Ein Leben in Bildern – Wolfgang und Ingrid Wrenger aus Möllbergen haben mehr als 2.000 Lichtbildvorträge gehalten. Auch jenseits der 80 wollen sie weitermachen (#200in365, No.126)

Seit 61 Jahren verheiratet und „praktisch in allem unzertrennlich“: Ingrid und Wolfgang Wrenger aus Möllbergen.MT-Foto: Benjamin Piel

Lappland, Postschiffe, Südtirol und Antonio Vivaldi haben mindestens eine Gemeinsamkeit: Wolfgang und Ingrid Wrenger aus Möllbergen halten Lichtbildvorträge über sie. 46 haben sie im Programm. Wer Wolfgang Wrenger fragt, wann er über die Jahre wo welchen Vortrag gehalten hat und auf eine verschwommene Antwort hofft, bekommt eine Liste vorgelegt. Und da stehen sie, tabellarisch aufgereiht auf doppelseitig bedrucktem Papier: alle Vorträge, die die Eheleute jemals gehalten haben.

In der Friller Volkshochschule startete die Reihe am 13. November 1967: „Mit der Vogelschar durchs ganze Jahr“. Da war Wrenger 33 Jahre alt und das Fotografieren noch etwas Besonderes. Drei Leute in Möllbergen hatten damals einen Fotoapparat, entsprechend exklusiv war ein Lichtbildvortrag. Ihren jüngsten Vortrag haben die Wrengers am 4. Februar gehalten: „Norwegen in Schnee und Eis“. Es war der 2.049. Darunter hat Wolfgang Wrenger gleich ein paar Spalten frei gelassen. Als wolle er sich selbst sagen, dass es das ja wohl noch nicht gewesen sein könne. Vermutlich wird er recht behalten.

Inzwischen fotografiert auch er ausschließlich digital; Bilder haben an Wert verloren. Bis heute hält das Ehepaar viele Vorträge in der Weserland-Klinik in Bad Hopfenberg. Es kommen immer Leute, aber so viele wie früher sind es nicht mehr. Während einst 70 bis 80 Besucher kamen, seien es inzwischen nur noch zehn bis 40. Aber viele derer, die kommen, sind treue Anhänger: „Die schätzen, dass wir als Vortragende live da sind und nichts vom Band kommt – das lebt.“

29 Jahre lang ist Wrenger Schulleiter in Möllbergen gewesen. Schulmeister, wie das damals hieß. In dem Gebäude hatte er seinen ersten und seinen letzten Berufstag. Und weil Chorgesang anno 1966 noch eine große Bedeutung hatte und es sich für einen Schulmeister so gehörte, übernahm er nicht nur die Leitung des Gemischten, sondern auch des Schulchors, den er später in den Jugendsingkreis umbaute, den es bis heute gibt.

Als „westfälischer Zigeuner“ ist Wrenger in seiner Kindheit und Jugend viel herumgekommen. Über Lippstadt und Münster ging es von Bückeburg, Kleinenbremen und Gütersloh nach Möllbergen. Und seine spätere Frau? Die stand plötzlich am Bessel-Gymnasium – damals noch eine reine Jungenschule – vor ihm. Sie hatte dort Musikunterricht. „Ein Mädchen mit Geigenkasten an meiner Schule – ich konnte es kaum glauben und sie nicht vergessen , sagt Wrenger. Als er sie zum dritten Mal traf, nahm er allen Mut zusammen und sprach sie an: „Darf ich Sie ein Stück begleiten?“ Er durfte.

Seitdem sind sie „praktisch in allem unzertrennlich“, seit fast 61 Jahren verheiratet. Vom ersten Moment an ist die Musik ihr Begleiter gewesen und auch sonst haben sie fast alles gemeinsam gemacht: die Chorarbeit, die Reisen, die Vorträge, eine Volkstanz- und eine Volksmusikgruppe, später einen Flötenspielkreis, aus dem die Musikschule wurde, die Wrenger dann auch noch leitete.

Und als wäre das alles nicht genug gewesen, betreut das Ehepaar seit knapp drei Jahren auch noch eine Flüchtlingsmutter aus Eritrea und deren drei Kinder. Nach einem Gottesdienst hatte die Frau alleine in der Kirche gestanden. Wolfgang Wrenger sprach sie an – „und so ging das los“. Den Kindern hat er Deutsch beigebracht und hat die Familie zu Ämtern begleitet. „Das hat uns sehr viel gegeben“, sagt Ingrid Wrenger. Inzwischen arbeitet die afrikanische Mutter in einem Kindergarten, die Kinder gehen in die Schule: „Sie sind dabei, sich zu integrieren und wir begleiten das – es ist eine richtige Familienfreundschaft geworden.“

Wenn sie für das alles eines nicht wollen, dann ist das Anerkennung. „Uns muss keiner auf die Schulter klopfen“, sagt der Vater von vier Kindern. Nein, ihnen ist es sogar reichlich unangenehm, wenn jemand sie lobt. „Wir möchten etwas bewirken“, sagt Ingrid Wrenger, „aber im Zentrum stehen, das wollen wir nicht.“

Von Benjamin Piel, Chefredakteur

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