Nachrichten 41
Schockierend und unfassbar
Lügde wird zum größten Missbrauchsfall der letzten Jahrzehnte
Lügde (dpa/nw). Ein kleines
Dorf im lippischen Südosten
wird zum Schauplatz tausendfachen
Kindesmissbrauchs
– und Beispiel eines
totalen Behördenversagens.
Seit dem 30. Januar ist Lügde
Thema in den Medien.
Über etliche Jahre hinweg
hat der 56-jährige Dauercamper
Andreas V. auf dem Campingplatz
„Eichwald“ gemeinsam
mit zwei Komplizen Kinder
sexuell missbraucht und
für den Dreh von Kinderpornos
benutzt. Erst nach und
nach kommt das ganze Ausmaß
des Skandals ans Licht.
Schon viel früher hatte es
Hinweise gegeben. Die erste
Tat ist offenbar vor mehr als
17 Jahren erfolgt. Lügde ist damit
einer der größten sexuellen
Missbrauchsfälle in den
letzten Jahrzehnten.
Was besonders schockiert:
Die umfangreiche Liste der
Pannen und Versäumnisse,
die sich nordrhein-westfälische
und niedersächsische Jugendämter
und Polizeidienststellen
geleistet haben, obwohl
sie offenbar die Möglichkeit
zur Verhinderung vieler
Taten oder zumindest
einer frühzeitigeren Aufklärung
hatten.
Die Polizei in Lippe gerät
massiv unter Druck: Erst werden
Hinweise ignoriert, dann
wird ausgerechnet ein Polizeischüler
mit der Auswertung
der Daten beauftragt. Wichtiges
Beweismaterial geht verloren,
und auch am Tatort selbst
wird ungenügend ermittelt.
Dafür rollen Köpfe: Lippes Kripo
Chef und der Polizeidirektor
müssen gehen. Die Staatsanwaltschaft
Detmold ermittelt
nicht nur gegen die mutmaßlichen
Tatbeteiligten, sondern
auch gegen 14 Mitarbeiter
von Behörden und Wohlfahrtsverbänden.
Ende Oktober
wird Hamelns Landrat
Tjark Bartels in den Ruhestand
versetzt. Er erklärt seinen
Rücktritt mit Burn-Out.
Am 5. September werden
die zwei Haupt-Angeklagten
zu hohen Haftstrafen verurteilt.
Das Landgericht Detmold
verhängt eine Freiheitsstrafe
von 13 Jahren gegen
den 56-jährigen Andreas V.,
der 34-jährige Mario S. erhält
12 Jahre. Das Gericht ordnet
außerdem die anschließende
Sicherungsverwahrung für
die beiden Deutschen an – zu
groß sei das Risiko, dass sie
sich nach der verbüßten Haft
wieder an Kindern vergehen
würden, begründet das Gericht.
Andreas V. werden insgesamt
rund 290 Missbrauchstaten
zur Last gelegt. Mario S.
hat sich in rund 160 Fällen an
Mädchen und Jungen vergangen.
Unter den Taten sind insgesamt
rund 250 Vergewaltigungen.
Das Verfahren gegen
den dritten Angeklagten Heiko
V. (49) wird bereits einen
Tag nach Prozessbeginn am
28. Juli abgetrennt. Er hat sich
in Webcam-Übertragungen
angesehen, wie Minderjährigen
schwere Gewalt angetan
wurde, teilweise hat er dazu
angestiftet. Am 17. Juli fällt
gegen ihn das Urteil: Zwei Jahre
Haft auf Bewährung. Dieses
milde Urteil sorgt für Proteste.
Demonstranten gehen in
Bielefeld und Detmold auf die
Straße.
Ein weiterer „Lügde-Prozess“
sorgt für Schlagzeilen.
Ein 16-Jähriger, der drei Kinder
sexuell missbraucht haben
soll, steht im Oktober
unter Ausschluss der Öffentlichkeit
vor dem Landgericht
Paderborn. Der Junge wurde
als Kind selbst missbraucht –
vom verurteilten Mario S.
Der große seelische Druck,
aber auch das falsche, von
Mario S. vorgelebte Sexualverhalten
ließen den Schüler
zum Täter werden. Er wird
am 31. Oktober freigesprochen
und unterzieht sich
einer Therapie. Als einen
Freifahrtschein wollen die
Richter das Urteil aber nicht
verstanden wissen. Die Entscheidung
betreffe einen besonderen
Einzelfall.
Mario S. (links) und Andreas V. (mit Aktendeckel vor dem Gesicht)
werden zu hohen Haftstrafen verurteilt. Foto: dpa
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