6 MENSCHEN · MACHER · MÄRKTE
Ostwestfalen – Bei der industriellen
Digitalisierung ganz weit vorn
Gastbeitrag von Wolf D. Meier-Scheuven, Präsident der Industrie- und
Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK)
Bielefeld. Die Digitalisierung
hat viele Facetten: Aus Büchern
werden E-Books, Online
Banking hat sich in vielen
Bereichen durchgesetzt, Musik
erreicht den Hörer immer
öfter online und die E-Mail
hat in vielen Bereichen längst
den Brief abgelöst. Das sind
nur einige Beispiele, wie
unser tägliches Leben von
dem Phänomen beeinflusst
wird.
Diese Vorboten haben unseren
Alltag schon weitgehend
durchdrungen. Doch die
Technologiewelle treibt uns
weiter voran: Die digitale
Transformation erfasst derzeit
fast alle Stufen der industriellen
Wertschöpfung. Von
der Produktentwicklung über
die Produktion bis hin zu Vertrieb
und Logistik entwickeln
Industrie und Dienstleister
zahlreiche kreative Lösungen.
Immer häufiger werden ganze
Geschäftsmodelle in Frage gestellt
und gegebenenfalls neu
erfunden. Der industrielle
Kern der Wirtschaft steht damit
vor grundlegenden Veränderungen.
Diese können
mit einem imposanten
Wachstum einhergehen oder
den Verlust von Marktführerschaft
bedeuten.
Wenn Digitalisierung gelingen
soll, ist eine exzellente Infrastruktur
unabdingbar. Sie
bildet das Rückgrat für eine
vernetzte Wirtschaft. Darum
müssen leitungsgebundene
und auf Funk basierende
Breitbandanbindungen mit
einer sehr hohen Servicequalität
flächendeckend zur Verfügung
stehen.
Viele Unternehmen müssen
noch für das Thema sensibilisiert
und aktiviert werden.
Denn die digitale Ökonomie
verspricht auch neue, bisher
ungenutzte Wertschöpfungspotenziale.
Um diese Möglichkeiten erkennen
und umsetzen zu
können, sollten Unternehmen
ihre so genannte „digitale Reife“
erhöhen. Dazu gehört erstens
eine Durchdringung der
digitalen Trends und Möglichkeiten;
zweitens ein Verständnis
dafür, wie sich die Wettbewerbsregeln
im digitalen
Raum ändern, um Geschäftsmodelle
zu optimieren und
zu entwickeln; und drittens
die Fähigkeit zum Auf- und
Ausbau jener Ressourcen, die
nötig sind, um neue Lösungen
zu realisieren. Dabei sollte
den Entscheidern immer
bewusst sein, dass der Wettbewerber,
den sie bislang vielleicht
noch nicht einmal als
solchen wahrgenommen haben,
immer nur den berühmten
Klick entfernt ist.
In Ostwestfalen-Lippe ist in
Sachen Reife der Industrie in
den vergangenen Jahren
schon viel geschehen: Im
Technologie-Netzwerk Intelligente
Technische Systeme
Ostwestfalen-Lippe – kurz „it's
OWL“ – haben sich seit 2012
über 180 Unternehmen,
Hochschulen und weitere
Partner zusammengeschlossen.
Ausgezeichnet als Spitzencluster
durch das Bundesforschungsministerium
wurde
und wird in 47
For-schungsprojekten
Industrie
4.0 zur Realität.
In den Forschungsprojekten
entwickeln die
wissenschaftlichen Einrichtungen
neue Technologien
und Methoden. Dadurch entstand
eine einzigartige Technologieplattform,
mit der
Unternehmen im verarbeitenden
Gewerbe die Zuverlässigkeit,
Ressourceneffizienz und
Benutzerfreundlichkeit ihrer
Produkte und Produktionssysteme
steigern können. Viele
Unternehmen – insbesondere
kleine und mittlere – haben
nicht ausreichend Wissen,
Erfahrung und Ressourcen,
um die Potenziale dieser
neuen Technologien für ihr
Unternehmen zu bewerten
und sie bedarfsgerecht in ihre
Produkte und Produktionsprozesse
zu implementieren.
Darum wurden in den letzten
zurückliegenden fünf
Jahren weit mehr als 150
Transferprojekte initiiert, die
die praxisnahen Forschungsergebnisse
im Mittelstand
etablierten. Die ersten
Schritte hin zur digitalen
Reife sind damit gemacht. In
diesem Jahr hat das Land
Nordrhein-Westfalen die
Förderung solcher Transferprojekte
glücklicherweise
wiederaufgenommen.
Auch die Industrie- und
Handelskammer Ostwestfalen
zu Bielefeld (IHK) vermittelt
aktiv diese geförderten Transferprojekte
und stellt dazu
Kontakte zwischen Wirtschaft
und Wissenschaft her. Im letzten
Jahr sind in der IHK gemeinsam
mit der Fachhochschule
Bielefeld Projektgruppen
entstanden, die sich zum
Beispiel mit der Blockchain-
Technologie befassen oder
mit dem Thema Künstliche
Intelligenz im Mittelstand.
Weitere Themen sind die
Überprüfung der Geschäftsmodelle,
die geeignete Unternehmenskultur
oder die vorausschauende
Wartung von
Industrieanlagen.
Bislang konnte Ostwestfalen
Lippe über die genannten
Aktivitäten und verschiedene
andere Projekte schon einen
vorderen Platz im Digitalisierungsrennen
erobern. Zum
Beispiel beim Thema „Internet
of Things (IoT)“ finden Lösungen
und Anbieter aus
OWL europaweit Beachtung
und untermauern so ihren
Anspruch auf die Vorreiterrolle
in der industriellen Digitalisierung.
(pr)
IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven. Foto: pr
Exzellente Infrastruktur für
richtiges Gelingen unabdingbar