DIE WIRTSCHAFT IN DER REGION 3
EDITORIAL
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Über Unternehmenskultur reden so gut wie alle
Unternehmen. Jeder hat sie angeblich –
jedenfalls, wenn man die Chefs fragt. Ob es tatsächlich
so ist, müssen und können allein die Mitarbeiter
entscheiden – und zwar in erster Linie
nicht die, die in der Führungsetage sitzen. Was
würden Sie antworten, liebe Leserinnen und Leser,
hat die Firma, in der Sie arbeiten, eine gute
Kultur?
Da stellt sich zunächst einmal die Frage, was
das eigentlich sein soll, eine Unternehmenskultur
– und dann noch eine gute. Dass kostenlos
Äpfel und Wasser zur Verfügung stehen, ist
schön. Wenn Massagen angeboten werden, es flexible
Arbeitszeiten und die Möglichkeit des Homeoffice
gibt, ist das angenehm und hilfreich.
Gibt es Zuschüsse zu den Kita-Beiträgen oder gar
eine Betriebskita, ist das lobenswert und der
Unternehmenskultur ganz sicher zuträglich.
Meine These ist allerdings, dass kostenlose
Äpfel allein noch nicht Ausdruck einer guten
Unternehmenskultur sind. Die nämlich entscheidet
sich am
ehesten im Umgang
der Menschen
miteinander.
Hört der
Vorgesetzte seinen
Mitarbeitern
zu? Ist er ansprechbar?
Sieht
er, was seine Leute
bedrückt oder
freut? Fühlen die
sich gut aufgehoben?
Und
dann auch andersherum: Respektieren die Mitarbeiter
ihren Vorgesetzten? Sind sie ehrlich zu
ihm? Kurz: Gibt es im jeweiligen Unternehmen
Luft zum Atmen, Offenheit zum Kommunizieren,
Freiheit zum Denken? Die Antworten auf diese
Fragen sind entscheidend.
Wie wichtig das ist, drückt ein wunderbarer
Satz des Management-Vordenkers Peter F.
Drucker aus: „Culture eats strategy for breakfast“
(zu Deutsch: „Zum Frühstück isst die Unternehmenskultur
die Strategie.“) Damit wollte er
ausdrücken, wie unüberschätzbar wichtig die Offenheit
der Kommunikation, die Abwesenheit
von Angst und die Freiheit des Denkens in einem
Unternehmen sind. Ein Firmenlenker kann sich
die tollsten Strategien ausdenken – sie werden
scheitern in einem Klima der Angst oder in einer
Atmosphäre des totalen Drucks.
Die Dinge, die Unternehmen tun, sind jenseits
der Branchenunterschiede oft gar nicht
so unterschiedlich. Aber das Wie sehr wohl. Wie
kommen Firmen zum Erfolg? Auf welchem Weg
des Miteinanders? Unter Berücksichtigung welcher
Werte? Auf welchem gemeinsamen Fundament?
In Zeiten des Fachkräftemangels hat das Thema
an Bedeutung gewonnen. Denn Fachkräfte
haben viel mehr Alternativen als früher. Wenn
ihnen die Stimmung in einer Firma nicht passt,
gehen sie und kommen anderswo unter. Insofern
ist eine gute Unternehmenskultur inzwischen
sehr viel mehr als nur „nett“ – sie ist unter
Umständen zukunftsweisend!
IIn diesem Heft geht es um Unternehmerinnen
und Unternehmer aus unserer Region, die
das verstanden haben und in die Tat umsetzen.
Beim Lesen und Erkunden der Ideen wünsche
ich gute Unterhaltung und spannende Einblicke.
Benjamin Piel
Chefredakteur Mindener Tageblatt