42 Mindener Freischießen
„Das Freischießen ist ein Teil von mir!“
Interview mit Moderator Carsten Dehne
Er ist ein echter Mindener
Buttjer und in seiner Heimatstadt
als langjähriger Moderator
von Radio Westfalica bekannt
wie der bunte Hund.
Und er sagt über sich selbst:
„Das Freischießen ist ein Teil
von mir!“ Beste Voraussetzungen
also für Carsten Dehne,
dem heutigen Chefredakteur
von Radio Herford, um erstmals
am Wachtag und Paradetag
die Live-Moderationen auf
den Schauplätzen des Mindener
Freischießens zu übernehmen.
Wir haben uns mit dem
53-Jährigen unterhalten.
Herr Dehne, zum ersten Mal
übernehmen Sie die Moderation
an den beiden Haupttagen
des Mindener Freischießens.
Mussten Sie lange überlegen,
als die Anfrage kam?
Die erste Anfrage kam von
einem Spieß einer Kompanie,
mit dem ich gut befreundet
bin. Ich habe als erstes gedacht:
Das wäre ja ein Knaller! Dann
habe ich alles mit dem Stadtmajor
besprochen und mich
sehr gefreut, dass ich es tatsächlich
machen kann. Ich bin
sehr bodenständig und in Minden
verankert, deshalb freue
ich mich total auf diese Aufgabe.
Auch weil man mich offensichtlich
nicht vergessen hat,
obwohl ich Minden ja beruflich
verlassen habe.
Welche Beziehung haben Sie
zum Freischießen?
Da muss ich ganz weit zurückgehen.
Ich bin in der Lindenstraße
geboren, dann ging’s
weiter zum Weingarten, Priggenhagen
und Hohe Straße bis
ich 13 Jahre alt war. Ich bin also
ein richtiger Mindener Buttjer.
Der Bruder meines Großvaters
war sehr rege in der 3. Kompanie
aktiv und seine beiden Söhne
sind immer im Anzug und
mit Holzgewehren mitmarschiert.
Das fand ich toll und
bin dann auch beim Freischießen
mitgetippelt, witzigerweise
immer vor dem Zug. Was war
damals in der Stadt los! Männer
in schwarz haben Blumen
von schönen Frauen bekommen,
mein Onkel durfte im
Buggy mit der großen Strothmann
Deko-Flasche mitfahren
und später habe ich das erste
Bier meines Lebens, ein Weser
Pils, beim Freischießen getrunken.
All das habe ich aufgesaugt!
Wo ist der Unterschied zwischen
der Arbeit im Studio und
einer Live-Moderation?
Das ist total zu trennen. In
einer Frühmoderation im Radio
muss man zum einen die
Studiotechnik beherrschen
und zum anderen voll in den
Themen sein. Ich muss die Hörer
morgens abholen und wach
machen. Das ist eine völlig andere
Aufgabe. Ich moderiere
aber auch gelegentlich Veranstaltungen,
zum Teil vor großem
Publikum. Beim Freischießen
kommt jetzt eine ganz andere
Sache auf mich zu. Die
meisten hier dürften mich
kennen, ich habe an verschiedenen
Orten in der Stadt gewohnt
und bin für viele ein
bunter Hund. Da will ich nach
Möglichkeit nichts Falsches sagen,
davor habe ich Respekt.
Aber ich will es machen wie
immer und sprechen, wie mir
der Schnabel gewachsen ist
und auch mal einen Spruch
raushauen.
Sind Sie nach so vielen Jahren
im Beruf noch nervös?
Ich habe immer etwas Lampenfieber,
aber selten in den
vergangenen Jahren so eine
Aufregung gespürt. Das Freischießen
ist ein ganz besonderes
Fest für einen Mindener.
Ich habe das große Glück, dass
ich vom Freischießen als Besucher
viel kenne. Ich war aber
nie in einer Kompanie aktiv.
Sie gehörten zum Team, das
Radio Westfalica nach dem
Start am 22. Juni 1991 zum lokalen
Marktführer gemacht
hat. Das war noch ein ganz anderes
mediales Zeitalter, welche
Erinnerungen haben Sie an
diese Zeit?
Ich erinnere mich noch gut an
die Anfänge. Als erstes habe ich
einen Bericht über ein Handball
Testspiel von GWD Minden
gemacht. Dass ich zum Radio
kam war aber nie mein
Plan, ich hatte damals eine
Ausbildung zum Industriekaufmann
bei Melitta gemacht
und wollte da richtig viel erreichen.
Dann habe ich zufällig
jemand von Radio Westfalica
getroffen, mit dem ich zusammen
bei der Bundeswehr war.
Ich war dann ein halbes Jahr
freier Mitarbeiter zunächst für
Sportthemen.
Kann man sagen, dass es vom
Experiment zu einem Traumjob
für Sie geworden ist?
Zum Traumjob ist es geworden,
aber es war kein Experiment.
Ich bin schon immer total
sportverrückt gewesen und
habe fast jede Sportart im
Fernsehen geguckt, sogar auf
den damaligen DDR-Sendern.
Und wenn es keinen Sport gab,
habe ich auf einem kleinen
Kassettenrekorder das Aktuelle
Sportstudio nachgesprochen
oder aus Fußballbüchern Statistiken
vorgelesen. Als Schüler
habe ich für ein Veranstaltungsmagazin
geschrieben.
Aber ich hätte nie gedacht,
dass ich beruflich mal in diese
Richtung gehe.
Doch eines Tages war es
dann soweit. Ich hatte inzwischen
die Firma gewechselt,
habe dann von heute auf morgen
gekündigt, aus einer Telefonzelle
in Bad Oeynhausen
beim damaligen Chefredakteur
Ralf Huber angerufen und
konnte gleich bei Radio Westfalica
anfangen. Ich habe an diesem
Freitagvormittag beschlossen,
alles zu ändern. Man hat
mir diese Chance gegeben und
dafür bin ich unendlich dankbar.
Denn es ist bis heute ein
Traumjob.
Vor fünf Jahren sind sie als
Chefredakteur zu Radio Herford
gewechselt. Ist Ihnen der
Wechsel schwergefallen?
Ich hatte mich zunächst als
Chefredakteur in Minden beworben,
aber die Stelle wurde
anders besetzt. Als dann das
Angebot kam, als Chefredakteur
nach Herford zu gehen,
habe ich nicht sofort zugesagt,
sondern mich erstmal mit der
Familie beraten. Ich habe dann
festgestellt, dass es vielleicht
ein großes Glück ist, Privates
und Berufliches trennen zu
können. Ich konnte nicht
durch Minden durch die Bäckerstraße
gehen, ohne dass
mich Leute angesprochen haben.
Keine Wunder, man kannte
eben mein Gesicht und meine
Stimme und ich bin ja auch
einer zum Anfassen. Ob ich
mal zurückkomme? Vorstellen
kann ich mir immer viel. Ich
weiß aber nicht, was die Zeit
bringt. Und ich habe auch keine
konkreten Pläne. Das lasse
ich auf mich zukommen. Beruflich
möchte ich erstmal weiterhin
in Herford sehr erfolgreich
Radio machen.
Worauf freuen Sie sich beim
diesjährigen Freischießen am
meisten?
Wer es nicht erleben kann,
wird es nicht wissen: es ist das
Grünholen der Kompanien
am Mittwoch. Die Vorfreude
in den Augen der Beteiligten
ist gigantisch und überall
herrscht gute Stimmung. Seitdem
ich das mitmachen darf,
freue ich mich sehr auf diesen
Tag. Und ich liebe die Marschmusik,
auch wenn ich sie zuhause
niemals höre. Das Freischießen
ist ein Teil von mir!
Carsten Dehne. Foto: pr