GENERVT – ODER: Da ist ganz schön der Wurm drin

Da der geschätzte Kollege sich in der vergangenen Woche fast widerspruchslos und einigermaßen gutmütig an die Bitte gehalten hat, kein “Wochenende” über das Wetter zu verfassen (auch wenn ihm jeden Tag aufs Neue die viel zu schlecht geräumten Radwege aufs Gemüt geschlagen sind und sich ihm damit sozusagen fast von selbst als Thema aufdrängten), also da kann auch die Urlaubsvertretung jetzt wohl kaum über winterlich-weiße Pracht, gefährliche Dachlawinen oder spitz herabschießende Eiszapfen sinnieren.
Sei´s drum.

So ist dieser Beitrag einem jahreszeitlich komplett unabhängigen Thema gewidmet: Den oft seltsamen Wegen des menschlichen Denkapparats.

Haben Sie letztlich mal Ihre Kinder gefragt, welche Farbe eine Drei hat? Ob bei ihnen auch das A rot ist, oder eher das O? Und welche Farbe in der Wahrnehmung Ihrer besten Ehefrau von allen für den Mittwoch reserviert ist?

Kein Scherz – erstaunliche vier Prozent aller Menschen sollen nämlich mit solchen doch eher abstrakten Konzepten wie Zahlen und Buchstaben konkrete Wahrnehmungen wie Farben und Temperaturen verbinden. “Synästhetiker” heißen die in Fachkreisen, was so viel bedeutet wie “gleichzeitig Wahrnehmende”. Mehr junge Menschen können das, eher Frauen als Männer, und die Berufsgruppe Künstler scheint auch überdurchschnittlich viele Synästhetiker in ihren Reihen zu haben.

Das macht mich ganz schön neidisch.

Für mich waren höchstens die Zahlen unter Klassenarbeiten rot. Der Zahlenraum bis Hundert gleicht in meiner Vorstellung einer verwinkelten Treppe in einem rudimentär er- richteten Haus, Zahlen bis 1000 reihen sich dann, in spitzem Winkel von der 100 nach rechts abgehend, brav aneinander, bei 1000 knickt die Zahlenstraße scharf nach links und bei 10 000 wieder irgendwie nach rechts. Alles in tristem graubraun. Wochen-tage sind für mich ebenso gleichfarbig wie Buchstaben. Wie viel bunter könnte die Welt sein . . .

Dafür kann ich was anderes: Ich nenne eine Sammlung von Ohrwürmern mein eigen, die weltweit einzigartig sein dürfte. Und das nicht nur zu Weihnachten. Die Tonfetzen und -folgen kriechen durch mein Gehirn wie lästige Parasiten, komplett mit Interpretenstimmen und Instrumentierungen. Der eine oder andere Opernfetzen aus Carmen gehört dazu, Passagen aus Mozarts Requiem, “In der Weihnachtsbäckerei” und – recht neue Errungenschaft – Maybebops Kuh-Hymne “Mona Muh.”

Ich warte nur noch darauf, dass auch diese Seltsamkeit des Menschengehirns Objekt wissenschaftlicher Untersuchungen wird. Dann wüsste ich endlich, dass auch ich etwas Besonderes bin. Dann bin ich vielleicht ein Dermapterophiler. . . oder Besitzerin eines “Phantomohrs”?

Lauschen Sie in einer ruhigen Minute doch auch mal in sich hinein – und vielleicht entdecken Sie ja dann die wahre Farbe der Tage.

Ansonsten wünsche ich Ihnen in diesem Sinne – bis zum vielleicht blauen Montag –

ein schönes

WochenENDE!

Von Monika Jäger (Lokalredaktion)

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