Reichweite der Zeitungen über alle Kanäle so groß wie nie – Zur wirtschaftlichen Lage der deutschen Zeitungen

Die Zeitungsverlage haben alle Voraussetzungen, als Gewinner aus der digitalen Veränderung der Medienkultur hervorzugehen. Das stellt der BDZV in einem Beitrag von Anja Pasquay zur wirtschaftlichen Lage der deutschen Zeitungen fest. “MT Intern” veröffentlicht den Artikel unverändert:

Die Zeitungsverlage haben alle Voraussetzungen, als Gewinner aus der digitalen Veränderung der Medienkultur hervorzugehen. Dabei gründen sich die Strategien der Branche auf drei Säulen: Zum einen wird das Geschäft mit gedruckten Produkten weiterentwickelt; Print bleibt ein erfolgreiches Geschäft, und die Möglichkeiten von Papier sind dank digitaler Technologie längst nicht ausgeschöpft. Ferner erschließen die Verlage offensiv die digitalen Märkte und entwickeln online und mobil zusätzliche Angebote für Leser, Nutzer, Werbekunden. Dritte Säule ist die Diversifizierung; hierzu zählen Verlagsengagements in der Aus- und Weiterbildung, im Veranstaltungsmanagement, bei der Briefzustellung oder in der B-2-B-Dienstleistung für Unternehmen und Organisationen.

Die Verbreitungsgebiete von 113 lokalen und regionalen Tageszeitungen mit Vollredaktion zeigt diese Karte der Deutschen Post (Stand Dezember 2010). Dazu listet sie sieben Boulevard-Tageszeitungen sowie sieben überregionale Tageszeitungen auf. Grafik: Verlag Rommerskirchen/Journalist

So spiegeln die nackten wirtschaftlichen Daten des traditionellen Printmarkts auch nur einen Teil der Verlagsumsätze wider. Hier stagnierten 2011 die Umsätze. Das dritte Jahr in Folge fielen die Einnahmen aus dem Vertrieb der Zeitungen in Deutschland höher aus als die Einnahmen aus Anzeigen und Werbung. Die alte Faustregel, wonach zwei Drittel der Umsätze aus der Werbung und ein Drittel aus dem Verkauf der Tagespresse stammen, gilt zwar bereits seit der ersten großen Wirtschafts- und Werbekrise des Jahrzehnts (2001 bis 2003) nicht mehr, doch die Umkehrung der Verhältnisse signalisiert deutlich die strukturellen Veränderungen innerhalb der Branche.

Jüngere werden zunehmend im Netz erreicht

Gedruckt, online und mobil erreichen die Zeitungen aktuell ein Publikum, das so groß ist wie nie zuvor. So werden die gedruckten Zeitungen pro Erscheinungstag von 72,4 Prozent der Bürger über 14 Jahren gelesen (Tageszeitungen: 66,6 Prozent). Fast 40 Prozent der über 14-Jährigen (27,7 Millionen Unique User) sind auf den Websites der Verlage unterwegs. 2,5 Millionen Nutzer steuern mindestens einmal pro Woche die Website einer regionalen Zeitung mobil an. Und: Bei der mit gedruckter Lektüre nur schwer zu erreichenden Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen ist die Reichweite der Verlage im Netz seit Ende 2011 um zehn Prozent auf 62,6 Prozent gestiegen.

Die gedruckte Tageszeitung lesen zwei von drei Deutschen über 14 Jahren regelmäßig, das sind knapp 47 Millionen Männer und Frauen. Bei den lokalen und regionalen Abonnementzeitungen liegen die Leserinnen mit fast 55 Prozent sogar ganz leicht vor den Lesern (gut 53 Prozent). Dagegen werden Kaufzeitungen und überregionale Abonnementzeitungen stärker von Männern (26 Prozent beziehungsweise 7 Prozent) als von Frauen (15 Prozent beziehungsweise 5 Prozent) genutzt.

Gesamtumsatz stagniert

Für die Zeitungen wird 2011 wirtschaftlich als ein Jahr ohne große Höhen und Tiefen in Erinnerung bleiben. Beim Gesamtumsatz aus Anzeigen, Beilagen und Vertrieb mussten sie im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Minus verzeichnen, der Umsatz ging von 8,52 Milliarden Euro auf 8,51 Milliarden Euro (-0,1 Prozent) zurück. Davon entfielen 8 Milliarden Euro auf die Tageszeitungen, die damit einen Verlust von 0,12 Prozent erlebten.

Nach dem größten Konjunktureinbruch der deutschen Nachkriegsgeschichte 2009 waren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen 2010 und 2011 deutlich günstiger; das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs 2011 preisbereinigt um 3 Prozent, nachdem es 2010 bereits  um 3,6 Prozent gestiegen war. Die Inflationsrate lag 2011 mit 2,3 Prozent hingegen höher als im Vorjahr (2010: 1,1 Prozent). Somit bewegte sich das Geschäft der Zeitungen unterhalb des BIP. Das Minus bei den Anzeigen (-2,2 Prozent) fiel etwas höher aus als 2010 (-1,2 Prozent); die Vertriebsumsätze wiesen hingegen erneut ein Plus auf (+1,7 Prozent; 2010 +2,3 Prozent).

Entwicklung des Anzeigengeschäfts

Mit einem Werbeumsatz von 3,55 Milliarden Euro im Jahr 2011 (-2,2 Prozent) sind die Tageszeitungen in Deutschland nach dem Fernsehen der zweitgrößte Werbeträger. Die Werbeumsätze der Wochen- und Sonntagszeitungen gingen von 218 auf 214 Millionen Euro (-1,9 Prozent) leicht zurück; die Zeitungssupplements werden nicht mehr eigens ausgewiesen. Der Gesamtwerbeumsatz aller Zeitungsgattungen belief sich auf 3,77 Milliarden Euro (-2,2 Prozent). Der Gesamtwerbemarkt in Deutschland hingegen wuchs leicht: Das durchschnittliche Umsatzplus aller Werbemedien lag 2011 bei 1 Prozent. Der Anteil der Zeitungsbranche am Gesamtwerbeaufkommen liegt bei gut 20 Prozent, im Jahr 2000 wares es noch gut 29 Prozent.

Die Mraktanteile der Medien am Werbeaufkommen in Deutschland 2011. Quelle: BDZV-Jahrbuch, Grafik: MT

Die Regionalzeitungen kamen 2011 bei ihren Anzeigenumsätzen auf zusammen 2,93 Milliarden Euro. Die Anzeigenumfänge nahmen von Januar bis Dezember 2011 um 4,2 Prozent ab: Dabei lagen die Zeitungen im Westen (-4,0 Prozent) über den Ergebnissen im Osten (-7,0 Prozent). Die Entwicklung der Nettoanzeigenumfänge verlief in den Anzeigensparten sehr unterschiedlich: Während die Stellenanzeigen (+14,1 Prozent) sich weiter erholten und die Kfz-Markt-Anzeigen ins Plus wechselten (+7,8 Prozent), lagen die Immobilen- (-11,3) und die sogenannten Geschäftsanzeigen (-9,1) unter dem Durchschnitt; Reise- (-3,2), sonstigen Anzeigen (-2,3) sowie Veranstaltungs- (-3,1) und Familienanzeigen (-2,9) bewegten sich leicht darüber. Die Entwicklung des Geschäfts mit Prospektbeilagen (-1,6) ging 2011 zwar leicht zurück, verlief im Vergleich mit dem übrigen Anzeigengeschäft jedoch überdurchschnittlich.

Von Januar bis August 2012 sind die Umfänge bezahlter Anzeigen der lokalen und regionalen Abonnementzeitungen im Vergleich zu dem entsprechenden Vorjahreszeitraum erneut geschrumpft (-8,7 Prozent). Zwar drehten die Stellenanzeigen ins Minus, doch deutet sich bei den Geschäftsanzeigen, zu denen unter anderem die lokalen Anzeigen und die Markenartikel/-Hersteller gehören, eine positive Wende an.

Verkaufte Auflage bei 22,8 Millionen Exemplaren

Die Zeitungen in Deutschland haben eine Gesamtauflage von gut 22,8 Millionen verkauften Exemplaren pro Erscheinungstag (IVW: III. Quartal 2012). Im Vergleich zu dem entsprechenden Vorjahresquartal bedeutet dies ein durchschnittliches Auflagenminus von 821.605 Exemplaren (-3,5 Prozent). Zu der Gesamtauflage zählen 227.669 verkaufte E-Paper-Ausgaben (+51,4 Prozent) von 121 verschiedenen Titeln.

Insgesamt belaufen sich die Verluste per saldo bei den lokalen/regionalen Zeitungen auf 2,4 Prozent, bei den überregionalen Titeln auf 2,6 Prozent, bei den Kaufzeitungen auf 7,3 Prozent, bei den Sonntagszeitungen auf 4,9 Prozent und bei den Wochenzeitungen auf 0,9 Prozent.

Die verkaufte Auflage aller Zeitungsgattungen gliedert sich in 18,02 Millionen Tageszeitungsexemplare, 3,07 Millionen Sonntagszeitungen und 1,75 Millionen Wochenzeitungen. Bei den Tageszeitungen entfallen 12,95 Millionen Exemplare auf die lokalen und regionalen Abonnementzeitungen, gut 1,5 Millionen auf überregionale Blätter und knapp 3,6 Millionen auf die Kaufzeitungen.

Autorin: Anja Pasquay, BDZV

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