Kitas, Kinder, Kostenstellen – Erzieher Tobias Tischer ist 29 Jahre alt und leitet zwei Kitas in Lahde und Petershagen. Warum gehen nicht mehr Männer diesen Weg? (#200in365, No.115)

Kita-Leiter Tobias Tischer im Gruppenraum mit den Zwillingen Jan (links) und Mika. MT-Foto: Benjamin Piel

Es ist Abholzeit in der Lahder Johanniter-Kita Bullerbü. Kinder springen Eltern in die Arme – Hausschuhe aus, Winterjacken an, „bis morgen“. Wenn der Kindergarten-Tag eine unruhige Phase hat, dann diese. Einrichtungsleiter Tobias Tischer bringt sie nicht aus der Ruhe. Der 29-Jährige steht in seinem Büro am Schreibtisch, die Tür ist fast immer offen. So ist es zwar oft laut, wenn er sich um Kostenstellen, Dienstpläne oder Abrechnungen kümmert. Aber das ist ihm lieber als abgeschottet zu sein vom Kita-Leben. „Es ist immer gute Laune vor der Tür und das ist schön“, sagt der gebürtige Mindener.

Noch immer gibt es deutlich mehr Erzieherinnen als Erzieher und Männer, die einen Kindergarten leiten, sind erst recht selten. Fischer bedauert das. „Ich wusste schon in der neunten Klasse, dass ich Erzieher werden will“, erinnert er sich. Er habe gemerkt, dass ihm die Arbeit mit Kindern liege, machte ein Praktikum in einer Kita, der Berufswunsch blieb.

Warum sich nicht mehr Männer für den Beruf entscheiden, weiß Tischer nicht so recht. Schließlich sei die gesellschaftliche Anerkennung hoch, politisch gewinne das Thema an Bedeutung, die abwechslungsreiche Arbeit lasse viel Freiraum für Kreativität. Nur die Bezahlung, die sei zu gering. „Wir haben einen hohen Stellenwert in der frühkindlichen Bildung, tragen viel Verantwortung und deshalb sollte man über die Gehälter nochmal nachdenken“, fordert er.

Tischer sind Männer als Mitarbeiter willkommen. Es sei gut für die Kinder auch männliche Ansprechpartner zu haben, Dinge wie das Kräftemessen stünden bei ihnen stärker im Fokus. Dass Männer sich mit dem impliziten Vorwurf konfrontiert sähen, sie seien womöglich pädophil, hat Tischer selbst nie erlebt und hat auch nicht den Eindruck, dass dieser Punkt ein Thema unter Eltern sei.

Weil der Eldagser inzwischen nicht nur die Kita in Lahde, sondern auch die Johanniter-Kita Regenbogen in Petershagen leitet, hat er immer mehr Führungs- und Verwaltungsaufgaben. Immerhin leitet er ein Team von 29 Mitarbeitenden. „Aber ich hole mir auch immer mal wieder Zeit mit den Kindern und gehe in die Gruppen“, sagt er. Außerdem sei ja auch die Organisationsarbeit am Ende etwas, das er für die Kinder mache.

Dass er fast ausschließlich Frauen zu führen hat, habe sich als unproblematisch herausgestellt. „Erst habe ich mir gedacht, was das wohl wird“, gibt er zu, aber inzwischen sei das gar kein Thema mehr.

In der Ganztagsbetreuung sieht der Vater eines Sohnes eine zunehmende Herausforderung für Kitas und deren Mitarbeiter. Denn das sei zum einen eine Herausforderung in der Organisation und mache perspektivisch vielleicht auch etwas wie Schichtarbeit zum Thema.

Und zum anderen wüchsen die pädagogischen Anforderungen an die Kitas. Tischkultur, soziales Miteinander, die Eltern möglichst stark teilhaben zu lassen, an dem was ihr Kind in der Kita-Zeit erlebt – diese Dinge gewinnen an Bedeutung und machen den Erzieherberuf komplexer.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur

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