D I G I T A L E S 9
Mut zu neuen digitalen Formaten
Themen-Spezial „Hiller Morde“ brachte der Digital Unit wichtige Erkenntnisse
und eine Preisnominierung.
Von Stephanie Klusmann
Wie erreicht man neue Zielgruppen
im Digitalen – und inwieweit
sind diese dazu bereit,
für digitale journalistische
Inhalte Geld zu bezahlen?
Um das herauszufinden,
startete die Digital Unit in Zusammenarbeit
mit der Redaktion
Digitale Inhalte und Stefanie
Dullweber, Lokalredakteurin
für Hille, eine neue Form der
journalistischen Darstellung.
Das Themen-Spezial „Hiller
Morde“ brachte dem Team viele
wichtige Erkenntnisse und
eineNominierungfür einenlandesweiten
Journalistenpreis.
Der Dreifachmord in Hille bewegte
die Region, die Leser des
MT und seiner digitalen Kanäle.
Nahezu alle Berichte über den
immer komplexer werdenden
Fall waren auf MT.de regelmäßig
unter den bestgeklickten Artikeln.
„Wir wollten vor dem
Urteil die Geschichte noch einmal
erzählen“, erläutert Nadine
Schwan, aus der Digital Unit
die Beweggründe für das Themen
Spezial. Dies sollte auf
einer eigenen Website stattfinden,
um die Gestaltungsmöglichkeiten
voll ausschöpfen zu
können.
Das Digital-Team entschloss
sich, die Story wie eine
Serie zu erzählen, mit einzelnen
Folgen und Spannungsbogen.
Auf www.hiller-morde.
de rekonstruiert es in insgesamt
18 Kacheln wer Täter,
Opfer und Trittbrettfahrer waren,
es gibt Videos, einen interaktiven
Zeitstrahl und einen
Podcast zum Thema. Das Spezial
ist ein Bezahl-Inhalt und
kann für 2,99 Euro erworben
werden. Die ersten beiden Kacheln
sind frei, danach wird
der User zum Zahlen aufgefordert.
Bereits bestehende
MT.de-Kunden können das
Angebot kostenfrei lesen.
Nach einigen Monaten zogen
Journalisten, Programmierer,
Grafiker und Vermarkter
Bilanz. „Die Aufrufzahlen
der Seite waren leider nicht so
hoch wie erwartet“, sagt Nadine
Schwan. Die User verweilten
auf der Seite zwar verhältnismäßig
lange, gekauft
haben aber nur wenige. „Das
zeigt uns, dass die Zahlungsbereitschaft
im Netz für journalistische
Produkte immer
noch gering ist.“ Dass der verwendete
Bezahldienst eine Registrierung
erfordert, habe zusätzlich
abgeschreckt.
Die Reaktionen aus der Leserschaft
fielen gemischt aus.
„Es gab viele negative Rückmeldungen
auf Facebook und
in den Leserbriefen.“ Kritikpunkte
seien die Aufmachung,
Erzählweise und die
blutigen Grafiken gewesen. Es
gab aber auch positive Reaktionen
– wenngleich vorwiegend
in privaten Mails oder
persönlich. „Wie ein Kriminalroman
lesen sich die zugegebenermaßen
spannend geschriebenen
Artikel auf der
Webseite“, zitiert Schwan eine
Reaktion. Sie findet: „Auch
wenn es negative Rückmeldungen
gab, zeigt uns das, dass
unseren Lesern wichtig ist, was
wir tun. Wäre es ihnen egal, wäre
nichts gekommen und das
wäre viel schlimmer.“
Für künftige Projekte hat
sich die Digital Unit vorgenommen,
sensible Themen so
nüchtern wie möglich zu behandeln
und Formate vorab an
neutralen Usern aus dem eigenen
Kollegen- oder Freundeskreis
zu testen. Zudem sollen
sie besser auf MT.de eingebunden
werden, um den Effekt
des Umfeldes besser nutzen
und die Bekanntheit stärken
zu können.
Neben diesen Erkenntnissen
kann die Digital Unit einen Erfolg
verbuchen: Das Themen-
Spezial ist für den Preis des Journalismus
Labs der Landesanstalt
für Medien NRW nominiert,
mit dem besonders gelungene
lokaljournalistische
Onlineangebote prämiert werden.
Neben der Aufmerksamkeit
eines breiten Fachpublikums
und einer Trophäe erhält
der Gewinner ein Preisgeld von
jeweils bis zu 2.500 Euro. Die
Preisverleihung findet Mitte
November in Düsseldorf statt.
Der Verlag J.C.C. Bruns drückt
der Digital Unit die Daumen!
Mehr Infos:
www.hiller-morde.de
www.journalismuslab.
de
Täter, Opfer, Tatort: Jede der insgesamt 18 Kacheln widmet sich
einem Teil der Geschichte um den Hiller Dreifachmord.
Digitale Inhalte besser
auf MT.de einbinden
Die Möglichkeiten der
Gestaltung ausschöpfen