DIE WIRTSCHAFT IN DER REGION 3
EDITORIAL
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Die fetten Jahre sind vorbei. Nach den einhelligen
Prognosen der Wirtschaftsinstitute
und des Sachverständigenrates neigt sich der
rasante Aufschwung dem Ende zu. Sprich: Der zuletzt
unter Volllast dampfenden deutschen Konjunkturlok
geht langsam die Puste aus. Nach
einem Boom-Jahrzehnt rechnen die Ökonomen
für dieses Jahr noch mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts
von 0,8 Prozent. Hauptgrund
für die Abkühlung ist die schwächelnde
Weltwirtschaft. Donald Trumps „America-First-
Strategie“, Strafzölle und Handelskonflikte, die
stotternde Konjunktur in China sowie die anhaltende
Brexit-Unsicherheit belasten die globale
Entwicklung. All das trifft vor allem die exportstarke
deutsche Industrie.
Keine Frage: Die Weltwirtschaft ist in unbeständiges
Wetter geraten und an einem heiklen
Punkt angekommen – auch wegen politischer
Einflüsse.
Handelsschranken
sind nicht
die Antwort und
niemand ist Sieger
in einem
Handelskrieg,
mahnen mit klarem
Blick auf die
andere Seite des
Atlantiks der
Internationale
Währungsfonds (IWF) wie auch die Welthandelsorganisation
(WTO). Und appellieren zu
weltweiter Zusammenarbeit, um etwa Finanzmärkte
noch stärker zu regulieren und Herausforderungen
wie den Klimawandel zu schultern.
Doch neben Schatten gibt es auch Licht. Die
Gefahr einer ausgeprägten Rezession gebe
es hierzulande nicht, verbreiten führende
Ökonomen weiterhin Zuversicht. Die Wirtschaft
in Deutschland kühlt sich zwar ab, aber
sie friert noch nicht. Arbeitsmarkt und Einkommen
der Beschäftigten bleiben stabil, die
Inflation moderat.
Es ist vor allem der robuste Binnenkonsum,
der ein noch schwächeres Wachstum verhindert.
Insbesondere die Bauwirtschaft
brummt nachhaltig. Auch die Löhne entwickeln
sich kräftig – im laufenden wie auch im
kommenden Jahr um voraussichtlich gut drei
Prozent, so die Prognosen. Für 2020 sind die Forscher
jedenfalls wieder optimistischer. Dann
rechnen sie wie auch die Wirtschaftsweisen mit
einem Wachstum von 1,7 bis 1,8 Prozent. Und
weil es schon jetzt dramatisch an Fachkräften
mangelt, dürfte auch die Zahl der Arbeitslosen
ungeachtet der Abkühlung weiter fallen. Es werden
weiter neue Jobs geschaffen – aber in geringerem
Umfang.
Gleichwohl: Es mehren sich die Forderungen
an die Bundesregierung, jetzt kräftig und gezielt
zu investieren. Und zwar ohne Furcht vor
neuen Schulden. Um einer – im Koalitionsvertrag
zementierten – „Schwarzen Null“ im Haushalt
willen sollte der Konjunktur nicht hinterhergespart
werden, so der Tenor zahlreicher Ökonomen.
Die Schuldenbremse und europäische
Vorgaben ließen konjunkturbedingte Defizite
ausdrücklich zu. Wenn wegen der Nullzinsen Investitionen
fast nichts kosten, dem Wachstum
aber frische Impulse geben, finanzieren sich die
Schulden fast von selbst, heißt es.
Weitgehend einig sind sich die Experten darin,
dass deutlich mehr Geld fließen muss
als die von Finanzminister Olaf Scholz jährlich
eingeplanten 20 Milliarden Euro. Bedarf gibt es
reichlich: die Leitungen für Stromversorgung
und Internet müssen schnell ausgebaut, der Klimaschutz
und die Forschung für den Digitalschub
verstärkt werden.
Bangemachen gilt nicht – insbesondere nicht
für die Region Ostwestfalen-Lippe mit ihrem
starken Bodensatz an mittelständischen Firmen.
In der Elektro- und Elektronikindustrie oder
im Maschinenbau etwa trumpfen zahlreiche
Unternehmen aus der Region in ihren Nischen
als „heimliche“ Weltmarktführer auf. Nach einer
Studie der Stockholm School of Economics zählt
OWL zu den herausragenden Clustern in Europa
– gekennzeichnet durch eine hohe Beschäftigungskonzentration,
Innovationsfähigkeit und
Exportquote.
Vor Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, liegt
die 39. Ausgabe des MT-Magazins „Menschen
Macher Märkte“. Erneut dokumentieren
die zahlreichen Porträts beispielhaft die Stärken,
die Verantwortung und Bodenständigkeit
der vielen kleinen und mittelständischen Betriebe
im Mühlenkreis. Viel Spaß bei der Lektüre
wünscht
Ihr
Thomas Traue
(stellvertretender Chefredakteur)