Nicht mehr allein: Die Mindener Lebenshilfe unterstützt Behinderte und deren Angehörige.200 Mitarbeiter betreuen unter anderem 500 Familien in der Region (#200in365, No.60)

Einsatz für Behinderte: Pirkko Kleine, die stellvertretende Vorsitzende der Lebenshilfe Minden, zusammen mit Vorstandsmitglied Tobias Blickle. MT-Foto: Benjamin Piel

Einsam, allein und verlassen: Wer ein behindertes Kind bekommt, der fühlt sich schnell, als sei er der einzige Mensch auf der Welt. Alles dreht sich nur noch ums Kind. Wie das alles organisieren? Wie Zeit haben für die Partner, für sich selbst? Keiner hilft, so erlebte es auch Pirkko Kleine. Erst der Kontakt zur Lebenshilfe Minden nahm ihr dieses Gefühl. „Das war die erste Stelle, wo ich das Gefühl hatte, dass mich jemand unterstützt“, erinnert sich die heutige Stellvertretende Vorsitzende des Mindener Vereins. Vorher hatte es immer wieder Auseinandersetzungen gegeben mit Krankenkassen oder Ärzten. „Nicht mehr alleine zu sein, das hat gut getan“, sagt die Krankenschwester.

Jochen Rogmann kennt dieses Problem gut. Während viele Behinderte gar keinen so großen Einblick in die eigene eingeschränkte Situation hätten, sei dies für die Eltern die größte Herausforderung, sagt der LebenshilfeGeschäftsführer. Manche betreuen auch noch mit 70 Jahren ihren 40-jährigen Sohn – eine lebenslange Belastung, die teilweise kaum eine Minute Zeit lässt für die Bedürfnisse der Eltern. „Wir möchten Entlastung bieten“, erklärt Kleine. Sich Hilfe zu holen, das falle vielen Eltern schwer. „Dabei ist es so wichtig, sich selbst nicht aufzugeben und sein Leben zu leben“, findet sie. Wer sich zu dieser Erkenntnis durchgerungen habe, dem falle es leichter, sein Kind auch mal in die Betreuung eines anderen zu geben.

Angefangen hat Rogmann in den 90ern „mit drei Zivis und einem Buli“. Heute hat die Organisation 200 Mitarbeiter, die oft nah dran sind an den Familien mit behinderten Kindern. Die Lebenshilfe betreut laut Rogmann 500 Familien in der Region. Weil insbesondere psychische und sozial-emotionale Behinderungen zunähmen, komme man „so gerade dem Bedarf hinterher“. Das Betreuungsangebot reicht von Schulbegleitung, Beratung und Ferienspielen bis hin zur Zuhause-Betreuung.

Das Spektrum der Behinderungen reicht von Mehrfachbehinderten mit Beatmung bis zu Menschen, denen ihre Behinderung so gut wie nicht anzumerken ist. Gestartet ist der Verein mit Hilfe für geistig Behinderte. Eine Bezeichnung, an der der Mindener Verein übrigens bis heute festhält: „So lange uns nichts Besseres einfällt“, sagt Rogmann. Er findet, dass Alternativbegriffe wie intellektuelle Retardierung nicht wirklich weiterhelfen.

Von Benjamin Piel, Chefredaktion

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