In dem
Schriftzug spiegelt sich die große Tradition
und Geschichte eines Verlages.
Dieses Erkennungszeichen
zu ändern, wäre grundverkehrt.
Dass sich ein Schriftzug als
Markenzeichen nicht ändert,
heißt freilich nicht,
dass sich im Unternehmen
für das es steht, nichts tut.
Ganz im Gegenteil: Der Verlag J.C.C. Bruns
hat sich aufgemacht, um seinen Weg in der
Digitalität zu gehen. Völlig neue Online-
Publikationskanäle sind hinzugekommen,
stetiger Wandel ist zur Konstante geworden.
Aber gerade weil sich so viel verändert,
ist es wichtig, mit Namen und Schriftzug
dazu zu stehen, dass unsere Grundwerte
dieselben geblieben sind. Veränderung ist
gut, zum Kern unserer Marke zu stehen,
auch. Und die findet Ausdruck im Titelkopf.
Ein Markenlogo ist heute wichtiger denn je,
denn niemals in der Geschichte der Wirtschaft
spielten Visualität und Optik eine so
große Rolle. Das liegt allein schon daran,
dass uns in Zeiten Sozialer Netzwerke Bilder
permanent umgeben. Niemals zuvor hat
es eine so ausgeprägte Schlacht um den
Blick des Konsumenten gegeben. Jeder
will mit seiner Marke und seinem Bild im
Gedächtnis bleiben. Wer es schafft, dem
verspricht das Erfolg und Loyalität des
Kunden.
Wer allerdings ein Logo hat, einen Schriftzug,
den eine ganze Region kennt, der sollte
diesen Wert schätzen und bei aller Experimentierfreude
seinen Wiedererkennungswert
nicht aufs Spiel setzen.
Das ist so wie bei Coca-Cola. Der Buchhalter
Frank M. Robinson, ein Partner des Coca-Cola
Erfinders, kam auf den Namen und gilt
als Urheber des Schriftzugs. Seit 1886 hat
sich nichts an der Schriftart
Spencerian Script geändert.
Das Unternehmen hat sein
Logo vielfach modernisiert,
den Schriftzug nicht. Weil er
so unverkennbar ist wie das
Getränk, das er repräsentiert.
Natürlich: Dem einen gefällt's,
dem anderen nicht. Aber das tut
nichts zur Sache. Denn würde man als Cola-
Trinker zur Pepsi greifen, nur weil einem
der Cola-Schriftzug zu altbacken ist? Logos
zu wechseln wie Hemden, macht Marken
beliebig. Es geht übrigens nicht um ein Bekenntnis
zur Fraktur. Es geht um markante
Wiedererkennung. Die sollten wir pflegen –
ob's gefällt oder nicht.
Modern, aber umstritten: Dies ist einer der Entwürfe, die Zeitungsdesigner Norbert Küpper
seinerzeit für das MT gemacht hat. MT-Foto: Christoph Pepper
Alt oder neu?
Die Gretchenfrage
Wichtige Diskussion bei der Umgestaltung des MT war:
Wie soll der Markenschriftzug künftig aussehen?
Von Monika Jäger
Minden (mt). Es gibt Menschen,
die können den Schriftzug
im Titel des Mindener Tageblatts
nicht lesen, obwohl sie
Abonnenten und begeisterte
Zeitungsnutzer sind. Denn es
ist gar nicht so einfach, die historisch
wirkende Buchstabenfolge
zu entschlüsseln. Das
mag für alle, die mit Sütterlin
in der Schule groß geworden
sind, seltsam wirken. Für die
Marke Zeitung bedeutet es,
dass wir in regelmäßigen Abständen
darüber nachdenken
müssen, ob das gut, schlecht
oder sogar egal ist.
Es gibt reichlich Beispiele für
Markenschriftzüge, die kaum
oder nur schwer zu entschlüsseln
sind („Jägermeister“) und
für solche, die nur wirken, weil
man sie kennt: Ein angebissener
Apfel, eine stilisierte rotgelbe
Muschelschale, ein
schlichter silberner Stern im
Kreis, ein Krokodil.
Als das MT vor einigen Jahren
relauncht wurde, haben wir
über die Frage „Fraktur (das ist
die alte Schrift) oder modern“
heiß diskutiert. Zeitungsdesigner
Norbert Küpper machte
damals verschiedene Entwürfe
für einen anderen, modernen
„Zeitungskopf“, wie der Titel
auf der ersten Seite in der
Fachsprache heißt. An die Diskussionen
erinnert er sich noch
gut. „Ich war eigentlich auch
für einen neuen Kopf, habe
aber gemerkt: Es ist schwierig,
etwas Unverwechselbares zu
entwerfen.“ Zeitungen, die inzwischen
ihren Frakturkopf
entfernt haben,
haben meist eine
ganz sachliche
Schrift gewählt. So
das Handelsblatt
oder die Fuldaer
Zeitung – „das ist
auch eine Schrift,
die aus dem Setzkasten
kam“, sagt Küpper. „Da
fehlte mir aber das Unverwechselbare.“
Für das MT hat er damals eine
leicht andere Schrift gesucht,
und diese wurde dann auch genommen.
Moderne Entwürfe
„Man sieht hin und weiß auf einen
Blick: Das ist meine Zeitung.“