DIE WIRTSCHAFT IN DER REGION 5
Grüne Patenschaften: Wie man
Blühstreifen für Insekten fördert
„Werde Baumpate und rette das Klima! Erhalte blühende Wiesen und Insekten!“
So oder ähnlich werben derzeit eine Vielzahl von Projekten um Spenden.
Berlin. Wer keinen Garten hat,
kann trotzdem etwas pflanzen
und für den Natur- und
Umweltschutz eintreten: über
Blühpatenschaften. Doch die
Vielzahl an Projekten im Netz
überfordert – von groß angelegten
Pflanzungen in Entwicklungsländern
bis hin zum
lokalen Bauern, der seinen
Acker aus der Bewirtschaftung
nehmen und zur natürlichen
Wiese umgestalten
möchte.
Wie man das richtige Projekt
für sich findet, erklärt
Christian Hönig, Fachreferent
für Baumschutz beim Bund
für Umwelt und Naturschutz
(BUND), im Interview mit
dem dpa-Themendienst:
Die angebotenen Blühpatenschaften
sind sehr unterschiedlich
angelegt. Gibt es
Kriterien, auf die ich bei der
Auswahl meiner Beteiligung
achten sollte?
Ich würde beachten, dass man
nicht nur eine Wiese hat, sondern
dass früher oder später
auch eine Vernetzung vom
Flächen geschieht. Denn nicht
nur die einzelnen Lebensräume
werden knapp, viele Insekten
können auch nicht
mehr von ihren begrenzten
Refugien abwandern. Das gilt
auch für die Pflanzen, die sich
so fortpflanzen müssen. Es ist
also nur begrenzt hilfreich,
wenn ich zwar eine schöne
Wiese für die Insekten und
Pflanzen habe, die aber nicht
so leben können, wie sie es
gewohnt sind.
Dann ist darauf zu achten,
dass die Blühangebote auf die
lokale Populationen abgestimmt
ist – also die lokalen
Insekten genau das bekommen,
was sie brauchen. Leider
wird auf den Seiten der Projekte
in den seltensten Fällen
herausgestellt, dass darauf geachtet
wird. Das sind daher
Fragen, die man den Verantwortlichen
stellen sollte.
Sponsoren von Blühpatenschaften sollten sich darüber informieren, ob die Pflanzen auch
auf die lokalen Insekten-Populationen abgestimmt sind.
Es besteht leider die Gefahr,
dass solche Projekte falsch angegangen
werden und fürs
schnelle Geld genutzt werden.
Denn so mancher Acker, den
ich aus der Bewirtschaftung
nehme, kann finanziert über
Patenschaften bessere Preise
erzielen. Da kann es natürlich
sein, dass einfach nur irgendeine
Saatgutmischung genutzt
wird, ohne dass sich da jemand
Gedanken darum macht. Das
gilt übrigens auch für die Zeitpunkte
der Mahden.
Randstreifen von Feldern zu
Blühstreifen zu machen, ist
derzeit ebenfalls beliebt.
Wenn man ihre Kriterien anlegt,
sind aber auch sie problematisch,
oder?
Hier hat sich leider außerdem
noch gezeigt, dass die blühenden
Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/dpa-tmn
Randstreifen für Insekten
sogar gefährlich sein können.
Das hatte man anfangs im
Naturschutz nicht auf dem
Schirm. Denn werden Randstreifen
von Feldern als Blühstreifen
angelegt und damit
Insekten angelockt, und dann
im Feld daneben wie üblich
weiter Pestizide und Herbizide
gesprüht, sind die Randstreifen
Todesfallen.
Daher: Randstreifen neben
konventionellen Feldern gehen
gar nicht, nur Randstreifen
neben einem biologisch
betriebenen Acker sind wirklich
cool. Das zeigt, es ist
schwer für diejenigen, die sich
nicht viel damit beschäftigen,
das richtige für sich zu finden.
Gibt es keine einheitlichen
Standards für die Projekte,
an denen man sich orientieren
kann?
Es gibt bei den Blühpatenschaften
noch kaum Standards
und keine Zertifikate,
denn das Ganze entwickelt
sich gerade erst. Fragen zu
stellen ist daher wichtig. Das
ist natürlich ein schmaler
Grad zu „ich nerve meinen
Bauern mit blöden Ökofragen“,
und das kann schon mal
anstrengend sein.
Aber man sollte die Beteiligung
nicht einfach nur als
eine Art Ablasshandel sehen,
sondern den Kontakt suchen
und Verantwortung übernehmen.
Man sollte schauen, was
genau da passiert und wie gut
das Projekt mit der Zeit läuft.
Ziel muss auch sein, dass die
Flächen lange erhalten bleiben.
(tmn)