Axel Niermann rockt den Bürgerfunk (#200in365, No. 13)

Axel Niermann. MT- (© Foto: Benjamin Piel)

Rock und Radio, daraus besteht Axel Niermanns Welt. Tagsüber sitzt er im Büro und wühlt sich als Mitarbeiter in der Buchhaltung durch Zahlenkolonnen. Im Hintergrund dudelt dann manchmal das Radio und Niermann ärgert sich oft über das, was er hört. Dauernd dieselben Lieder, eingängig, aber flach, modisch und eben darum nie gegen den Strom.

Vielleicht auch deshalb macht Niermann seit neun Jahren Bürgerfunk. Er kann dem Trendradio etwas entgegensetzen, abends ab 20 Uhr, am ersten und vierten Montag sowie am zweiten und dritten Dienstag im Monat auf der Frequenz von Radio Westfalica. Dann rockt Axel, der alle Gäste in seiner Sendung duzt, den Bürgerfunk.

Denn Rock, genaugenommen Alternative Rock, das ist sein Ding: Die Editors, die Killers oder die Chemical Brothers gehören zu den Musikgruppen, die er liebt und denen er im Mühlenkreis Gehör verschafft. „Normales Radio geht mir tierisch auf den Geist, hier kann ich spielen, was ich spielen will“, sagt er. Gerne auch mal einen Remix von sieben Minuten Länge, Abseitiges, lang nicht mehr Gehörtes. Es gibt keinen Programmdirektor, der Niermann die Musikauswahl verbieten könnte. Er spielt, wovon er meint, dass es gespielt werden sollte. Das Gütesiegel, dem er vertraut, ist sein eigener Geschmack.

Wie viele Leute sich seine Sendung anhören, weiß Niermann nicht genau. 6.000 bis 12.000 Zuhörer, das sind die Schätzungen, die er kennt. „Rückmeldungen bekomme ich oft“, sagt er. Es gibt Stammhörer, aber auch Leute, die etwa auf Autofahrten in sein Programm stolpern und sich über die Musik wundern, die sonst nicht im Radio läuft. Dort sind dann auch lokale Bands zu hören: „Ich bin immer wieder erstaunt, was für hochwertige und vielfältige Musiker es hier gibt, die kaum wahrgenommen werden.“ Auch dafür, dass er lokale Musiker hörbar macht, hat er bereits 15 Bürgerfunk-Preise bekommen.

Geld bekommt er für seine Sendungen nicht. Der Verein AG Offener Kanal finanziert sich durch Beiträge, Spenden und Benefizshows. Dabei steckt in jeder Sendung eine Menge Arbeit. Niermann bereitet die Sendungen zwei bis drei Stunden vor, nimmt meistens an den Wochenenden ein bis zwei Stunden auf, schneidet anschließend noch einmal eineinhalb bis zwei Stunden.

Setzt sich Axel Niermann hinters Mikro, verwandelt er sich. Dann erhebt er seine Stimme und es scheint, als wäre er plötzlich ein anderer. Als etwas schüchtern wirkender Mann betritt er das Studio in der Mindener Hellingstraße. Seine Stimme hebt an, er moderiert, als habe er den etwas schüchternen Mann abgestreift wie einen alten Mantel. Dann gibt es nur noch seine Stimme, seine Musik, seine Interviewpartner. Er ist ein wenig wieder der kleine Junge, der immer zum Radio gewollt, dieses Ziel dann irgendwie aus dem Blick verloren, den vor einigen Jahren dann aber ein Volkshochschulkurs an seinen Traum erinnert hatte. Ein Glück.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*