30 MENSCHEN · MACHER · MÄRKTE
Nur frisch rasiert zur Arbeit? In der Regel darf ein Arbeitgeber keine Vorgaben zum Aussehen seiner Angestellten machen –
das betrifft auch den Bart. Foto: Judith Michaelis/dpa-tmn
Darf ein Arbeitgeber verbieten,
dass Angestellte Bart tragen?
Frage aus dem Arbeitsrecht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit
Nürnberg. Ein gepflegtes Erscheinungsbild
und Auftreten
– eine Anforderung von
Arbeitgebern an Angestellte,
die eigentlich jeder nachvollziehen
kann. Für einige Chefs
gehört dazu jedoch, dass Angestellte
glatt rasiert zur
Arbeit kommen. Das ist nicht
immer nach dem Geschmack
der Mitarbeiter. Darf ein Chef
verbieten, dass Angestellte
Bart tragen?
„Vorgaben zum Aussehen
greifen in die freie Entfaltung
der Persönlichkeit ein“, erklärt
Jürgen Markowski, Fachanwalt
für Arbeitsrecht in Nürnberg.
Das gilt bei Bärten ebenso
wie bei Tätowierungen, Frisuren
oder Piercings. In solchen
Fällen steht im Zweifel
das allgemeine Persönlichkeitsrecht,
das im Grundgesetz
festgeschrieben ist, dem
Interesse des Arbeitgebers
gegenüber. „Und die Persönlichkeitsrechte
überwiegen in der
Regel“, sagt der
Fachanwalt, der
Mitglied in der
Arbeitsgemeinschaft
Arbeitsrecht
des Deutschen Anwaltvereins
ist.
Sollte es im Betrieb besondere
Hygienevorschriften geben,
kann der Arbeitgeber
aber zum Beispiel verlangen,
dass der Arbeitnehmer ein
Bartnetz trägt, erläutert Markowski.
Gleiches gilt für Sicherheitsbedenken.
Etwa
wenn ein Angestellter an Maschinen
tätig ist, in denen
sich der Bart verfangen kann.
Unter bestimmten Umständen
kann ein Arbeitgeber
auch von einem Angestellten
mit Kundenkontakt
ein gewisses
Erscheinungsbild
erwarten.
Allerdings muss er
im Streitfall sein berechtigtes
Interesse
nachweisen könne.
„In aller Regel sind Vorschriften,
die das persönliche Erscheinungsbild
betreffen,
nicht berechtigt.“
Zudem gilt: „Jede kollektive
oder generelle Anweisung,
die das Verhalten von Beschäftigten
betrifft, vor allem
wenn diese Persönlichkeitsrechte
von Angestellten berührt,
ist mitbestimmungspflichtig“,
sagt Markowski.
Das heißt: Gibt es im Unternehmen
einen Betriebsrat,
muss dieser einem Verbot zunächst
zustimmen. Außerdem
muss die Regelung dann
in der Betriebsvereinbarung
festgeschrieben werden.
Nicht zuletzt müsse man
unterscheiden, ob ein Bartträger
im öffentlichen Dienst
oder in einem Beamtenverhältnis
angestellt ist. Hier
können die Regeln durchaus
strenger sein. „Aber selbst da
ist es für Arbeitgeber nicht so
einfach, Vorgaben zu machen,
die das Persönlichkeitsrecht
des Einzelnen einschränken“,
sagt Markowski.
(tmn)
In der Regel überwiegen
die Persönlichkeitsrechte
Ähnliches gilt ebenfalls für
Tätowierungen und Piercings