Daily Archives: 4. Januar 2019

Zeitungsmarkt OWL: Neuer Besitzer für Bielefelder “Westfalen-Blatt“-Gruppe (Update)

Die Bielefelder „Westfalen-Blatt“-Gruppe erhält mit der neu gegründeten „Westfälische Medien Holding AG“ einen neuen Besitzer. In der Holding wollen „Westfalen-Blatt“ und die Münstersche Aschendorff-Gruppe ihre Medienaktivitäten zusammenführen. Repro: MT

Im Zeitungsmarkt Ostwestfalen-Lippe verschieben sich erneut die Gewichte. Gestern teilten die Bielefelder „Westfalen-Blatt“-Gruppe und das in Münster beheimatete Verlagsunternehmen Aschendorff (u.a. „Westfälische Nachrichten“, „Münstersche Zeitung“) mit, ihre Medienaktivitäten im Wege einer Fusion unter dem Dach einer „Westfälische Medien Holding AG“ zusammenführen zu wollen. 

Aschendorff ist bereits seit 2010 über die damalige Busse-Holding der ursprünglichen Gründerfamilie mit 24,9 Prozent indirekt an den Westfalen-Blatt-Unternehmungen beteiligt und hatte bereits 2012 dem Bundeskartellamt seine Absicht bekannt gegeben, daran in zwei Schritten die Mehrheit erwerben zu wollen. Dies war genehmigt worden, der nun mitgeteilte Schritt steht laut Mitteilung jedoch ebenfalls noch unter Zustimmungsvorbehalt des Kartellamts. Wer in der neuen Holding in welchem Umfang Anteile hält, wurde nicht mitgeteilt.

(Update 5.1.2019 : Nach eigenen Aschendorff-Angaben umfasst die Beteiligung der Münsteraner 76,5 Prozent der Gesellschaftsanteile. 20,09 Prozent hält danach die Busse-Holding, die restlichen 3,41 Prozent liegen bei der Verlagsgruppe Ippen. Diese war bereits vor dem Aschendorff-Einstieg in die Busse-Holding mit 14,5 Prozent der dortigen Anteile Minderheits-Gesellschafter der von dieser gehaltenen Unternehmensgruppe Westfalen-Blatt.)

In einer vom „Westfalen-Blatt“ veröffentlichten Pressemitteilung „In eigener Sache“ heißt es, an den jeweiligen Unternehmensstrukturen solle sich nichts ändern, sie würden als Tochtergesellschaften weitergeführt und sollten „unter dem Dach der Holding erfolgreich weiterentwickelt werden“. Was das im Einzelnen für die Redaktionen, Druckhäuser, Anzeigenvermarktungen und Vertriebsgesellschaften der fusionierenden Unternehmen bedeutet, wird abzuwarten sein. (Update 5.1.2019: Der DJV NRW sah sich in einer Stellungnahme veranlasst, Sorgen um Tariftreue, Arbeitsplatzerhalt und die publizistische Vielfalt in NRW zu äußern).

Die ursprünglich einmal mit Ausgaben unterschiedlicher Titelbezeichnung in ganz Ostwestfalen-Lippe verbreitete Regionalzeitung „Westfalen-Blatt” (u.a. auch “Westfälisches Volksblatt”, “Herforder Kreisblatt”, “Lübbecker Kreiszeitung”) erscheint derzeit laut ihren Mediadaten noch in insgesamt 23 Lokal-Ausgaben in der Stadt Bielefeld sowie in den Kreisen Gütersloh, Herford, Paderborn, Höxter und Minden-Lübbecke;  der überregionale Teil wird von einer eigenen Zentralredaktion in Bielefeld erstellt. Die verkaufte Auflage lag im dritten Quartal 2018 laut IVW bei 105.788 Exemplaren. Im Kreis Minden-Lübbecke erscheinen die Ausgaben Bad Oeynhausen/Löhne (2.540) und Altkreis Lübbecke (7.373), hier erscheinen jeweils auch Ausgaben des Bielefelder Wettbewerbers „Neue Westfälische (12.590/8.932). Aus dem MT-Verbreitungsgebiet hatte sich das Westfalen-Blatt im Jahr 2004 zurückgezogen, ebenso aus dem Kreis Detmold. 

Wettbewerber im OWL-Zeitungsmarkt sind die in der Vermarktungsgemeinschaft „Zeitungsgruppe Neue Westfälische“ zusammengeschlossenen selbstständigen Zeitungsverlage „Neue Westfälische“ (Bielefeld), „Lippische Landeszeitung“ (Detmold), „Haller Kreisblatt“ (Halle) und „Mindener Tageblatt“, die im III. Quartal 2018 zusammen eine verkaufte Auflage von 199.789 Exemplaren auswiesen. Die „Neue Westfälische“ gehört zu 100 Prozent der SPD-Medien-Beteiligungsgesellschaft DDVG (Hamburg), die übrigen Verlage befinden sich jeweils vollständig in Familienbesitz. Neben der gemeinsamen Anzeigenvermarktung kooperieren sie in der Gruppe in unterschiedlichen Zusammensetzungen, Formen und Ausmaßen auch bei Themen wie Druck, Vertrieb, IT, Digitale Medien und redaktionelle Zusammenarbeit.

Die aus dem bereits seit 1720 bestehenden Münsterander Familienunternehmen hervorgegangene Aschendorff-Gruppe ist wie viele klassische Regionalzeitungsverlage heute in zahlreichen Mediengeschäftsfeldern aktiv, überwiegend im angestammten Verbreitungsgebiet. Zum Hauptprodukt „Westfälische Nachrichten“ (Tageszeitung und dazugehörige Digitalangebote) kam 2014 durch Übernahme der bisherige Konkurrent „Münstersche Zeitung“, der seither mit dem Lokalteil der WN erscheint. Beide zusammen kamen im II. Quartal 2018 laut IVW auf eine verkaufte Auflage von 106.468 Exemplaren. Der überregionale Teil (Mantel) der „Westfälischen Nachrichten“ wird außerdem in zahlreichen in der ZENO-Gruppe zusammengeschlossenen selbstständigen Lokalzeitungen rund um das WN-Verbreitungsgebiet genutzt und kommt so auf eine Auflage von rund 202.000 Exemplaren.  Die Verbreitungsgebiete der nun fusionierenden Verlage sind unmittelbar benachbart, Überschneidungen gab es bislang so gut wie nicht.

 Von Christoph Pepper

Siehe auch: „Wechselt Bielefelder Westfalen-Blatt“ den Besitzer“ (4.1.2012)

 

Drei Fragen an … Helga Rust, Elektroinstallateurin aus Minden – „Am Ende habe ich noch alles repariert bekommen“ (#200in365, No.97)

Helga Rust vor ihrem Laden, dem ältesten Elektrofachgeschäft Mindens.

Helga Rust war im Jahr 1948 die erste weibliche Elektroinstallateurin in Minden. Sie hatte als einziges Kind den Ehrgeiz, das Elektrofachgeschäft zu übernehmen, das ihr Vater vor inzwischen 87 Jahren gegründet hatte. „Was denkst du dir?“, fragte ihr Vater. Doch sie bewies ihm zu einer Zeit, als das längst noch keine Selbstverständlichkeit war, dass es ging. Nun hofft sie, dass eines Tages einer ihrer beiden Enkel den Laden in Dankersen weiterführen wird.

Sie sind 87 Jahre alt und stehen bis heute im Laden. Warum?

Weil es mir Freude macht. Ich repariere noch heute kaputte Leuchten. Manchmal bin ich kurz vor der Verzweiflung, aber am Ende habe ich noch alles repariert bekommen.

Aber viele Geräte sind gar nicht mehr.

Mit vier Schräubchen konnte man früher jedes Gerät öffnen, das war ganz normal. Heute ist alles vernietet und verpresst. Selbst Fachmänner bekommen das nicht auf. Wenn in einem Staubsauger eine Zuleitung abgerissen ist, dann ist da oft nichts mehr zu machen. Das wird immer schlimmer, und ich bin darum böse auf die Hersteller.

Hat ein Betrieb wie Ihrer eine Zukunft?

So gut wie niemand repariert mehr Elektrogeräte, insofern ist unser Einzugsgebiet groß. Wir hatten mal elf Mitarbeiter, inzwischen gibt es nur noch mich und meinen Sohn. Meine beiden Enkel sind auch hier ausgebildet worden, und ich habe die Hoffnung, dass einer den Laden übernehmen wird.

Von Benjamin Piel, Chefredakteur