Eine Kirche ohne Gemeinde – Dass St. Simeonis lebt, ermöglichen Andreas Brügmann und 25 Ehrenamtliche (#200in365, No.109)

Pastor Andreas Brügmann ist für das Programm von St. Simeonis verantwortlich. MT-Foto:
Benjamin Piel

Wie kann eine Kirche leben, deren Gemeinde schon vor 15 Jahren aufgelöst worden ist? Ohne Personal und Vorstand? Erstaunlich gut, lautet die Antwort im Falle der Mindener Kirche St. Simeonis. Das hat einiges mit Andreas Brügmann und 25 Ehrenamtlichen zu tun.

Der Pastor erarbeitet Monatsprogramme mit Ausstellungen, Konzerten, Tanzabenden, Theateraufführungen. Die Ehrenamtlichen sorgen als Gastgeber dafür, dass die Kirche dienstags bis samstags von 11 bis 17 Uhr geöffnet ist. Manche halten sich im Hintergrund, andere sprechen auch mal ein Gebet mit Besuchern. Gemeinsam halten Pastor und Gastgeber eine Kirche am Leben, von der einige vor ein paar Jahren gedacht hatten, sie würde bald mausetot sein.

Eine Wunde ist es für einige Leute noch immer, dass die Kirche keine Mitglieder mehr hat. Aber drei evangelische Gemeinden in der Innenstadt – das waren zu viele für die weniger werdenden Gläubigen. „Rettet St. Simeonis“, das war auf einem Schild zu lesen, das damals neben der Kirche stand. Die Narbe der Schließung schmerzt einigen noch heute und selbst wem sie nicht mehr weh tut, erinnert sich an einen schmerzlichen Prozess.

Aber das alles ändert nichts daran, dass „die Arbeit läuft“, wie Brügmann es ausdrückt. Er ist ein Glücksfall für St. Simeonis. Denn er ist bei der westfälischen Landeskirche angestellt, wird also aus Bielefeld finanziert. In sieben Jahren aber wechselt er in den Ruhestand. Wie wird es dann weitergehen? Und werden sich in Zukunft noch genug Freiwillige finden? Noch ist das alles nicht sicher.

Klar ist dagegen, dass die Kirche ohne Gemeinde lebendiger ist als einige andere Kirchen. Es finden dort Hochzeiten statt, Taufen, Beerdigungsfeiern, Filmaufführungen, Tanzveranstaltungen, Koranrezitationen, Ausstellungen, Orgelvespern. „Es muss passen“, beschreibt Brügmann mit drei Wörtern das weit gefasste Auswahlkriterium. Was nicht geht? „Feiern mit zu lauter Musik“ zum Beispiel, auch ein Theaterstück haben sie mal abgelehnt, weil der Inhalt nicht zu einem Kirchenraum gepasst habe, der besonders zur Besinnung geeignet sei. Über alle Veranstaltungen hinweg sind im vergangenen Jahr 6.200 Menschen in die Kirche gekommen.

Dass regelmäßig selbst Mindener kommen, die die Kirche bisher nicht kannten, führt Alfred Loschen, einer der Gastgeber, auch auf die Lage etwas abseits der Fußgängerzone zurück. Auffällig ist dagegen der Turm der Kirche, den Strahler in den liturgischen Farben des Kirchenjahres anleuchten. Gold in der Weihnachtszeit, weiß zu Fronleichnam, rot zum Reformationsfest. Leuchtturm, so das Konzept. Der beleuchtete Kirchturm soll nicht nur eine Landmarke sein, sondern auch für die Ökumene und den Dialog der Religionen stehen. Und gewiss auch für eine Kirche, die auch ohne Gemeinde bunt und lebendig ist.

 

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