Dienstag, 25. Juni 2019 · Nr. 144 100 Jahre MT Mindener Tageblatt 45
WIR SIND DIE
SPEZIALISTEN
für Werbung und Markenkommunikation
und verbinden Ihre Ziele mit frischen Ideen
zu crossmedialen 360° Lösungen.
Wir sind com.on!
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Service
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& Film
Classic
spiel bei Facebook oder in den Kommentaren
von Nachrichtenwebsites,
weniger präsent. Viele von ihnen
kommunizieren nach dem Grundsatz:
„Der Klügere gibt nach. Lass die
Pöbler doch pöbeln”. Das ist in privaten
Diskussionen oft ein erfolgreiches
Mittel, um Pöblern den Wind aus
den Segeln zu nehmen. Im Digitalen
führt es leider dazu, dass wir vor lauter
Hasskommentaren die besonnenen,
an Wahrheit und Einordnung interessierten
Leser nicht sehen. Aber
es gibt sie. Und sie warten darauf, dass
wir ihnen relevante, wahrheitsgemäße,
einordnende Inhalte liefern.
Wie hat sich das Nutzungsverhalten
der User verändert? Und wie ändert
es sich noch?
Die Mediennutzung ist mit zunehmender
Digitalisierung und Mobilisierung
(Stichwort Smartphones)
deutlich flüchtiger geworden. Während
sich Print-Leser im Durchschnitt
etwa 23 Minuten (i.d.R. am
Stück) mit der gedruckten Zeitung beschäftigen,
verbringen Leser auf
Nachrichtenwebsites im Durchschnitt
1,5 Minuten. Das dafür aber
mehrmals am Tag. In den Abendstunden
steigt die Bereitschaft für längere
Lesestücke im Digitalen. In der
Bahn auf dem Weg nach Hause oder
auf dem heimischen Sofa werden
dann auch Artikel gelesen, die fünf Minuten
oder länger sind. Über den Tag
verteilt wird sich also immer wieder
ein Überblick verschafft und am
Abend ausführlicher gelesen. Das gilt
allerdings nur für nachrichtenaffine
Zielgruppen. Es gibt auch Leser von
Nachrichten, die nur durch ihren Social
Media-Feed auf Tageszeitungsinhalte
geführt werden und die Seiten
von sich aus gar nicht mehr aufrufen.
An der fragmentierten Mediennutzung
wird sich in absehbarer Zeit wohl
nichts ändern. Es wird abzuwarten
sein, wie bestimmte Medientrends
unseren Nachrichtenkonsum beeinflussen
werden. So könnten beispielsweise
100 JAHRE
MINDENER TAGEBLATT
WIR GRATULIEREN!
Zum Jubiläum wünschen wir dem
MINDENER TAGEBLATT alles Gute.
www.ww-energie.com
Gemeinsam Energie bewegen.
Sprachassistenten wie Siri
(Apple) und Alexa (Amazon) demnächst
wichtig bei der Übermittlung
von Nachrichten werden.
Player wie Google, Amazon und
Facebook dominieren auch zunehmend
den lokalen Online-Markt.
Was machen die Verlage, die dort
eigentlich stark sind, falsch?
Zunächst muss man sich anschauen,
in welchen Bereichen Google,
Amazon, Facebook und Co. den lokalen
Online-Markt dominieren. Mit
eigenen Nachrichten tun sie das
nicht. Sie sind stark darin, bestehende
Inhalte oder Produkte zielgerichtet
an Interessenten zu bringen. Tageszeitungen
haben durch die eigene
Produktion von Inhalten einen
entscheidenden Vorteil gegenüber
diesen Online-Riesen. Wichtig für die
Verlage wird sein, diese Player für
sich zu nutzen, um Menschen zu erreichen,
die nicht von sich aus die
Verlagswebsites ansteuern.
Andererseits dürfen sich Tageszeitungen
nicht von ihnen abhängig machen.
Als Facebook seinen Algorithmus
änderte und Nachrichtenwebsites
bei der Ausspielung von Inhalten
weniger beachtete, brach die
Reichweite vieler Zeitungen stark ein.
Das ist natürlich ein gefährliches Abhängigkeitsverhältnis.
Die Verlage
brauchen eine autarke Digitalstrategie,
die die bestehenden Digitalangebote
einbezieht, ohne sich von Ihnen
abhängig zu machen.
Sie beraten Verlage in ganz Deutschland
bei ihren Online-Strategien:
Was raten Sie denen eigentlich?
Das kommt natürlich ganz auf die jeweilige
Situation des Verlags an. Aber
grundsätzlich begleiten und unterstützen
wir Verlage bei der Erarbeitung und
Umsetzung einer Digitalstrategie. Am
Anfang steht in der Regel eine Fokussierung
auf Zielgruppen. Für wen machen
wir welche Produkte? Welche Zielgruppen
sprechen wir mit unseren Produkten
noch gar nicht an? Welche Ziele
wollen wir in Zukunft erreichen?
Wenn wir das identifiziert haben, geht
es an die Erarbeitung eines Produktportfolios.
Und dann fängt die Arbeit
erst richtig an. Wie stellen wir die Organisation
auf, um die Produkte jeden
Tag produzieren zu können? Wie bereiten
wir unsere Mitarbeiter auf die
neuen Aufgaben vor? Wie setzen wir
die Produkte technisch um? Vor vielen
Verlagen liegt eine Menge Arbeit.
Aber es gibt keine Alternative dazu,
wenn man auch in Zukunft Geld mit
dem Publizieren von Nachrichten verdienen
möchte.
Wie lange, glauben Sie, haben
die Verlage noch, um sich für die
Zukunft aufzustellen?
Das lässt sich pauschal nicht so einfach
beantworten. Es gibt Regionen
und Kontexte, in denen es jetzt schon
zu spät ist. Wir erkennen ja schon länger
den Trend, dass größere, digital
besser aufgestellte Verlage, kleinere
Verlage kaufen und viele Tätigkeiten
dann kosteneffizient zentralisieren.
In anderen, vor allem ländlichen Regionen,
ist das Print-Geschäft für Verlage
immer noch sehr einträglich. Eine
fehlende Digitalisierung ist aber nicht
nur im Hinblick auf schwindende
Abonnentenzahlen kritisch. Die Verlage
merken auch, dass sie als Arbeitgeber
immer unattraktiver werden.
Gerade für potenzielle Mitarbeiter,
die einen starken Digitalfokus haben.
Fehlen Mitarbeiter mit Expertise
im Digitalen, wird es noch schwieriger,
sich für die Zukunft richtig aufzustellen.
Und wenn die Verlage es nicht
schaffen? Wer berichtet denn noch,
wenn keiner mehr da ist?
Bisher sehen wir erst mal nur eine
starke Zentralisierung von Verlagen.
Die Großen kaufen die Kleinen. Irgendwann
könnte es in Deutschland
dann sehr wenige Verlage geben,
die die Gebiete so kosteneffizient
wie möglich mit Inhalten versorgen.
Ob da noch jede Ratssitzung
von einem Redakteur besucht werden
kann, ist fraglich. Vielleicht
springt auch irgendwann die Politik
ein und führt eine Gebühr, ähnlich
dem Rundfunkbeitrag, für Tageszeitungen
ein. Sozusagen ARD und ZDF
auf Tageszeitungsebene. Ich persönliche
glaube allerdings daran, dass
Verlage den Sprung in das digitale Publizieren
schaffen und dort auch Gewinne
erzielen. Wenn Verlage und
ihre Mitarbeiter sich als Nachrichtenlieferanten
verstehen und nicht
als Papierbedrucker kann dieser Wandel
funktionieren.
Jahrzehntelang machten Verlage ihre Zeitung für jede Bevölkerungsschicht
und nahezu jedes Alter. Mittlerweile geht es um Zielgruppen
– und welche Produkte zu ihnen passen. Foto: dpa/Daniel Bockwoldt